Klar, dass ich da was dazu schreiben muss. Aber nicht hier im Forum, sondern dorthin, wo es hingehört.

Dieses Mail ging nicht nur an den Abgeordneten der Grünen, sondern auch an seinen Kreisverband, an den Landesverband und an den Bundesverband.

Könnte mir gut vorstellen, dass es auch an gewisse Medien gehen könnte, aber da fallen mir keine ein. Eher denke ich, dass denen sowas am A. vorbeigeht.

Der Mailtext:

Ihre Reaktion gestern im Parlament

Sehr geehrter Herr Audretsch,

ich habe mir gerade das Video auf youtube angesehen, als Sie am 21. 2. 2022 im Bundestag auf eine Anfrage eines AfD-Abgeordneten diese höchst unqualifizierte Antwort gegeben haben. Also das bedeutet, dass in dem Fall, wenn Sie jemand in Sachen Steuerentlastung anspricht, derjenige in Ihren Augen rechtsextrem ist.

Wenn Sie meinen, dass Sie eine Partei, zu der man zwar stehen kann, wie man will, die aber über ein Plebiszit in den Bundestag gewählt wurde, damit "bekämpfen" können, indem Sie deren Abgeordnete ignorieren oder diffamieren, dann haben Sie das Wesen einer Demokratie nicht begriffen und sind auch nicht dazu geeignet, im Bundestag vor den Abgeordneten zu sprechen.

Es hat ähnliche Vorfälle damals in der Weimarer Republik gegeben, was letztlich dazu geführt hat, dass die Politik nach rechts abgedriftet ist. Genau das aber soll in Deutschland verhindert werden, und das, was Sie hier zelebrieren, kann nur das Gegenteil bewirken. Auf Ihrer Webseite sprechen Sie von "sozialer Gerechtigkeit" und haben natürlich keine Argumente auf Lager, wenn es um das Thema "Steuerkürzungen" geht. Anstelle dessen verbergen Sie Ihr Nichtwissen hinter Ausreden, die eines Kindergartens, aber nicht des Plenums im Bundestag würdig sind.

Vielleicht unterstellen Sie mir nun genauso, dass ich aus dem rechten Lager oder ein Parteimitglied der AfD bin. Da werden Sie Pech haben, denn ich stamme aus einer Familie, bei der ein Mitglied das Engagement im Widerstand im 3. Reich mit dem Leben bezahlt hat. Dazu muss diese Partei erst geboren werden, in die ich eintreten könnte. Zum Glück ist meine Tochter (in eigener Entscheidung) vor einiger Zeit draufgekommen, dass es besser ist, Ihre Partei zu verlassen.

Das, was die Grünen früher einmal verkörpert haben, in den Gründerjahren von Joschka Fischer, das ist seit langem schon entfremdet worden, und dabei meine ich nicht nur den NATO-Doppelbeschluss, sondern auch viele andere Vorgänge in den einzelnen Kreisverbänden. Nur, um einen Vorfall zu erwähnen, ich erinnere mich noch gut an die Reaktion der Partei an die Kreisgruppe der Grünen in Cloppenburg, als dort einer der Grünen-Politiker die Meinung vertrat, dass die Beschneidung der Säuglinge eine Form der Kindesmisshandlung darstellt. Ich weiß genau, was diesem Mandatsträger dann widerfahren ist, er musste sich aufgrund des Drucks der Landesorganisation aus der Politik entfernen.

Insofern passt Ihre Reaktion in die Parteilinie. Ich erwarte nicht, dass Sie mir recht geben, denn in meinem nun mehr 70-jährigen Leben habe ich eines festgestellt: Nur derjenige, der was kann und etwas in seinem Leben geleistet hat, ist in der Lage, auch einen Fehler zuzugeben. Derjenige, der diese Kriterien nicht erfüllt, der kann das nicht, weil er Angst davor hat, dass man seine "neuen Kleider des Kaisers" erkennt.

Ich beobachte das alles, auch die Äußerungen der obersten Rige in Ihrer Partei, und genauso die Lächerlichkeiten, die dadurch entstehen. Es wird letztlich dazu führen, dass Ihre Partei wieder unter die 10%-Hürde fallen und die Funktion der Opposition übernehmen wird. Aber völlig unangebrachte Wortreaktionen im Bundestag, so wie die Ihre, tragen auch ihren Teil dazu bei.

Aus Ihrer Selbstdarstellung auf Ihrer Webseite geht zwar nicht hervor, was Sie studiert und welchen Abschluss Sie erreicht haben, aber wenn Sie einen Lehrauftrag einer Universität hatten, dann empfehle ich Ihnen, das wieder ins Auge zu fassen. Gerade in Berlin werden Sie dafür offene Ohren finden, was die Umsetzung undemokratischer Politik betrifft.

Mit freundlichen Grüßen