Trump läßt das übliche Republicuck-Programm abspulen
Steuersenkungen für Großverdiener und -firmen, sinnlose Lose-lose-Schlachten an der Gesundheitsvorsorgefront, Kriege in fernen Ländern, Mästen des militärisch-industriellen Komplexes, ungezügelte Masseneinwanderung aus der dritten Welt, keine Mauer an der Südgrenze. Sein Stab im West Wing besteht aus New Yorker Demokraten, Goldman Sachs-Bankern und in der Wolle gefärbten Neocon-Generälen und hält Trump an einer sehr, sehr kurzen Leine. Politik wird nicht von den Leuten vor der Kamera gemacht, sondern von der Spenderklasse, dem obersten Echelon der Beamtenschaft (zivil wie militärisch) und der Beratercamarilla diktiert.
Trumps Wahlkampfgeneräle, die in den einzelnen Bundesstaaten für ihn die Kampagnen mit boots on the ground organisiert haben, wurden kurz nach dem 8. November in verschiedene Bundesbehörden (noch unterhalb der Ministeriumsebene) entsorgt. Telefonisch (!) teilte man ihnen mit, daß Jobs im Weißen Haus "sehr knapp seien" und man sie stattdessen als "Brückenkopfkoordinatoren" für die Reorientierung der verschiedenen Ämter bräuchte. Die erfahrenen Beamten dort stellten die naiven Neuankömmlinge in kürzester Zeit kalt (es ist leicht, jemanden nicht in den Mailverteiler aufzunehmen oder nicht zu Meetings einzuladen), die meisten haben mittlerweile gekündigt und Washington wieder verlassen.
Wären Romney, Cruz, Rubio oder HRC gewählt worden, sähen wir genau das gleiche (im Falle der letzteren wäre aber ein hart linksdralliger Baby Boomer statt Neil Gorsuch auf Antonin Scalias leeren Richterstuhl am Supreme Court berufen worden; damit wären die Todesurteile über den zweiten Verfassungszusatz und möglicherweise auch den ersten gesprochen worden).
Von Trumps Wahlprogramm ist nach den ersten 100 Tagen nichts mehr übrig geblieben. Ein Gutes hat die Sache aber auch: Die Tatsache, daß das politische System "D.C." auch durch Außenseiter nicht mehr zu reformieren ist, ist einer Menge zorniger und maßlos enttäuschter Trump-Wähler nun klargeworden. Amerika hat also in gewisser Weise mehr Denk- und Handlungsspielraum für Konzepte jenseits von "Republik" und "Verfassung" gewonnen. Der Blick ist nicht länger auf den existierenden politischen Prozeß verengt - ein Trend, der sich durch das Dahinscheiden vieler Angehöriger aus der Generation ab 1946 innerhalb der kommenden zehn Jahre noch verstärken wird.
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Ainsi continue la nuit dans ma tête multiple... elle est complètement dechirée... ma tête.
- Luc Ferrari