Volksaktien für Vollidioten

Lobo, Mittwoch, 02.04.2025, 08:48 (vor 27 Tagen) @ stokk'1365 Views

Vertrauen Sie nie dem Staat und der Bank!

Falls Sie diesen Ratschlag beherzigen, ersparen Sie sich jede Menge Ärger und ruinöse Erlebnisse. Denn nicht nur die Banken verstehen es, im Propagandakonzert mit willfährigen Quantitätsmedien den gutgläubigen Michel zu melken.
Der Staat legt seine Untertanen auch gern und regelmäßig aufs Kreuz.

Scheinheilig tarnt er sich dabei oft als Wohltäter. Als moderner Untertan mit demokratischem Tarnanstrich müssen Sie sich besonders die Ohren zuhalten, wenn die Sirenenklänge von der »Volksaktie« angestimmt werden. Der Staat tut dann so, als wolle er der »Bevölkerung« (»Volk« allein ist ja im postfaktischen und postdemokratischen Merkel-Deutschland verpönt) etwas Gutes tun, indem er Aktien aus Staatsbesitz an Otto Normalverbraucher »abgibt«, was netter klingt als »verkauft«.

Nichts ist falscher als diese Vorstellung. Der Staat will in Wirklichkeit nur abkassieren, seinen Finanzmüll loswerden und Ihnen letztlich so das Risiko an der Börse aufbürden.

»Volksaktie« ist eine Unverschämtheit per se, denn der nimmersatte Staat sahnt doppelt ab, da Ihnen als »Bürge(r)« der angepriesene Laden ja sowieso schon mit gehören sollte. Es war nicht nur die Telekom-Privatisierung, bei der dieser deutsche Staat seine – im wahrsten Sinne des Wortes – ausnehmende Fürsorglichkeit für seine Untertanen demonstrierte.

»Geboren« wurde die Idee der »Volksaktien« in der Privatisierungspolitik Ludwig Erhards Anfang der 1960er-Jahre. Vordergründig wollte man die Bürger und Arbeitnehmer stärker am Produktivbesitz beteiligen. Tatsächlich schreckte man »die kleinen Leute« für lange Zeit von der Börse ab. Weil auch die ersten Volksaktien von VW, Veba und Preussag – ganz zufälligerweise natürlich – nah an einem Börsenhoch an den Mann gebracht wurden. Rund 20 Jahre lang war danach mit klassischen Industrieaktien kein Blumentopf zu gewinnen, die Kurse liefen unter großen Schwankungen seitwärts, aber dies auch nur nominal, tatsächlich wurde durch die hohe Inflation der 1970er-Jahre der Wert der Anteilsscheine ausgehöhlt.


VOLKSAKTIEN FÜR VOLLIDIOTEN


Unter den zur Unzeit und zu teuer ausgegebenen Volksaktien litten nicht die großen institutionellen Anleger. Wo kämen wir da hin, die können sich schließlich wehren und Radau machen, haben meist auch eine mächtige Lobby.

Nein, die Volksaktien wurden an Kleinanleger verkauft und frecherweise auch noch mit Haltefristen versehen, damit die Neubörsianer das Gefühl auch auskosten dürfen, ihre Aktien fallen zu sehen, ohne reagieren und verkaufen zu können.

»Seit den 1990er-Jahren lebte die Idee der Volksaktie mit der Emission der Deutschen Telekom und der Deutschen Post wieder auf«, schreibt Wikipedia. Und vergisst, wie beinahe immer, das Warum zu erwähnen.
Dann mache ich mich halt unbeliebt und stecke es Ihnen. Weil auf die Vergesslichkeit der Masse Verlass ist sowie eine neue Generation wirtschaftlich ungebildeter, dafür aber um so gierigerer Aktien-Analphabeten zur Schafschur bereitstand.

Die Deutschen lernen es halt nie. Vox populi, vox Rindvieh!

Sie wundern sich nicht oder wissen erst gar nicht, dass der »Graue Kapitalmarkt« – also die mittelmäßigen professionellen Finanzgauner, die es noch nicht in die Etagen der Großbanken oder der EZB geschafft haben – seit Jahrzehnten in Deutschland am erfolgreichsten agiert und absahnt.
Sie wundern sich nicht oder wissen erst gar nicht, dass ohne die Aktionen eines Jörg Asmussen die Finanzkrise 2008 Deutschland viel weniger getroffen hätte.
Und wenn derlei Hintergründe und Zusammenhänge allenfalls einmal in einer Satiresendung im Fernsehen aufgetischt werden, dann gibt sich das Publikum entweder irritiert, empört oder lacht unwissend blöd, aber leider nicht über sich selbst.


Zitiert aus Dumm, dümmer, deutsch - Eine humorvolle Abrechnung mit dem Land, in dem wir gerne lebten, S. 159f.

https://www.kopp-verlag.de/a/dumm-duemmer-deutsch


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