Was sind "Flugzeuge, die auf ihrem eigenen Strahl sehen können"? (mT)
Die Amerikaner haben bereits 1960 Studien angestellt über die Reduktion der Radar Cross Section des XB-70 Bombers, siehe hier:
http://deepblue.lib.umich.edu/bitstream/2027.42/21226/2/rl2101.0001.001.pdf
Title: Radar Cross-Section of the B-70 Aircraft
Authors: Hiatt, R. E., Senior, Thomas B. A.
Issue Date: Feb-1960
Publisher: University of Michigan. Radiation Laboratory
In diesem Beitrag hier beschreibt PY Ufimtsev (der immer noch lebt, er ist 94 Jahre alt, Jahrgang 1931) mit seinen eigenen Worten die Physical Theory of Diffraction und seine Beiträge hierzu ab dem Jahr 1962, besonders der Anwendung der edge diffraction method auf triangulierte Oberflächen und asymptotische Hochfrequenzlösungen, die sich besonders gut für Finite Elemente Programme eignen:
https://ieeexplore.ieee.org/document/6586621
https://ieeexplore.ieee.org/stamp/stamp.jsp?tp=&arnumber=6586621
The 50-Year Anniversary of the PTD: Comments on the PTD’s Origin and Development
P. Ya. Ufimtsev, EM Consulting
Los Angeles, California, 90025 USA
E-mail: ufim.la@verizon.net
Dort beschreibt er bereits die Beiträge von Arnold Sommerfeld zur Sommerfeld Diffraction Theory, 1935. Desweiteren beschreibt er korrekt seine eigenen Beiträge, nämlich der geschickten Näherungen der allgemeinen Kirchhoff-Beugungstheorie für voluminöse Objekte.
Besonders hebt er die Anwendung seiner Theorie durch K. Mitzner in den USA hervor, der FEM Simulationen mit der Edge diffraction method von Ufimtsev nutzt, um die Oberfläche der B2 und später der F-117 zu designen.
Schon im Jahr 1952 hatten W. Franz und K. Deppermann aus Münster eine Theorie der Beugung am Zylinder unter Berücksichtigung der Kriechwelle veröffentlicht, die ähnlich seiner physical theory of diffraction ist. Aufgrund der Beugung gelangt Radarstrahlung ins Schattengebiet im Nahfeld des bestrahlten Objektes. Man kennt so etwas auch von der Fresnel-Beugung im Optischen im Schattenbereich, der auch gebeugtes Licht aufweist, obwohl es im Schatten dunkel sein sollte.
Interessanterweise erwähnen Franz und Deppermann Messungen von A. Limbach aus dem Jahre 1944 über die Rückstrahlung von 9.1 cm Radarwellen an Metallzylindern verschiedener Radien. Sie zeigen eine seiner Messungen und erwähnen: "Wie uns Herr L i m b a c h mitteilt, sind die übrigen Unterlagen seiner damaligen Meßreihen infolge der Kriegsereignisse leider verloren gegangen."
Das heißt, daß Ufimtsev mitnichten das Tarnkappenkonzept erfunden hat. Natürlich waren die Deutschen schon während des II. WKs daran interessiert, ihre radar cross section und die Rückstrahlung zu minimieren. Die Amis haben schon die RCS der verschiedenen Flugzeuge in den 50er Jahren gemessen, und der o.g. Report von 1960 belegt dies ebenfalls.
Was Ufimtsev ermöglicht hat, war eine effiziente Computersimulation mit finiten Elementen seiner edge diffraction method (oder wie er es nennt "Physical diffraction theory"), die es Boeing und den Lockheed Skunk Works ermöglicht hat, die Form der B2 und der F-117 so zu optimieren, daß man am Computer die Radar Cross Section ziemlich schnell, effektiv und genau vorhersagen konnte.
Man sollte noch hinzufügen, daß W. Franz und K. Deppermann die Integralgleichungsmethode von A.W. Maue (veröffentlicht bereits 1949) erwähnen, die die Beugung an Zylindern, Kugeln, und die Berücksichtigung von Hochfrequenz-Kriechwellen ermöglicht und auch die Ausbreitung in die Schattenregion vorhersagt.
Wer möchte, kann das ganze sogar auf deutsch hier nachlesen:
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/andp.19524450606
DT
PS: Ben Rich, der frühere Chef der Lockheed Skunk Works, beschreibt hier übrigens auch die Rolle des damals 36-jährigen Skunk-Works Mitarbeiters Denys Overholser, der die technische Übersetzung der russischen Orginalarbeit von Ufimtsev gelesen hatte (P. Ya. Ufimtsev, Method of Edge Waves in the Physical Theory of Diffraction, Moscow, Soviet Radio, 1962; translated into English by the US Air Force, Foreign Technology Division (National Air Intelligence Center), Wright-Patterson Air Force Base, OH, 1971, Technical Report AD 733203, Defense Technical Information Center of USA, Cameron Station, Alexandria, VA, 22304-6145, USA.) und ihre Bedeutung für die effiziente Optimierung von Radar Cross Sections erkannt hatte:
https://philip.greenspun.com/blog/2016/12/03/history-of-stealth-aircraft-russian-scienc...
Hier sein Originalzitat, und ich bezeichne das als Information aus erster Hand:
"The truth is that an exceptional thirty-six-year-old Skunk Works mathematician and radar specialist named Denys Overholser decided to drop by my office one April afternoon and presented me with the Rosetta Stone breakthrough for stealth technology. The gift he handed to me over a cup of decaf instant coffee would make an attack airplane so difficult to detect that it would be invulnerable against the most advanced radar systems yet invented, and survivable even against the most heavily defended targets in the world.
Denys had discovered this nugget deep inside a long, dense technical paper on radar written by one of Russia’s leading experts and published in Moscow nine years earlier. That paper was a sleeper in more ways than one: called “Method of Edge Waves in the Physical Theory of Diffraction,” it had only recently been translated by the Air Force Foreign Technology Division from the original Russian language. The author was Pyotr Ufimtsev, chief scientist at the Moscow Institute of Radio Engineering.
“Ben, this guy has shown us how to accurately calculate radar cross sections across the surface of the wing and at the edge of the wing and put together these two calculations for an accurate total.”"
Hier sieht man Denys Overholser und andere US/britische Stealth-Pioniere. Ufimtsev haben sie dort nicht dabei:
https://aviationweek.com/defense/secret-pioneers-stealth
![[image]](https://aviationweek.com/sites/default/files/styles/crop_freeform/public/gallery_images/STEALTH_PEOPLE_4A_LockheedMartin.jpg?itok=-h7cEteR)
Denys Overholser, Lockheed-Martin