Ist es erlaubt, dazu meine Meinung zu sagen?

helmut-1, Siebenbürgen, Sonntag, 11.07.2021, 08:43 (vor 992 Tagen) @ NegaPosi2001 Views
bearbeitet von helmut-1, Sonntag, 11.07.2021, 08:49

Das, was NP gebracht hat, sind Darbietungen, die ein gewisses Können voraussetzen. "Können" ist in meinen Augen eng mit dem Wort "Kunst" verbunden.

Natürlich ist alles Geschmackssache, alles muss nicht jedem gefallen. Aber mein persönlicher Indikator ist eben der, bei dem man was können muss, um etwas vorzutragen. Da sind natürlich gewisse Videos dabei, die mich an meine Jugendzeit erinnern. So als 15/16-Jähriger haben wir unsere ersten Gehversuche mit Bandmusik gemacht, und da sind wir auf Psychedelic gekommen. Klar waren wir ganz begeistert, weil das den Älteren überhaupt nicht gefallen hat. Dazu war das Ganze leicht zu bewerkstelligen, - in der Improvisation lag der ganze Trick, wenig mussten die Bandmitglieder können, zwei, drei Akkorde, und der Rest war Geschwurbel.

Ein paar verrückte Trikots beim Auftritt, und die Gleichaltrigen waren entzückt. Irgendwann bin ich drauf gekommen, dass mir das Ganze zu einfach gestrickt ist. Nach dem Militär, während des Studiums, da brauchten wir Geld. Die Combo mit der Tanzmusik brachte es. O.k., da musste man schon dafür proben, damit es stimmig ist. Trotzdem kursierte oftmals bei mir im Kopf ein bestimmter Gedanke, wenn ich oben auf der Bühne stand und die verzückt sich rhythmisch Verrenkenten so betrachtete. "Wie hohl seid ihr eigentlich", dachte ich mir, "merkt ihr nicht, dass das Ganze, was euch so entzückt, nur Billigmusik ist?"

Das ist mir auch bei dem einen oder anderen Video in den Sinn gekommen. Dabei hat das nichts mit Musikstil zu tun, - alles hat irgendwie seinen Reiz. Aber bei einigen wird man den Eindruck nicht los, dass da musikalisch nichts dahinter ist und man krampfhaft nach dem Extremen, nach Superlativen sucht, um nicht unter den Begriff "ferner liefen" zu fallen. Die Videos sind dabei eine starke Hilfe, da kann man jeden Effekt einbauen, der ein bestimmtes Publikum zur Verzückung bringt. Aber nur ein bestimmtes Publikum.

Das mit Parasit Eve ordne ich dazu ein, - ich kannte das nicht, aber ich werde den link bei meinen Warnungen betreff der Coronaimpfung verwenden. Dafür ist er gut. Musikalisch ist das ganz leicht zu durchschauen, geübte Musiker haben sowas in einer halben Stunde im Kasten. Auch, wenn da Fehler unterlaufen und es nicht absolut identisch ist, - es merkt sowieso keiner.

Rammstein ist musikalisch aufwändiger, keine Frage. Aber über den Sinn, die Botschaft, die dabei vermittelt werden soll, da komme ich nicht mit. Der Text ist mir zu einfach und zu nichtssagend, - erinnert mich in der Rhetorik an Lou van Burg, den holländischen Quizmaster. Der kam mit insgesamt 300 Worten aus der deutschen Sprache zurecht, hat er immer gesagt.

Das mit dem Teufelsong von den Stones ist nur nach dem Namen der Stones zu bewerten. Mit dem, was die Stones in deren Musikleben gebracht haben, ist das ein eher schwaches Stück.

Sympathie for the Devil ist ein politisch motivierter Song, musikalisch nicht besonders hochwertig, wenn man die Harmonien und Reihenfolgen analysiert, aber die Botschaft kommt rüber.

Die Idee, in der Gladiatorenarena den Queen- Song "We will rock you" zu installieren, ist extravagant, aber gut. Zumindest ist der Überraschungseffekt gelungen. Klar ist auch dieses Stück vom musikalischen Aufwand her eher einfach gestrickt, aber da bringts der Effekt, insbesondere die eigensinnige Rhythmik.

Das mit Sina ist natürlich bereits eine andere Klasse. Sowohl das Mädel als auch der Gitarrist, beide haben da voll was drauf, in Richtung "Können". Das kriegt man nicht in einer halben Stunde gebacken.

Die Stücke von NP mögen nicht jedem gefallen, aber der jahrelange, sogar jahrzehntelange Erfolg zeigt, dass da Können und Idee miteinander verbunden sind. Und über die Klassik braucht man sich kaum zu unterhalten, - lediglich mancher Kirchenmusik auf der Orgel kann ich nichts abgewinnen. Tocata und Fuge aber schon, - da versuche ich mich schon seit Jahren, immer mit Intervallen, habs aber bis jetzt noch nicht geschafft.

Fazit ist für mich, dass es genügend Beispiele bei musikalischen Darbietungen gibt, die mich an die spezielle Auffassung von darstellender Kunst erinnern, die ich nicht nachvollziehen kann. Dort ist es ja extremer, gerade bei denen, die nicht mehr wissen, was sie bringen können, und deshalb in die Kloschüssel greifen. Diverse Dinge von Beuys und anderen vergleiche ich mit so manchen Musikvideos, die im Net herumschwirren.

https://www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article157205858/Wie-wir-verlernten-un...

Aber ich denke, dass ich noch in der Lage bin, des Kaisers neue Kleider zu erkennen, sowohl in der Kunst als auch in der Musik.


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung