Nippen am Château Pétrus
Guten Tag,
vielen Dank, dass Sie mir das Sie angeboten haben. Man vergisst allzuschnell nach einer Weile im Gelben das Pathos der Distanz*. In Ihrer Argumentation steckt wohl ein wenig Safranskis Nietzsches Buch drinnen - Denken und Leben in eins zu setzen. Die Turiner Droschengaulgeschichte kann man sicher als pars pro toto lesen. An dieser Stelle bitte ich um Pardon für die Unterstellung der Unkenntnis.
Ist das Gefährlich an Nietzsche das Mitleid oder was ist das Gefährliche? Was macht ihn so attraktiv, um ihn mit Darwin und Marx in einem Atemzug zu nennen - was einigt die drei Denker? Mitleid oder Atheismus kann es doch irgendwie nicht sein, denn das tattwamasi und den Atheismus liefert auch Schopi, der ja nicht auf der ominösen Liste steht.
Herzlich und dankbar
Oblomow
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Pathos der Distanz
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"Otto Ladendorf
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Historisches Schlagwörterbuch
Schlagworte
(1906)
Pathos der Distanz benannte Nietzsche mit prägnanter Schlagwortformel das Prinzip der Differenzierung, das einen scharfen Gegensatz zwischen herrschenden und beherrschten Menschen und Gesellschaftsklassen bedingt. Vergl. Nietzsche 7, 235 (1886): "Ohne das Pathos der Distanz, wie es aus dem eingefleischten Unterschied der Stände, aus dem beständigen Ausblick und Herabblick der herrschenden Kaste auf Untertänige und Werkzeuge und aus ihrer ebenso beständigen Übung im Gehorchen und Befehlen, Nieder- und Fernhalten erwächst, könnte auch jenes andere geheimnisvollere Pathos gar nicht erwachsen, jenes Verlangen nach immer neuer Distanz-Erweiterung innerhalb der Seele selbst, die Herausbildung immer höherer, seltnerer, fernerer, weitgespannterer, umfänglicherer Zustände, kurz eben die Erhöhung des Typus ›Mensch‹." Von weiteren Zeugnissen sei noch hervorgehoben eine Stelle 8, 148 (1888): "Die Kluft zwischen Mensch und Mensch, Stand und Stand, die Vielheit der Typen, der Wille, selbst zu sein, sich abzuheben — Das, was ich Pathos der Distanz nenne, ist jeder starken Zeit zu eigen." Dazu die ergänzende Bemerkung 8, 273: "Und unterschätzen wir das Verhängnis nicht, das vom Christentum aus sich bis in die Politik eingeschlichen hat! Niemand hat heute mehr den Mut zu Sonderrechten, zu Herrschaftsrechten, zu einem Ehrfurchtsgefühl vor sich und seines Gleichen — zu einem Pathos der Distanz."