Der Tanz der Marionetten : Andere Länder, andere Sitten
Hallo Helmut,
vielen Dank für diese erneute ausführliche und treffliche Darstellung der Zuammenhänge und Machenschaften in der Bukarester Politik. Ich habe nur Zeit für wenige Anmerkungen:
Als erstes erfolgte der Wahlgang zum Präsidenten. Dabei wurde bereits eine Kandidatin, die vom Beruf her Juristin ist, sich in der Opposition (S.O.S.) befindet und mit der ihr eigenen Art (die nicht jedem gefällt) permanent den Finger in die Wunden der Regierung legt, von der Teilnahme zur Präsidentenwahl ausgeschlossen.
Ja, man muss allerdings dazusagen, dass diese Frau sehr weit ausserhalb der normalen Diskurszone operiert (um nicht zu sagen, dass sie völlig entgleist ist), ihre 'Popularität' (5-6%) ist in meinen Augen ein Stinkefinger ins Gesicht des Systems, ausgetreckt von den untersten der unteren sozialen Schichten.
Das sollte in einer idealen Welt ihre Rechtsposition natürlich nicht berühren.
Einige Tage nach dem 1. Wahlgang veranlasste dieser Verfassungsgerichtshof, die Stimmen des Wahlgangs noch einmal auszuzählen, in der Hoffnung, dass sich vom Ergebnis her etwas ändert und wenigstens der Kandidat der PSD (Sozialdemokraten) in die Stichwahl kommt. Das ist auch deshalb notwendig, weil es als NATO-Staat nicht opportun ist, dass im 2. Wahlgang die Wähler zwischen einem Kandidaten entscheiden, der sich gegen einen Krieg gegen die Russen ausspricht (Georgescu) und zwischen einem Kandidaten, der für den Krieg ist (Lasconi).
Es sollte nach Vorstellung derer, die hinter den Kulissen die Fäden der Marionetten ziehen, so sein, dass beide Kandidaten der Stichwahl für den Krieg sind, und dann ist es sekundär, wer gewinnt.
Ja, seit dem Manöver der Neuauszählung stand es zu erwarten, dass die Wahl wiederholt werden würde und dass Georgescu nicht Präsident werden wird, obwohl er vmtl. einen 2.Wahlgang gewonnen hätte.
Einen aufmerksamen Beobachter der Zeitgeschichte sollte das inzwischen nicht mehr überraschen, auch wenn die offene Dreistigkeit des Vorgehens noch nicht jedermann erwartet hat. Die EU/NATO befindet sich im zumindest unterschwelligen Kriegszustand, in einem Krieg von geringer Intensität noch, aber eben einem Krieg, und zu einem Krieg gehört zwingend auch die Festigung der Heimatfront. Etwas anderes zu erwarten ist naiv. Der Einsatz von Medienkampagnen im Innern, von Lawfare, von Aktivisten und Antifas, die Missachtung von Grundgesetzen - all das ist nicht mehr neu und keineswegs auf Rumänien beschränkt.
Je mehr der Krieg an Intensität zunehmen wird, desto enger werden auch die Zügel im Inneren angezogen werden.
Fest steht, es wird ein einziges Hin- und Her bei der Koalition geben, und das wird letztlich zum Chaos, zu Neuwahlen und zum weiteren Stimmengewinn der Oppositionsparteien führen, ähnlich wie in Österreich.
Nun beginnt sich bereits in manchen Teilen des Landes ein Widerstand gegen die Entscheidung des Verfassungsgerichts zu formieren, - und jeder, der die Dinge halbwegs beurteilen kann, bezeichnet diesen einmaligen Vorgang als ein Abdriften der Demokratie in diesem Land. Schließlich wurde die Wählerentscheidung mit Hilfe der von den beiden Parteien ernannten Verfassungsrichtern an die Wand gefahren.
Und diese fortschreitende Delegitimierung ist, was im Augenblick weiterhin zu erwarten ist.
Georgescu ist allerdings auch kein völlig Unbekannter, und man kann davon ausgehen, dass er innerhalb der Geheimdienste seine Unterstützer hat, ich vermute, es sind die selben Gruppierungen, die auch die PSD stützen - keine Aussenseiter. Dennoch ist er selbst eher ein bunter Vogel als ein vollwertiges Mitglied der politischen Elite, viele seiner Behauptungen sind zweifelhaft ("wer das erste Äquaduct baut, wird die Welt beherrschen"), ebenso seine Angaben zum Lebenslauf, oder seine Selbsteinschätzung ("Ich bin der beste Verhandler der Welt" - da wird er mit Trump nochmal drüber reden müssen:)
Momentan kann und will sich jedoch niemand von Rang gegen den Westen stellen. Es gibt dazu auch wenig Anlass, denn wenn auch der Krieg begonnen hat, so gibt es im Augenblick keinen Anlass dazu anzunehmen, dass Russland diesen in kurzer Zeit überlegen für sich entscheiden wird und dann Rumänien bedroht. Die rumänischen Eliten, inklusive der zuarbeitenden Mittelschicht in den Grossstädten, fährt mit der Westintegration sehr gut, die Dichte an Luxuskarossen in Rumänien ist inzwischen fast grösser als in München oder Düsseldorf. Von diesem wunderbaren Gaul wird man dort nicht absteigen wollen, solange er nicht völlig ermattet ist.
Wenn sich das Geschehen dreht, wird sich auch die Politik in Bukarest neu orientieren, und zwar schneller als in vielen anderen Ländern. Und die Basis dafür wurde nun gelegt. ich wiederhole mich mal:
Die Büchse der Pandora ist jedenfalls geöffnet, die Anti-NATO Fraktion ist im Vergleich zum Status quo ante massiv gestärkt, und steht bereit für den Fall, dass die Lage in der Region gegen den Westen kippt. Mehr konnte man realistischerweise nicht erwarten. Rumänien ist nicht Ungarn, wo man sich mit offenem Visier gegen den Kaiser stellt.
Auch ich habe mich bemüht, sämtliche „Erkenntnisse“ der sog. Verantwortlichen durchzulesen und zu bewerten. Egal, ob Inlandsgeheimdienst, Innenministerium, Auslandsgeheimdienst, oder was auch immer, - es gibt keine Beweise für irgendeine Illegalität, sondern nur allgemeine Formulierungen, wie z.B. dass es bekannt ist, dass die Russen gerne die Wahlen in anderen NATO-Ländern beeinflussen.
Beweise, ordentlicher Rechtsweg usw.: das war gestern. Jetzt gilt es Interessen durchzusetzen. Da werden Wahlen schon mal manipuliert, und wenn sie nicht manipuliert werden können, werden sie inzwischen für ungültig erklärt, das ist vielerorts zu beobachten.
-Der Bau des größten NATO-Stützpunktes am Schwarzen Meer (Kogalniceanu) mit einem Kostenaufwand von 2,3 Milliarden Dollar. Es ist dann der größte Stützpunkt in Europa, größer noch als Ramstein.
Ein ganz entscheidender Faktor. Hinzu kommt noch die Anlage in Deveselu, eine von 2 Stationen des NATO-'Raketenschirms' in Europa.
Ich wage folgende Prognose: solange diese beiden Installationen (Kogalniceanu, Deveselu) noch funktionstüchtig sind, wird sich an der Politik in Bukarest nicht viel ändern können. Im Umkehrschluss gilt auch: sind sie nicht mehr funktionstüchtig, ist auch das Kapitel NATO in Rumänien schnell Geschichte.
-Der zunehmende Druck auf Journalisten, die sich kritisch über die Vorgänge in Rumänien äußern. Maulkorb und finanzielle Strafen nehmen zu.
-Der zunehmende Druck auf Politiker und Leute im Rampenlicht, die sich kritisch über die Politik der Regierung äußern.
-Die ständige geistige Berieselung der Medien, die von der Regierung bezahlt werden, die ein Feindbild der Russen in den Köpfen der Bevölkerung manifestieren sollen
More to come. In der Ukraine hat es 7-8 Jahre erfordert, bis alte Resentiments soweit wieder verankert waren, dass man die Bevölkerung in einen Krieg mit Russland manipulieren konnte.
Natürlich muss ich mich zunehmend mit meiner Kampagne gegen die NATO in acht nehmen, die auch als Schild an unserm Haus lesbar ist. Vielleicht schützt mich derzeit nur der Umstand, dass ich nicht öffentlich bekannt bin und man mir den „Spinnerstatus“ zugesteht, der nicht ins Gewicht fällt. Aber ich werde nicht aufhören, mich für dieses Land, das ich gelernt habe, zu lieben und zu schätzen, und vor allem für die Bevölkerung, einzusetzen. Wir brauchen in Rumänien Frieden, und keinen Krieg.
Angst kenne ich nicht, dafür aber meine Überzeugung und das Gefühl der Verantwortung. Blut ist doch dicker als Wasser, und auch mein Großvater hatte keine Angst, öffentlich in der Nazi-Zeit für die Freiheit einzutreten, obwohl er das damals mit seinem Leben bezahlt hat. Wie sagte doch damals so sinnig Luther:
"Hier stehe ich und kann nicht anders! Gott helfe mir, Amen!"
Die Rumänen wissen aber, dass sie sich allein gegen den Kaiser nicht erfolgreich auflehnen können. Die Russen vertrieben die Osmanen aus Rumänien, die Engländer&Österreicher die Russen, die Entente die Österreicher usw. Jetzt ist Rumänien der EU und der NATO untergeordnet, und das wird dann aufhören, wenn sich ein stärkerer Schutzherr anbietet. Das ist augenblicklich nicht der Fall.
Wieso kann Rumänien nicht - so wie Ungarn, die Slowakei, Serbien - sich offen für die eigenen Friedensinteressen einsetzen? Meiner Meinung nach liegt dies in der Geschichte und der darin geformten Mentalität der Bevölkerung begründet. Ausserdem liegt Rumänien natürlich strategisch wichtiger, hat zudem Kogalniceanu und Deveselu.
Ich glaube daher nicht, so löblich Dein Einsatz für Frieden auch ist, dass er im jetzigen Zeitfenster auf rumänischem Boden aufgehen kann, wohl aber kann er zwischenzeitlich noch gefährlich werden. Noch wichtiger aber ist, glaube ich, als Zugereister (und in deinem Fall inzwischen Halbrumäne), dass man sich an das Gastland anpasst, und nicht allzusehr versucht, seine eigene Mentalität dem Gastland aufzudrücken. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Rumänen schon sehr viel besser wissen, als importierte Germanen, wie sie sich geopolitisch am besten verhalten können, insbesondere wenn auch noch ein Konflikt zwischen dem Westen und Russland im Spiel ist, wo sie sich zwangsläufig und nicht zum ersten Mal zwischen den Fronten wiederfinden. Auch der Vergleich der Opferzahlen in WK I/II zwischen Rumänen und Germanen stüzt diese These. Ebenso wie der Volksmund:
When in Rome, do as the Romans do
Andere Länder, andere Sitten
A donde fueres haz lo que vieres.
В чужой монастырь со своим уставом не ходят. (you don't go to someone else's monastery with your own statute)
入鄉隨俗 (Enter a Village, Follow the Customs)
Gruss,
mp
PS: Wen es interessiert, hier ein sehr guter Kommentar in Englisch zur Farce des Verfassungsgerichtsurteils, inkl verlinkter Beweisvorlagen (der Geheimdienste und Ministerien)