Änderungen der Lebensweise funktionieren mit freier Wahl besser als mit Zwangsvorgabe

Konstantin ⌂, Waldhessen, Montag, 18.09.2023, 08:01 (vor 396 Tagen) @ Dieter2202 Views

Hallo Dieter,

Teile Deines Textes könnte ich formuliert haben. Damit so etwas funktioniert muss es jedoch etwas anders konstruiert sein. Ich hatte diesbezüglich mal die Formel gefunden: "Grundausstattung statt Grundeinkommen"

1. Schritt: Gesetzesänderung: Bei Sozialhilfeempfängern/Arge wird der Teil an Hilfe, der lt. geltenem Gesetz für Nahrung vorgesehen ist, gestrichen, bzw. innerhalb einer Übergangsfrist zunehmend reduziert.

Ich sehe es als zwingend nötig an, solch eine Änderung als Möglichkeit anzubieten und nicht als Pflichtvorgabe.
Darüber hinaus muss eine Übergangsfrist deutlich lange bemessen sein, damit es funktionieren kann. Denkbar wäre für mich z.B.:
1. Jahr Weiterzahlung der Hilfe wie bisher. Zusätzlich kostenlose Teilnahme an Fortbildung über Permakultur / Gartenplanung etc.
2. Jahr Weiterzahlung der Hilfe plus Gutscheine für Bagger, Baumschulen, Gärtnereien etc..
ab dem 3. Jahr jährliche Reduzierung um 10 Prozent der Startsumme, so daß nach weiteren 10 Jahren die Hilfe auf null ist.

Statt dessen bekommt ein 2-4-Personen-Haushalt eine Gartenfläche zur Eigenbewirtschaftung von den jeweiligen Gemeinden/Städten von ca. 1 ha (je nach Bodengüte) zugewiesen, auf denen sie sich ihre Nahrungsmittel produzieren können, ggf. auch im Tausch.

1 Hektar "Gartenfläche" ist viel zu viel um sie gärtnerisch zu bewirtschaften. So viel wird keine Familie von Hand beackern. Menschen brauchen viel mehr als nur Nahrungsmittel. Deshalb ist ein Hektar schon passend, aber eben nicht nur um Nahrungsmittel anzubauen. Menschen tut es beispielsweise gut, etwas zu haben, in das sie mit guten Gefühlen hinein investieren können. Das ist beispielsweise oft bei eigenem Nachwuchs der Fall. Das kann auch bei eigenem Land der Fall sein. Eine Fläche "zugewiesen" zu bekommen funktioniert daher nicht weil es dann weit schwerer fällt das Landstück zu lieben, was nötig ist um von Herzen gerne dort hinein zu investieren.

Wenn eine politische Vorgabe wirklich funktionieren soll, dann muss es so konstruiert sein, daß ein investitionsfreundliches Klima entsteht.

Dazu gibt es eine Erstausstattung an Geräten/Maschinen, Saatgut oder Jungpflanzen, Dünger und Fachliteratur, damit sie sich in die Thematik einarbeiten können.
Fachliteratur natürlich in deutsch, ukrainisch, türkisch, arabisch, ggf. noch franz., spanisch und englisch.

Zur Erstausstattung gehört mindestens ein Wohncontainer auf der Fläche weil dies die täglichen Fahrtkosten auf null bringt und der Garten nur dann gut gedeihen kann wenn die Bewirtschafter dauernd, vom Morgentau bis nach Sonnenuntergang vor Ort sind (der beste Dünger ist der Schatten des Gärtners...). Dann braucht es zwingend auch einen Gutschein für Baggerstunden, denn ohne Bagger wird es in praktisch keinem Fall zu einer brauchbaren Gestaltung kommen (Wenn alles flach ist, braucht es eine Mulde und einen Hügel; wenn alles Hanglage hat braucht es Terrassen; Wegeführung braucht oft einen Baggereinsatz und Bäume wachsen weit besser an, wenn man den Boden tiefgründig gelockert hat).

2. Super Idee oder?, was meinst Du was passiert?

Wenn es vorgeschrieben wird und das Land zugeteilt wird, ist es Murks und es geht nach hinten los.

Bei der Nelkenrevolution P. wurden die Großgrundbesitzer enteignet, das Land wurde unter der Landbevölkerung aufgeteilt (die zuvor als Lohnarbeiter bei den Großgrundbesitzern ausgebeutet wurden) zwecks Eigenbewirtschaftung. Da bekam jede Arbeiterfam. eine Fläche von vielen ha. Was passierte: Die meisten haben nach kurzer Zeit aufgegeben und an die Großgrundbesitzer fürn Appel und Ei verkauft, um nicht zu verhungern und wurden so wieder Lohnarbeiter.

Wenn das eigene Landstück wieder verkauft werden kann ist schon ein Fehler im System drin.

Der Familienlandsitz darf in diesem Sinne kein Eigentum sein, daß man verkaufen kann.
Es muss andererseits sicherer als Eigentum sein, so muss es pfändungssicher sein, es darf nicht besteuert werden und es darf keine Steuer erhoben werden für das, was man darauf erwirtschaftet. Und das Nutzungsrecht muß vererbbar sein.

Aus allen Versuchen und Fehlern der Menschheit kann man lernen und das extrahieren was funktioniert und was nicht funktioniert und dann steht man selbst vor der Entscheidung, will man Ausreden finden, daß so eine Vision eh nicht geht oder will man kreative Lösungen finden, die eine funktionierende Neuerung sind, auch wenn die Aspekte vergangener Zeiten nutzen.

Für eine ernsthaft gemeinte politische Umsetzung ist im übrigen der Art. 15 des GG sehr interessant:

1Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. 2Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

Darüber könnte man meiner Einschätzung nach eine neues (und nötiges) Gesetz erschaffen über die die Grundstücke, die Familienlandsitze werden sollen, rechtlich einwandfrei geordnet funktionieren werden. Es ist halt die Frage ob man zum Wohl der Menschen und der Liebe handeln will oder ob man knechten, betrügen, ausbeuten und kontrollieren will.

Eine Grundsatzfrage sollte beim Thema Selbstversorgung immer bedacht werden:
"Was versteht man unter dem 'Selbst', das versorgt werden soll?"

Versteht man darunter nun den Bauch, der satt sein will, dann reduziert man den Menschen auf die Ebene eines Tieres (bzw. noch niedriger, denn auch Tiere brauchen mehr als nur genährt zu sein).

Viele Grüße
Konstantin

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