Gibt es eigentlich ein mathematisches Modell zum Debitismus?

Silke, Donnerstag, 23.03.2017, 14:15 (vor 2801 Tagen) @ Ostfriese5151 Views
bearbeitet von Silke, Donnerstag, 23.03.2017, 14:53

Lieber Ostfriese,

ich habe die Sendung zufällig (?) gesehen, obwohl ich es mir nach lesen deiner Ankündigung (Posting's von Johann sind Pflichtlektüre) nicht vorgenommen habe und weder freiwillig noch vorsätzlich in den Anfang der Doku gezappt bin (komische Sache, das mit den von @Kurt beschriebenen Wahrscheinlichkeiten).
Ich fand diverse interessante Aspekte, diverse Denkfehler, diverse Propaganda.
Jeder Wissenschaftler, Mathematiker und Mensch muss sich irgendwann für oder gegen sein ganz persönliches Manhatten-Projekt entscheiden.
W.Buffett schreibt ja richtig: Finanzderivate seien "wie die Hölle, leicht zu betreten, aber unmöglich, sie zu verlassen".
(Ja,ja, ich weiß - die saldieren sich ja fast alle gegenseitig weg und sind sooo gefährlich nun auch wieder nicht, wenn Institute wie AIG nicht zusammenbrechen...).
Leute, die Mathematik zu MVW verwerten wollen, finden sich immer, so wie z.B. Blythe Masters ...
damals wie heute.

Spannend fand ich ja die Parallelen zwischen den Leuten die sich begeistert ihrer Mathematik hingeben, sich Jahrzehnte an einem Problem versuchen und den Debitisten, die von einer Sichtweise auf die Welt nicht mehr loskommen, die die Mehrheit der Menschen ablehnt.
Mathematik in Schule und Studium war für mich viel Zeitverschwendung.
Wenn ich aber heute mit einem sehr gut bekannten Mathematiker diskutiere ist das für mich eine hochinteressante und erfüllende Angelegenheit.
So ist das auch, wenn ich wieder einmal ein gelungenes Posting im DGF lesen darf, wie z.B. deine Verweise auf Baudrillard. Ob da noch weitere Aspekte von anderer Seite folgen wird man sehen.

Wer das Universum mathematisch beschreiben will, wie in der Sendung angesprochen, könnte auch erst einmal vor der eigenen Haustür anfangen und den Prozess der "Domestikation des Menschen" bzw. der Wandlung zum Zivilisten ausformulieren.

Um einmal @pigbonds zu zitieren:
"Ich betrachte den Debitismus quasi schon als "Natur des Menschen" und dieser Debitismus zwingt den Menschen über die Zeit, sich in den "Zivilisten" zu verwandeln, welcher aufgrund der immensen Komplexität nur noch im sozialen Netz überleben kann. Bsp: nur noch ein Netzwerk von Zivilisten kann ein Kernkraftwerk betreiben - die "Entzivilisierung zurück" würde mit einem Ground Zero einhergehen."
@pigbonds

und weiter:
"Beim Debitismus, wo die Schuld im Zentrum steht, dreht sich alles um den Termin. Ohne Termin und ohne sicherndes Pfand ist jede Schuld undefinierbar, ein zinsloses Darlehen mit unendlicher Laufzeit ist zwar nicht technisch, jedoch in menschlicher Praxis, ein Geschenk und keine Schuld.
(Einschub dazu: “Das Leben ist aber bekanntlich kein Geschenk, sondern eine protrahierte Schuld, wie Schopi richtig und schön darstellte.“)
Damit wird klar, dass eine Schuld daraus besteht, dass zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt,etwas geliefert werden soll, weil sonst eine Konsequenz aus der Nichtlieferung erfolgt. Dies ist das Äquivalent zur Urschuld, die daraus besteht, dass der Mensch bewusst erkennt, dass er zu bestimmten Zeitpunkt sich selber gegenüber liefern muss, weil sonst eine Konsequenz droht, z.B. Verhungern oder Nahrungsknappheit im Winter, etc. Je zivilisierter der Mensch in der Geschichte wurde, desto bewusster und komplexer sind diese "Schulden" geworden.
@pigbonds

Was soll da von der Menschheit zu welchem Termin geliefert werden?

Der ultimative Termin ist die Überlebensfähigkeit der in der Spezies gespeicherten Informationen und Potentiale gegen interne (z.B.Verblödungsspezialisierung) und externe Gefahren wie eine oder mehrere ungewöhnliche Schwankungen der Umweltbedingungen (periodisch, zyklisch, tendenziell, sporadisch oder singulär).
Daran sind bisher über 99 % der Arten gescheitert.
Wenn die Menschheit zum Termin nicht liefern wird, wird auch sie Schnee von gestern werden.
Um solche gewaltigen Schwankungen wie z.B. das Perm-Trias-Ereignis oder den kommenden Yellowstone-Ausbruch zu überstehen, bedarf es einer Potenzialkonzentration, die wir uns heute noch nicht einmal annähernd vorstellen können.
Darum strebt unser ZMS in seinem Überlebenswillen mit aller Potenzialität nach immer stärkerer Zentralisation und Komplexität, nach immer massiverem Potentialraub auch auf die Gefahr hin, daran zu scheitern. Wegen der Vorfinanzierungsproblematik bleibt immer nur eine Option zum sofortigen Untergang – die Flucht nach vorn...um jeden Preis.
„Im Falle des Zentralmachtsystems sind die Möglichkeiten der Individuen gegenwärtig strengt reguliert, ist jede ihrer Bewegungen von der zugewiesenen Funktion (abgabepflichtig) und der durch Zentralmacht gesetzten Rechtsordnung (Potentialstruktur) abhängig.“
@Ashitaka

Frage an die Mathematiker:
Was geschieht hier eigentlich?
Was passiert, wenn aus einer Schuld, einem Soll heraus in einem gezwungenermaßen gestarteten Zentralmachtsystem (ZMS) per Machtzession (Bereitstellung von Potenzialität in den per Machtkreislauf eröffneten Rechts- und Handlungsräumen=Überlebenszeitgewinn) und Wille der zwar in Bezug auf das System ohnmächtigen aber in Bezug auf gewisse Eigeninteressen handlungsfähigen Individuen und Gruppierungen (Abgabemittel beschaffen + Machtzession erzwingen + Urschuld bedienbar halten) eine Aktivität entsteht, die in einem Wirtschaftsprozess weitere Potentialität und Ressourcen von außerhalb in das Zentralmachtsystem einbindet/zwingt (Nachschuldner reinholen + zusätzliche Ressourcen aquirieren)?
Wie weit kann auf der einen Seite die globale Aufschuldung und massenweise Ausbuchung (Artensterben, unbrauchbarwerden von Luft/Wasser/Boden, Genpoolverschutzung, Veränderungen der epigenetischen Architektur, Memplexverirrung in Simulationen, Beschädigung der morphischen Felder usw.) und auf der anderen Seite das im ZMS exponentiell wachsend akkumulierte Vermögen nicht mehr vorstellbare Ausmaße annehmen, bis es zur nächsten großen Simplifizierung, zum Komplexitätsabriss kommt?
Irgendwann wird der vom @dottore vorausgesagte Crash aus dem Stand heraus die gesamte Zivilisation unvorstellbar schnell und gründlich irreversibel beschädigen, so dass nicht einmal mehr das beschriebene Warlordszenario leistbar sein wird, da keine ZI mehr Macht zedieren kann (der @dottore hat in seinen exzellenten Denkgebäuden die ZM-Story vom @Ashitaka noch nicht ausreichend verbaut, auch wenn er völlig richtig und knackig auf den Gladius, bzw. Dolch als Grundlage aller Ökonomie verweist).

Macht startet imho. nicht mit der Waffe, sondern mit dem Gedanken, mit dem Wort…
Ein potentieller Machthalter muss sich zuerst verschulden - einen Zwangskredit bei der potentiellen Gefolgschaft erwirken, bevor es losgehen kann mit Raub, Erpressung, Krieg, Tribut, Steuer, Recht, Eigentum, Geld usw.

1. In der Vorbesprechung von ARTE ist zu lesen.

„Der Dokumentarfilm „Wie ich Mathe gehasst hab‘!“ erforscht die
Gründe für die Mathematikverdrossenheit. Dafür begleitet er einen Lehrer
bei seinem Unterricht im Mathematik-Vorstudium und zeigt dessen
Lehrmethoden. Zudem gibt Cédric Villanis Besuch des Internationalen
Mathematikerkongresses 2010, wo seine Forschung mit der renommierten
Fields-Medaille ausgezeichnet wird, einen Einblick in die Welt der
Mathematiker, die so weit entfernt von dem Erlebnis der Schüler im
Mathematikunterricht ist. Zahlreiche Interviews mit Mathematikern und
Schülern illustrieren die auseinandergehenden Meinungen bezüglich
Mathematik und die Problematik der Mathematikvermittlung.“

Spannender als Cédric Villanis war für mich der James Simons. Der hat aus Mathe Macht gemacht.

http://www.arte.tv/guide/de/068432-000-A/wie-ich-mathe-gehasst-hab
2. Zentral-Abi: Ärger um miese Probeklausur
„Die Hamburger Schulbehörde macht sich offensichtlich Sorgen um das
diesjährige Mathe-Abitur. Eine Probeklausur unter Abiturbedingungen ist so
schlecht ausgefallen, dass jetzt die Reißleine gezogen wird. Unter anderem
soll die bereits geschriebene Mathe-Klausur um eine Note besser bewertet
werden. Das geht aus einem Brief an Hamburgs Schulleiter hervor, der dem
NDR vorliegt.“
http://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Zentral-Abi-Aerger-um-miese-Probe-Klausur,abitur2...

Wie Schneider schon sagte:
"Dabei denke ich an Bruce Springsteen „No Surrender“ - We learned more from a three minute record baby than we ever learned in School."

Moderne Schulen sind nach Daniel Quinn Verwahranstalten.
Sie rauben den Kindern die Kreativität, Kraft und Potenzialität.
„Ich liefere Montags ein denkendes, interessiertes Kind ab und bekomme Freitag einen Zombie retour, den ich über das Wochendende bearbeiten muss, damit er wieder sein Hirn im Alltag verwendet.“
@re-aktionaer

Liebe Grüße
Silke


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