.. die man bei Naturwissenschaften und Technik (noch) ganz gut gebrauchen kann.
Hallo Erich!
Novichok ist ein hochgiftiger Kampfstoff.
Die mittlere letale Dosis von Nowitschok bei Hautkontakt liegt bei etwa einem Milligramm, womit es zu den stärksten Nervengiften zählt.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Nowitschok#:~:text=Nowitschok%20(russisch%20%D0%9D%D0%BE%...
Zum Thema Skripal äußerte sich der Kampfstoffentwickler Wladimir Ugljow wie folgt:
Für die Anwendung bei einem Attentat kämen nach Ugljow ein Baumwollbällchen, Pulver oder andere Träger in Frage, die in einem Container transportiert werden müssten, der gegen das Entweichen von Gasen geschützt ist und mit einem Lösungsmittel bestrichen ist. Ein Überleben von Skripal und seiner Tochter hielt er nicht für möglich, falls B-1976, C-1976 oder D-1980 verwendet wurde.
So, und nun nehmen wir einmal Beispiele, wo das Gift unabsichtlich oder absichtlich zum Einsatz kam.
Der russische Chemiker Andrei Schelesnjakow experimentierte im Mai 1987 im Moskauer Staatlichen Forschungsinstitut für Organische Chemie und Technologie mit Nowitschok-5. .. Er variierte die Temperatur bei der Reaktion der Binärkomponenten in einem kleinen Reaktor aus korrosionsbeständigem Stahl und entnahm Proben über eine kleine Spritze, die mit einer Kunststoffröhre verbunden war, die sich versehentlich löste, so dass die Substanz austrat. Er konnte das Leck zwar schnell stoppen, bemerkte aber erste Symptome (Schwindel, Ohrensausen, orange Punkte in der Sehwahrnehmung). Außerdem empfand er extreme Angst. .. Der KGB-Offizier des Instituts sorgte dafür, dass er in das führende sowjetische Zentrum für Vergiftungen kam, das Sklifossowski-Institut in Moskau, wo man den Arzt zur Geheimhaltung verpflichtete und den Patienten mit einer Lebensmittelvergiftung anmeldete. Der Arzt bemerkte, dass die Konzentration von Acetylcholinesterase im Körper stark abgefallen war, konnte ihn aber mit Gegenmitteln wie Atropin stabilisieren, so dass er nach zehn Tagen in kritischem Zustand langsam wieder das Bewusstsein erlangte. Nach einer weiteren Woche auf der Intensivstation kam er an das Institut für Arbeitshygiene und Arbeits-Pathologie in Leningrad, das eine geheime Abteilung für solche Vergiftungsfälle hatte (eine von drei solchen Abteilungen in der Sowjetunion, die anderen waren in Wolgograd und Kiew, bekannt als Spezialabteilung für Foliant-Probleme). Schelesnjakow blieb dort drei Monate. Er konnte nicht gehen, litt an chronischer Schwächung der Arme, einer Hepatitis mit folgender Leberzirrhose, Epilepsie, Schüben von Depression und Unfähigkeit zu lesen oder sich zu konzentrieren. Schelesnjakow erholte sich langsam, blieb aber arbeitsunfähig und starb fünf Jahre später 1992 aufgrund seines sich allgemein verschlechternden Gesundheitszustandes.
Da hier nicht angegeben ist, wie genau Schelesnjakow mit dem Gift direkt oder indirekt in Berührung kam, kann hier wenig gesagt werden.
Ganz anders ist es in diesem Fall, der dann wohl mit Skripal und Navalny vergleichbar wäre.
Kiwelidi war 1995 Präsident der Rosbisnesbank. Er wetterte als Vertreter in Unternehmerverbänden gegen das Übel Korruption. Er starb am 1. August 1995, nachdem ein Unbekannter Nowitschok auf seinen Telefonhörer aufgetragen hatte. Als Kiwelidi Vergiftungserscheinungen zeigte, rief seine Sekretärin mit demselben Telefon einen Krankenwagen; auch sie starb. Der Arzt des Leichenschauhauses starb nach der Obduktion Kiwelidis ebenfalls. Laut dem ehemaligen Mitarbeiter des russischen Militärgeheimdienstes GRU Wladimir Koschelew wurden Kiwelidi und seine Sekretärin „mit einem Tropfen, der ein Zehntel Milligramm Nowitschok“ enthielt, getötet.
Laut Wladimir Ugljow (Vladimir Uglev), einem der leitenden Nowitschok-Entwickler des russischen GosNIIOKhT-Labors (in dem auch Leonard Rink, s. u., arbeitete), sei das Gift, in einem Baumwoll-Bällchen aufgesogen, auf dem Mikrofon im Telefonhörer von Kiwelidis Büro-Telefon verrieben worden.
Quelle, wie oben.
Aber der wackere Oppositionelle überlebte ohne größere Nachwirkungen.
Die Russen waren gar so blöd Navalny auch noch nach Deutschland ausfliegen zu lassen, wo man dann das Geschehen ganz besonders ausschlachtete.
DAS ist schon reichlich absurd, aber Wikipedia berichtet auch über den Fall Skripal:
Ein britisches Paar war am 30. Juni 2018 in Amesbury nacheinander in der gemeinsamen Wohnung kollabiert und wurde in kritischem Zustand in das örtliche Krankenhaus eingeliefert. Die Polizei hielt einen Zusammenhang mit dem Fall Skripal für möglich, zum Beispiel einen Kontakt mit dem bisher nicht gefundenen Behälter, mit dem das Gift im Fall Skripal transportiert worden war. Aus dem Hintergrund der beiden Opfer ließ sich nach Angaben der britischen Polizei kein Anhaltspunkt für einen gezielten Angriff entnehmen. Beide waren arbeitslos und drogenabhängig. Der Mann war dafür bekannt, gelegentlich Mülltonnen zu durchwühlen. Am 8. Juli 2018 starb die Frau. Die Behörden nahmen in ihrem Fall Mordermittlungen auf. Ihr Partner erlangte sein Bewusstsein wieder, befand sich dann aber in einem kritischen, wenn auch stabilen Zustand. Am 13. Juli 2018 meldete die Polizei, dass bei der Spurensicherung im Haus des Mannes ein Fläschchen gefunden worden sei, das laut Untersuchungen von Porton Down Nowitschok enthält. Der Vergiftete hat seinem Bruder erzählt, „das Parfümfläschchen irgendwo aufgelesen zu haben und dann krank geworden zu sein“. Wie das männliche Opfer sich später erinnerte, war die Flasche in einem kleinen Karton und hatte einen Pumpaufsatz zum Zerstäuben. Es enthielt eine sehr ölige, geruchlose Flüssigkeit. Das männliche Opfer wusch sich die Flüssigkeit sofort wieder von den Händen, die Frau besprühte sich damit die Handgelenke und rieb die Flüssigkeit ein. Sie klagte eine Viertelstunde später über Kopfschmerzen und fiel dann ins Koma. Die Nowitschok-Variante war die gleiche wie bei den Skripals und hatte eine Reinheit von 97 bis 98 Prozent.
Die Sekretärin hatte nur den Telefonhörer in der Hand und verstarb unmittelbar (oder am Folgetag), aber die Frau aus Salisbury sprühte sich die Handgelenke ein.
Die hätte augenblicklich bzw, wenig später tot umfallen müssen, bei dieser Story.
Und natürlich haben die depperten Russen-Killer den Rest des Giftes in eine Mülltonne geworfen.
Das erinnert an Reisepässe, die beim Einsturz von 400 m hohen Gebäuden gefunden werden.
Doch zurück zu Navalny.
Der russische Politiker und Dissident Alexei Nawalny wurde nach Aussage der deutschen Bundesregierung mit Nowitschok vergiftet. Er hatte am 20. August 2020 im sibirischen Tomsk ein Flugzeug nach Moskau bestiegen, fühlte sich zunächst unwohl und wurde kurz darauf bewusstlos, weshalb die Maschine in Omsk notlandete. Im dortigen Krankenhaus wurde er wegen Vergiftungsverdacht mit Atropin behandelt. Der inzwischen ins künstliche Koma versetzte Nawalny wurde am 22. August nach Berlin geflogen und dort von Ärzten der Charité behandelt. Diese diagnostizierten, dass Nawalny durch eine Substanz aus der Gruppe der Cholinesterasehemmer vergiftet worden war. Am 2. September gab die Bundesregierung bekannt, dass ein Speziallabor der Bundeswehr (Bundeswehrinstitut für Pharmakologie und Toxikologie, München) einen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe nachgewiesen habe.
Das Gift wurde sowohl im Blut als auch im Harn und in Hautproben von Nawalny und auf einer Flasche, die Nawalny auf seiner Reise bei sich trug und die die Angehörigen sichergestellt hatten, nachgewiesen. Es soll sich nach der im Spiegel wiedergegebenen Aussage des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes Bruno Kahl um eine Weiterentwicklung von bisher bekannten Nowitschok-Formen handeln, welche noch „potenter“ seien als die bisher bekannten Formen. Je komplexer die Zusammensetzung sei, desto wahrscheinlicher sei es, dass man nur über den russischen Staatsapparat an die Substanz gelange.
Was heißt hier noch potenter?
Etwa noch giftiger?
Und trotzdem hat sich Nawalny wieder sehr gut erholt.
Dazu fällt mir nichts mehr ein.
Interessant finde ich auch das hier:
In der deutschen Wikipedia – siehe Fall Kiweldi - hatte die Sekretärin mit dem Telefon den Notarzt gerufen.
Laut russischer Wikipedia hat Frau Ismailova das Telefon aber noch nicht einmal berührt, sondern hatte nur Staub gewischt.
Quelle: https://ru.wikipedia.org/wiki/Кивелиди,_Иван_Харлампиевич
mfG
nereus