Zu Dresden ...

Der gestiefelte Kater, Freitag, 31.03.2023, 13:26 (vor 386 Tagen) @ Rainer3010 Views

Hi Rainer,

ich bin wohl einiges jünger als du, aber mir ist das Ausmaß Dresdens bekannt. Mein Opa durfte in seinem Jugendalter Zitat "das menschliche Fleisch von den Türen kratzen". Er stand auf dem Rand des Dresdner Kessels und man konnte in der Brandnacht "dort oben nachts die Zeitung lesen".

Bei der Anzahl aus ehem. dt. Ostgebieten vollgestopften Großstadt mit zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich weit über 1 Mio. Menschen im Stadtgebiet, wenn etwa jeder Fünfte bei lebendigem Leibe verbrannt ist, sprechen wir von 200.000 oder mehr Opfern. Das ist die Größenordnung der beiden Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. Ich muss das hier einfach im Detail wiedergeben, denn nein: Es ist weder vergessen noch vergeben (da hilft auch kein goldenes Turmkreuz auf der Dresdner Frauenkirche).

Ich war schockiert und überaus verärgert, als eine Historikerkommission 2010 eine Studie veröffentlichte, wo sie schlichtweg die Toten auf den Friedhöfen zählten (ich hatte die Originalstudie und deren mehr als fragwürdige Methoden damals im Detail gelesen). Hier ein Zitat aus deren Abschlussbericht:

"Damit beträgt die aus den Beurkundungen im Personenstandswesen nachgewiesene Zahl der bei den Luftangriffen auf Dresden im Februar 1945 getöteten Personen ca. 18.000; maximal ergibt sich aus dieser Untersuchungsperspektive eine Größenordnung von 20.000 Toten."

Quelle, S. 49
Immerhin sind sie hier korrekt genug von den beurkundeten Toten zu sprechen. Man kennt natürlich die Fotos von den Leichenbergen, wo 200 bis 300 Leichen zur Unterlüftung auf Eisenbahnschienen gestapelt und dann verbrannt wurden. Identifizierung war in den meisten Fällen unmöglich, zumal es sich um geflüchtete Schlesier usw. handelte. Auch die Kirchenbücher im heutigen Polen sind verschwunden - weiß ich aus eigener Ahnenrecherche in meinem Einzelfall.

Es ist blanke Verhöhnung hier beurkundete Tote zu zählen und in der Presse dann zur offiziellen Opferzahl zu erklären. Sie verhöhnen uns, mich, meine Ahnen, seit dieser Zeit bis heute. Interessant auch immer wieder, dass sich Deutsche gegenseitig verhöhnen und fertig machen. Darin sind sie Weltmeister. Manchmal fällt es mir schwer zu sagen, dass ich "Deutscher" sei! Das ist oft peinlich, schmerzhaft, denn "Deutscher" sein heißt das ewige Lamm, das ewige Opfer zu sein, der ewige Arschkriecher, Stiefellecker, obrigkeitshöriger Beamter oder Angestellter, mies gelaunter Bückling, der keine Gelegenheit vorbeistreichen lässt seine eigene Unterdrückung beim Nachbarn auszulassen und immer schön das Maul zu halten, wenn er es durch Übernahme westlicher Prinzipien zur Million gebracht hat und selber mal nach unten treten darf. Sorry, das musste jetzt mal raus ...

Die seelische Verfassung der Deutschen ist natürlich auch eine Folge der Historie. Deutschland gehört von seinem Ursprung und seiner spirituellen Aufgabe her weder zum Westen noch zum Osten, aber über Prinzipielles machen sich die wenigsten Gedanken.


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