Zu Sieren

Rheingold2, Dienstag, 29.08.2023, 17:57 (vor 481 Tagen) @ Wayne Schlegel1690 Views

Als ich in der VR China für NRW eine Ausstellung zeitgenössischer Künstler in der Verbotenen Stadt (dort im Ahnentempel des Kaisers) kuratierte, war es Sieren, der mehr oder weniger frisch angekommen, mich in die westliche Journalisten-Szene und dissidenter Künstler-Szene einführte.

Während in Korea, Japan, Malaysia und Thailand sowieso die zeitgenössische Künstlerszene eher unterbelichtet war, gab es in der VR bereits eine eigenständige "Szene" eigener künstlerischer Ausdrucksweise. (Die wurde dann in der BRD-Kunsthalle in Bonn ein Jahr darauf abgefeiert.)

Die war natürlich suspekt in den Augen der Obrigkeit. Wir hatten also bei Treffen immer Bewacher in der Nähe, die sich auch durch Schubsen, aggressiv einem über die Schulter gucken usw. bemerkbar machten.

Die VR-Künstler verkauften über Taiwan an betuchte Asiaten und die Preise waren schon im fünfstelligen D-Mark Bereich, mit anderen Worten, diese Künstler waren dort schwerreich.

Als Kurator konnte ich nur zuschauen, wie blöde die BRD-Funktionäre dort meine Ausstellung für ihre Zwecke politisch instrumentalisierten.

Es gab eine Begegnung zwischen VR Kultur-Funktionären und hohen BRD-Botschaftsangehörigen, bei dem der Deutsche dem Chinesen aggressiv die Leviten las, Tenor, dass diese Ausstellung zeige, wie wichtig Menschenrechte wären und die Freiheit der Meinungsäußerung. Der chinesische Dolmetscher schwitzte, weil er das Schimpfen in diplomatische chinesische Worte zu übersetzen suchte.

Anekdote: Die Transportkisten hatten recht starke Schäden, ich glaubte, ein Anruf bei einem chinesischen Handwerksmeister könne das Problem lösen. Das, so die "hilfreichen" Geister des Goethe-Instituts könne ich knicken. Das gäbe es in ganz China nicht. Über Freunde von Freunden erhielt ich dann wenigstens die Kontaktdaten zu einer helfenden Hand.

Es erschien dann ein 22-jähriger Geschäftsmann mit Handy im brandneuen VW-Jetta (wir schreiben die 90er), taxierte kurz die Kisten und rief einen dreifachen Preis auf, den ich in Deutschland gezahlt hätte. Die Kisten mehr schlecht als provisorisch zusammengezimmert haben dann irgendwelche Tagelöhner vom Land. Wild-West, dachte ich.


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