Da gebe ich Dir recht, die Wenigstens wissen etwas authentisch
Das hängt natürlich mit dem Alter zusammen, derjenige, der aktiv damals mehrere Jahre mitgemacht hat, ist heute über 90.
Be mir ist ein Sonderfall eingetreten. Das hängt mit dem Ableben meines Großvaters zusammen, der im Widerstand umgekommen ist. Dabei haben sich viele Fragen ergeben, auf manche habe ich bis heute noch keine Antwort. Ärgerlich, dass man sich z.B. auch bei den Rentenversicherungsanstalten nach so vielen Jahrzehnten gegenüber den Angehörigen wie mich auf den Datenschutz beruft und mich im Regen stehen lässt.
Trotzdem habe ich mich seit meinem 16. Lebensjahr, als es begann, in meinen Gehirnwindungen etwas geordneter zuzugehen, mit diesem Thema befasst, einfach, um herauszubekommen, wie das denn damals alles war, um die wenigen Informationen, die ich über meinen Großvater hatte, einordnen zu können. Wobei ich von meinem Vater, also seinem Sohn, und meiner Großmutter als seine Witwe kaum was herausbekommen konnte. Da lief ich öfters gegen eine Mauer des Schweigens. Über die Gründe kann ich nur mutmaßen.
Meine Mutter aber hatte mir viel erzählt, über diese Zeit, auch über ihre Zeit in BDM, auch über die Erlebnisse im KdF, usw. Daneben hatte ich die Möglichkeit (und ich hab sie Gottseidank auch intensiv genutzt), mich mit den Zeitzeugen von damals zu unterhalten. Vom SS-Mann bis zum KZ-Insassen, quer durch den Garten, - mit vielen habe ich gesprochen und mir das auch gemerkt.
Dazu gibts den theoretischen Teil (ich habe eine große Sammlung von Büchern aus dieser Zeit):
aber auch die Praxis. Und die sah sehr unterschiedlich aus, was die HJ betrifft. Beispielsweise gabs da im Sudetenland Vergünstigungen. Damit wurden die Eltern "überredet", ihren Sprößling z.B. in die deutsche Schule oder in die HJ zu schicken. Es winkten da z.B feste Winterschuhe für das Kind, - und das war schon was in den ärmeren Gegenden im Sudetenland, wie z.B. im Erzgebirge.
Es gibt vieles, was ich durch diese Gespräche erfahren und auch geistig gespeichert habe. Als einen problematischen Punkt sehe ich die Phase nach Mai 1945, als viele aus der Wehrmacht oder sonstigen Einheiten damals in die Gefangenschaft kamen. So mancher Österreicher, der mit seinem "reichsdeutschen" Kameraden jahrelang nebeneinander im Dreck an der Front gelegen hat, nahm dann sein rot-weiß-rotes Fähnchen in die Hand, sagte, er ist Österreicher und fuhr nach Hause. Sein Kamerad kam ins Lager, oder gar nach Russland.
Oft hat man mir das als Österreicher von den Leuten, mit denen ich gesprochen habe, unter die Nase gerieben. Auch heute tue ich mir da immer noch verdammt schwer mit einer Meinung oder einer Antwort. Ich will hier niemals Richter sein, denn ich weiß nicht, wie ich mich damals verhalten hätte, wäre ich jahrelang von der Familie getrennt gewesen und hätte durch diesen Dreh die Möglichkeit gehabt, sie wieder in die Arme schließen zu können.