Goehler, Fischer, das Lichtenfelser Experiment, 'Ziegelphysik' und all das - auf dem Weg zur suboptimalen Gebäudedämmung

Literaturhinweis, Sonntag, 07.05.2017, 14:32 (vor 2756 Tagen) @ D-Marker5728 Views
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 07.05.2017, 14:45

Allerdings, besagter Goehler bin ich nicht.

Das hatte ich auch nicht ansatzweise vermutet, die Überschrift lehnt sich einfach nur an klassische Zitate an.

weil die Seite ganz gut aufgemacht ist

Hm, also die vom Goehler finde ich komplett unübersichtlich und mit einigen 404er-Verweisen geschmückt und bei Konrad Fischer ist zwar einiges an Gehalt zu finden, jedoch habe ich mit dem so meine Schwierigkeiten, was dessen "Ziegelphysik" betrifft. Ein paar kritische Stimmen zur Auswahl:

Zur alles überschattenden Kontroverse:

http://rene.weiersmueller.com/files/das_lichtenfelser_experiment.pdf
http://www.konrad-fischer-info.de/21312bau.htm
Das Lichtenfelser Experiment - Ein Fake?

Aber auch mit seinen Kritikern habe ich so meine Probleme. An ein paar Beispielen:

http://scilogs.spektrum.de/klimalounge/der-daemmskeptiker-konrad-fischer-wie/
"Seit vielen Jahren hält sich der Mythos, das Aufheizen nach der Absenkung koste mehr Energie als zuvor eingespart wurde – ich habe das sogar vor langer Zeit einmal in der Zeitschrift des Mieterbundes als Energiespartipp gelesen. Aber das widerspricht direkt dem Grundsatz der Energieerhaltung. Wenn das Haus weniger Energie nach außen verloren hat, muss ich auch weniger durch die Heizung zuführen. Herr Fischers Glaubwürdigkeit war für mich spätestens an diesem Punkt auf null abgesackt."

Hier wird m.E. übersehen, daß es auch Kondensationsprozesse gibt - kondensiert Wasser in den Poren der Außenwand während der Nachtabsenkung, wird diese also durch weniger heizen feuchter, so sinkt der Dämmwert der Wand, und daher kann es dazu kommen, daß das Wiederaufheizen und Trockenheizen der Wand die gesamte durch Nachtabsenkung "ersparte" Energie wieder auffrißt - aber pauschale Behauptungen in dieser Richtung, sollten sie so apodiktisch von Fischer aufgestellt worden sein, sind natürlich in jedem Fall physikalisch falsch, von daher geht der Punkt dennoch an den Physiker.

"In einem Punkt hat Fischer allerdings Recht: bei schlecht ausgeführter Dämmung kann es zu Problemen mit Feuchtigkeit und Schimmelbildung kommen. Wenn in der Wand der Taupunkt unterschritten wird, schlägt sich Feuchtigkeit nieder, die hinter einer wasserdichten Styropordämmung auch nicht einfach wieder abtrocknet."

Ja, und diese Fälle sind leider gar nicht so selten.

"War die Dämmung „wirtschaftlich“? In dem Sinne, dass sie uns am Ende nichts kostet? Ich weiß es nicht. Das wäre nicht leicht zu berechnen – es interessiert mich auch wenig. War die Anschaffung unserer Sofaecke wirtschaftlich? Es war eine Investition in etwas, das wir sinnvoll finden. Die Dämmung erhöht unseren Wohnkomfort (im Winter ebenso wie im Sommer, wo das Haus dadurch kühler bleibt) und verringert unsere klimaschädlichen Emissionen, und genau das wollten wir damit erreichen."

"P.S. Ich habe inzwischen mal unseren Gasverbrauch mit dem unserer Nachbarn verglichen, die ein sehr ähnliches Haus vom selben Baujahr 1929 bewohnen, das aber ungedämmt ist. Unser Heizenergieverbrauch beträgt deutlich weniger als die Hälfte."

Das ist realistisch, was aber übertrieben ist, ist, daß die Bundes- und Länderregierungen meinen, jedes Jahr ein paar weitere Zentimeter Dämmung zu fordern sei irgendwie ökonomisch. Im Gegenteil: abgesehen von den Befestigungsproblemen bei großen Dämmschichtdicken, da ja, wie im Vorbeitrag erwogen, jede Verdoppelung der Dämmschicht nur noch einen Bruchteil an zusätzlicher Dämmung bewirkt, erreicht man irgendwann den Punkt, an dem die Schicht Dämmung mehr an Öl kostet, als sie jemals an Energie einsparen kann.

Weitere Kritik an Fischer in Auswahl:

http://www.ing-buero-ebel.de/U-Ent/Immo.htm
"Ich finde Herr Fischer stellt sich da ein Armutszeugnis aus - aber da ein Bild manchmal mehr als Worte sagt sind nachfolgend zwei Diagramme zum Lichtenfelser Experiment, die Herrn Fischer das Verständnis erleichtern.
Kritikpunkt: Schimmelfördernd
Das ist nun absolut falsch. Bei verbesserter Dämmung (ganz gleich wie) sinken Transmissionswärmeverluste und eingestrahlte Sonnenenergie um genau den gleichen Prozentsatz. Und da der Transmissionswärmeverlust überwiegt – sonst brauchte man ja nicht zu heizen – wird der absolute Verlust an Solareinstrahlung weit von der Einsparung an Transmissionswärmeverlust übertroffen. Das beweist auch das Lichtenfelser Experiment. Dieses Experiment ist nicht gefälscht (höchstens, wer der Erfinder ist [2]), aber die Erklärung von Seiten Prof. Meier und Konrad Fischer zeigt, daß sie ihr eigenes Experiment nicht verstanden haben. Welche Probleme Prof. Meier mit der Physik hat, zeigt die Rezension [6] seines Buches [5]. Abgesehen davon ist es eine Frechheit aus einer 10-min-Messung ohne weitere Begründung auf eine ganze Heizperiode zu schließen."

Die Behauptung (Fischers) bzgl. Nachtabsenkung ist im Einzelfall i.d.R. falsch - geheizt wird nämlich 24 Stunden am Tag - die Sonne scheint jedoch wesentlich seltener und im Winter z.T. in so ungünstigen Winkeln, daß der Energiegewinn tagsüber kaum über den Faktor NULL hinausgeht - was jeder bestätigt finden wird, der eine Solarwärmeanlage hat - egal, wie "optimal" er sie ausrichtet, er kommt an vielen Wintertagen auf keine nennenswerten Wärmeeinträge. So geht das seiten- und buchweise mit den Für- und Wider-Argumenten in der Wärmedämmdiskussion - der Diskussionsteilnehmer, der wirklich alle Fakten überblickt und korrekt gewichtet, ist mir bisher noch nicht untergekommen! Und das in Deutschland, der Wiege der modernen Physik, Chemie und Ingenieurwissenschaft!

http://wdvs.enbausa.de/blog/das-grosse-faz-eigentor.html
"Wir tun es hier an dieser Stelle: Der maximal zulässige Wert für den Jahres-Heizwärmebedarf eines Wohnhaus-Neubaus lag 1995 (Wämeschutzverordnung III) bei etwa 100 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Aktuell liegt er (EnEV 2014) bei etwa 80 Kilowattstunden, was einer Verschärfung von gerade mal 20 Prozent in 19 Jahren entspricht. Da aber die Bau- und Dämmstoffe im selben Zeitraum im Mittel um mindestens 50 Prozent leistungsfähiger geworden sind, ist die aktuelle Fassung der EnEV eine klare Entschärfung der Vorschriften. Spannend Herr Meck, oder? Man muss nur gut recherchieren."

http://www.haustechnikdialog.de/Forum/t/98687/Georg-Fiebig-meint-Konrad-Fischer-ist-ein...
"Loose: Dämmung funktioniert nicht - wieso klappt das dann bei Passivhäusern?
Außendämmung sperrt die solare Einstrahlung vor der massiven Wand aus - warum wird dann mit dem Lichtenfelser Experiment genau das Gegenteil argumentiert, dass Dämmung die Wärme gut durchläßt und kaum Dämmwirkung hat (Dann müßte die Außenwandämmung doch fast irrelevant für die solare Einspeicherung in die massive Wand sein)?
Einscheinglasfenster "dämmen" genauso gut wie Doppelglasfenster - wieso hatte ich an dem einzigen Einscheibenglasfenster vor kurzem ca. 2 cm dickes Eis -> an der Rauminnenseite!!! und bei den alten Doppelglasfenster war kein Eis?"

http://www.bau.net/forum/bauphysik/10112.php
"Das Lichtenfelser Experiment beweist nicht das, was es angeblich beweisen soll, sondern das Ergebnis folgt genau aus der Lösung jener Gleichung, die auch beweist, das der U-Wert (u.a. auch von Dämmstoffen) nicht nur nur stationär gilt (wie er definiert ist) sondern auch bei instationärer Beanspruchung."

http://www.bau.net/reg/ebel.php
"Denn über die physikalischen Hintergründe ihres Experiments, die Mechanismen von Strahlungsabsorption und Wärmeleitung klären die Experimentatoren ihre Leserschaft erst gar nicht auf. Aber wie sollten sie das auch? Für sie selbst ist dies ja seit mehr als zwanzig Jahren ein großes Rätsel.
Sie verraten ihren Lesern auch nicht, dass Experimente wie ihres, seit Jahrzehnten zum Standard-Repertoire der Praktikumsversuche im Grundstudium Physik zählen. Aber woher sollten sie das auch wissen? Keiner von ihnen ist je Gefahr gelaufen, ein Physikstudium auch nur ansatzweise zu streifen."

Ich kann mich aber nur wiederholen: die wirtschaftlichste und gesundheitlich beste Dämm- und Heizstrategie kann man m.E. niemals pauschal für alle Wohnlagen, Wohnbedürfnisse und Standorte/Klimazonen beantworten. Und der sog. Energieausweis ist sicher auch keine Hilfe, ganz im Gegenteil.

Zu den Problemen finden sich auch hier weitere Hinweise:

- Ratgeber Selbstversorgung 02: Holz- und Ofenheizung, Kachelöfen und andere Heizsysteme auf Brennholzbasis, Speicheröfen

- Wärmepumpe - Fluch oder Segen? Installation, Planung, Berechnung von Wärmepumpenanlagen, Energierückgewinnung aus Abfall

- Absichtliche und unerwünschte Fassaden- und Mauerbegrünung, ... Bauschäden

- Bauschadensammlungen - Bauphysik: Wärme, Feuchte, Schall

- Bauschäden bewerten/beheben: Bauphysik, Schall, Wärme, Feuchte

- Bauschadensammlungen - Wärmedämmung

- Baufachkunde Bauphysik: Wärme, Kälte, Schallschutz, Feuchte

- Baufachkunde Wärmedämmung

- Sanierung von Bauschäden an der Wärmedämmung

- Vermeidung von Bauschäden bei der Wärmedämmung

- Wärmedämmung - Wirksamkeit von Dämmverfahren

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