Plädoyer ;-)

nereus, Donnerstag, 16.03.2023, 14:42 (vor 405 Tagen) @ Ostfriese1393 Views

Hallo Ostrfriese!

Ich erlaube mir einmal Deine Gedanken in eine simple Form zu verwandeln und werde daher Vergleiche bemühen, die vielleicht auch hinken könnten. [[zwinker]]

Du schreibst oder zitierst: Das Problem der Verwechslung in den Betrachtungen des EINZELNEN und ALLER tritt auch in Paul C. Martins Satz über den Grundirrtum aller ökonomischen Theorien auf: Es darf niemals der einzelne Inhaber von Geld mit allen Inhabern von Geld verwechselt werden. Diese Verwechslung ist der Grundirrtum aller ökonomischen Deutungsversuche.

Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich so stimmt.
Recht gut hat es Keynes formuliert, der gesagt haben soll: Auf lange Sicht sind wir alle tot.
Die Zeitabhängigkeit finanzieller Prozesse ist der herrschenden Ökonomie durchaus bewußt. Allerdings sind langfristige Entwicklungen IMMER ein Problem der Individuen.
Das ist nicht nur auf die Ökonomie beschränkt.

Geld kann als staatlich garantiertes Schuldverhältnis, wie Elli ... in ausführt, nur in der zeitlichen Abfolge von wie Geld entsteht, wozu es gebraucht wird und wie es wieder verschwindet betrachtet werden.

Ja. Aber es ginge theoretisch auch ohne Staat - ohne das jetzt vertiefen zu wollen.
Praktisch sehe ich da aber sehr wohl ein Problem.

Die Sicherheit, um einen Kredit zum Zweck des Kaufes von Staatsanleihen aufzunehmen, ist die Staatsanleihe, die erst noch gekauft werden muss.

Ja, die Auszahlung der Renten von morgen, hängt nicht nur mit den Einzahlungen der Einzahler von heute zusammen, sondern vor allem mit dem Willen der nachfolgenden Generation, diese Lasten auch zu schultern.
Doch eigentlich sind das Banalitäten, die aber – und da gebe ich Dir durchaus recht – immer wieder aus den Augen und dem Sinn verloren werden – vor allem in der Politik, die nach dem Jetzt und Heute giert.

Können wir die Wahrheiten des 'Mentalfaschismus' der durch die Machtsysteme mittels Sprache und Zeichen in Ohnmacht gehaltenen Untertanen überwinden?

Das ist eine gute Frage und ich antwortete darauf: Nein, das können wir im radikal gedachten Sinn nicht.
Aber, wir können durchaus etwas anderes tun.

Natürlich ist Prof. Kösters' - seines Zeichens Professor am RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Ruhr-Universität Bochum - Aussage (Geld ist als Zwischentauschgut eine geniale Erfindung) vor dem Hintergrund des tauschtheoretischen Paradigmas von jetzt auf gleich der klassischen ökonomischen Lehre richtig.

Ich weiß nicht, was Herr Köster noch so gesagt hat, möchte sinngemäß aber später an dessen Zitat anknüpfen.

Paul C. Martin spricht - an @nereus gerichtet - von Machtlakaien wie Platon, Aristoteles, Bodinus, Grotius, Locke, Hobbes usw., die auf der Payroll der Zentralmacht stehen, um Rechtfertigungsversuche der Machtausübung zu liefern.

Die genannten Personen ausschließlich als Marionetten der Macht zu titulieren, schränkt meiner Meinung nach die Bedeutung dieser Leute unzulässig ein.

Und das ist etwas, worüber ich mit @dottore auch immer im Streit lag.
Er war mir am Ende zu fundamentalistisch, obwohl ich anfangs seine Bücher verschlungen habe.

Da wurden der Erfindergeist und die Kreativität immer nur auf das Schulden-Problem eingedampft, unabhängig davon, ob der Erfinder tatsächlich ein Vermögen machte oder arm wie eine Kirchenmaus blieb.
Geistige Aktivität ist ganz sicher keine ökonomische Kategorie, aber man kann aus Ihr Nutzen und Gewinn schlagen.

Und was die Finanzblasen angeht, wurde der Fundamentalfehler des Systems – der fehlende Nachschuldner - als nicht mehr hinterfragbares Non-Plus-Ultra konstruiert, ohne dabei auf die vielen kleinen und großen Schweinereien zu achten.
Das führte am Ende dazu, daß auch die 250 m Yacht eines Roman Abramowitsch als Urschuld-Deckung betracht wurde, wo mir dann die Sicherung durchbrannte.
Der überbordende Luxus der Eliten wurde als hinnehmbares notwendiges Übel des Systems maskiert, was aber nur bedingt stimmt.

Das Staatschuldenproblem ist kein Naturereignis, sondern ein glasklar menschliches Problem, die Zukunft in der Gegenwart zu verfrühstücken, um Wählerstimmen zu sammeln – abseits aller VT – und selbst dem Hamsterrad zu entkommen.
Es wäre kein (oder besser, viel kleineres) Thema, wenn man solide finanzieren würde.
Der Meister hat es damals so formuliert, daß wir beim technischen Fortschritt etwa 20 bis 25 Jahre hinterher wären.
Und, wo wäre das Problem, frage ich?

Schon 1995 wußte man, daß 97 % der Finanztranskation NUR auf Spekulation beruhen und kümmerliche 3 % für den echten Warentransfer übrig blieben.
Heute sollen es gar über 99 % sein.

Ist das auch ein debistisches Naturgesetz?
Nein, das ist es nicht – es ist einfach der Gier gewisser Kreise geschuldet, die den Hals nicht voll kriegen können.
Und so könnte man noch manche Beispiele aufzählen, die ich eben nicht hinter dem Schlagwort Debitismus verorten kann, sondern an menschlichen Unvermögen im gesamtgesellschaftlichen Sinn.

Wenn ich den Debitismus mit dem menschlichen Lebensverlauf vergleiche, dann ist hier auch klar, daß am Ende der unvermeidliche Tod lauert, quasi als Systemende.
Daraus resultiert aber keineswegs die brachiale Logik anderen Menschen das Leben zu erschweren, vergiftete Pilzgerichte (Betrug, Vertrags- und Gesetzbruch) zu verteilen und sich das dickste Stück Torte abzuschneiden, nur weil man meint, es stünde einem zu.

Das erklärt und rechtfertigt auch das Nachschuldner-Problem nicht, auch wenn es mit diesem verbunden ist.

Es scheint gewiss, dass uns alle Lehren über die Vergangenheit der Welt nur immer tiefer in eine nicht mehr Sinn ergebene Simulation ziehen.

Das befürchte ich allerdings auch.
Aber hier sehe ich weniger debitistische als vielmehr menschliche Ursachen, die niemals tot zu kriegen sind.
Der Debitismus beschreibt nur die ökonomischen Sachzwänge dieses Versagens.

mfG
nereus


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