Wie weit als Nichtfachmann ein Immobilienprojekt treiben? So besser gar nicht!

Literaturhinweis, Montag, 01.05.2017, 19:18 (vor 2761 Tagen) @ Hans8874 Views
bearbeitet von unbekannt, Montag, 01.05.2017, 19:39

Wie weit als Nichtfachmann ein Immobilienprojekt treiben?

Ich spiele jetzt erstmal den Advocatus diaboli, nicht um zu behaupten, das, was ich zu bedenken gebe, sei alles wahr, aber um erstmal den Blick zu schärfen, was bei Immobilienlaien oftmals bitter nötig ist.

Ein guter Bekannter (Rechtsanwalt) hat weitsichtig

Warum weitsichtig? Vielleicht war gerade dieses Grundstück das "faule Ei" der Stadt und drum hat er es jetzt? [[freude]]

Ich wohnte mal neben einem unbebauten Grundstück. Wenn mal keine Woche einer klingelte und fragte, ob ich wisse, wem denn das Grundstück "da nebendran" gehöre (weil derjenige es kaufen wollte), dann war das eine ruhige Woche ...

Daher Frage 1: Normalerweise müßten ihm eigentlich Bauträger schon von sich aus die Bude eingerannt haben?

Oder haben sie das - er aber meint, er will erst noch etwas "shareholder value" draufpacken und dann mit mehr Gewinn verkaufen?

Frage 2: Woher weiß er, daß er in der Zeit, die ihn das kostet als Nichtfachmann er nicht besser -als Jura-Fachmann- drei hochkarätige Prozesse mit Honorarvereinbarung zuende führt und dem Bauträger das überläßt, was der als Fachmann eben besser kann?

vor Jahren eine derzeit ruhende Landwirtschaftsfläche (unter einem Hektar) in einer ostdeutschen Großstadt gekauft, die an eine kleine EFH-Siedlung grenzt. Jetzt sucht er einen Fachmann, der ihm einen Bebauungsplan (B-Plan) erstellt.

Frage 3: Ist er denn sicher, daß er nicht mit Zitronen handelt? D.h., daß der Bebauungsplan evtl. gar nicht genehmigt wird, d.h. das Gelände ewig Landwirtschaft bleibt? Vielleicht hat der unmittelbare Nachbar "Beziehungen" und sein EFH damals dorthin gebaut, weil ihm ein Gemeinderat augenzwinkernd versichert hat: "unverbaubare Lage"?

Nach Genehmigung könnte er mit gutem Gewinn verkaufen,

Frage 4: Woher weiß er, daß es genehmigt würde? Woher weiß er, daß er mit gutem Gewinn verkaufen könnte? Kennt er denn sicher alle Aufwände bis dahin, die er vorlegen muß? Was, wenn er zwei Jahre braucht und der Markt hat bis dahin gedreht?

z.B. an Bauträger.

Frage 5: Warum nicht mit einem Bauträger z.B. ein Joint Venture machen? Z.B. habe ich mal einen Fall betreut, da paßten 6 EFH drauf (ähnliche Situation, war vorher Ackerland). Der Eigentümer machte einen Vertrag, bei dem ihm am Ende gegen Dreingabe dieser 6 Bauplätze EIN Haus kostenlos gehörte - was wegen der Spielräume in der Bewertung zudem Grunderwerbsteuer sparte (damals 7%).

Er überlegt aber noch, ob er mittels Kredit die anschließende Erschließung selbst übernehmen sollte, um zum Schluss nach Verkauf der fertigen Baugrundstücke seine Altersvorsorge perfekt zu machen.

Das würde ich mir wirklich reiflichst überlegen. Wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Er besohlt sich ja auch nicht die Schuhe selber und hat seine Schreibtische bestimmt gekauft, ja sogar anliefern und aufstellen lassen?

Aber lässt sich bzw. wie lässt sich solch ein Plan mit überschaubarem Risiko bei noch zumutbarem Stresspegel überhaupt als Laie bewerkstelligen?

Das kann ich zwar nicht sagen, aber:

Wäre er noch jung - ok, man kann was dazu lernen. Wenn sich das aber als Altersversorgung eignen soll, braucht er keine never-ending story?!

Eine Grundinstandsetzung der angrenzenden Straße sowie eine neue Stichstraße würden vermutlich dazugehören. Und ist es für das Ganze nicht schon zu spät, wenn man an den zyklischen Verlauf denkt, der auch die Immobilienbranche unterliegt?

Wenn er einen renommierten Bauträger/Projektentwickler gewinnen kann, entweder als Partner bei für ihn von vornherein überschaubarem Risiko (hier kann er seine Stärke ausspielen - er ist Anwalt), dann weiß der das am besten.

Und apropos Altersvorsorge: Am liebsten wäre ihm die Vergabe der Grundstücke als Erbpacht.

Warum? Will er noch 99 Jahre leben? Für Kinder (pardon: Enkel) aufheben, die bis dahin in Australien sitzen???

Aber gäbe es dafür bei diesen niedrigen Zinsen überhaupt Interessenten?

Das ist solange die falsche Frage, als die obigen Vorfragen nicht befriedigend geklärt sind.

Vielleicht gibt es unter den Foristen welche, die sich hier auskennen?

Wie gesagt, ich habe solche Dinge strukturieren geholfen, aber: ich habe immer darauf geachtet, ob die jeweilige Person oder Familie geeignet dafür war. Bei Unternehmern würde ich das stets bejahen, bei Freiberuflern, selbst wenn sie immobiliennah aufgestellt sind (etwa Architekten) wäre ich schon vorsichtig, denn Immobilienplanung oder -rechtsberatung sind nicht dasselbe wie Immobilienprojektierung und -vermarktung.

Der Audi-Händler ist auch meilenweit davon entfernt, Autos zu entwerfen und zu bauen, der Entwicklungsingenieur von Mercedes kauft trotzdem ein Produkt vom Fließband.

Da ich weder die Lage noch den Menschen kenne (will ich auch gar nicht), fällt das notgedrungen sehr pauschal aus - aber jemanden, der in fortgeschrittenem Alter eine eingeführte Kanzlei hat, würde ich grundsätzlich abraten, sich hier zu engagieren ohne eine Schulter zum Anlehnen.

Man kann es vielleicht so sagen: entweder wollen alle Bauträger/Entwickler nur das Grundstück haben und ihm einen angemessenen Preis zahlen, dann dürfte, wenn drei ungefähr denselben Preis nennen (und sich natürlich nicht absprechen konnten!) es sich um den derzeit auskömmlichen Preis handeln - für beide Seiten.

Wenn keiner der Interessenten sich auf eine solche Kooperation wie von mir beschrieben einlassen will - dann ist das Projekt auch nicht mehr wert. Sind dagegen die Bauträger bereit, auf Biegen und Brechen mit ihm auch einen lukrativeren Partnerdeal einzugehen (ohne daß er dabei wesentliche Risiken eingeht - aber dafür ist er ja Anwalt), dann ist es wahrscheinlich ein gangbarer Weg.

Wenn aber drei ablehnen und ein vierter ist "ganz geil drauf", dann kann das auch ein Filou sein. In dem Geschäft wird extrem geblufft, das durchschauen Außenstehende nicht so leicht.

Frage 7: Ist ihm klar, daß er bei Verkauf von drei Grundstücken/EFH-Einheiten, ja auch nur separaten Garagen (innerhalb zehn Jahren) nach ständiger BFH-Rechtsprechung zum gewerblichen Immobilienhändler wird und die Verkäufe dann einkommen- und gewerbesteuerpflichtig werden?

Siehe auch:

- Professionelles Immobilienmarketing: Marketing-Handbuch für Makler, Bauträger, Projektentwickler und Immobilienverwalter

- Bauträger- und Projektentwicklungsbeispiele: Richtig kalkulieren - von Beispiel zu Beispiel! Speziell für (zukünftige) Immobilientreuhänder!

- Bauträger und Projektentwickler: Immobilien erfolgreich entwickeln, sanieren und verwerten

Und für den Anfänger:

- Immobilien-Fachwissen im Test: 500 Fragen 500 Antworten

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