Mein Besuch einer Kundgebung zum 1. Mai

Otto Lidenbrock, Nordseeküste, Sonntag, 01.05.2022, 15:09 (vor 716 Tagen)3634 Views

Ich komme gerade von einer Kundgebung im Rahmen der Feierlichkeiten zum 1. Mai. Wie jedes Jahr hatten die Gewerkschaften eine Kundgebung arrangiert, bei der diesmal der Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin von den Grünen eingeladen war und der sich dann auch nicht zu schade war, zum Volk zu sprechen.

Ingesamt mickriger Zuspruch in Bremerhaven, vielleicht zweihundert Interessierte. Einige kurdische Fahnen waren zu sehen und auch die Regenbogenflagge fehlte nicht. Die türkischen Angriffe auf die Kurden im Irak schienen allerdings keiner Aufmerksamkeit wert. Zwei einsame Streiter der Partei "Die Basis", deutlich erkennbar an T-Shirt und Fahne, wurden von der Polizei des Platzes verwiesen. Blau-gelb war überraschenderweise gar nicht zu sehen, allerdings doch noch recht viele Maskenträger.

Die Redner schwadronierten wie üblich vom Frieden, Rassismus und struktureller Ungerechtigkeit, wurden dann aber von mehreren Rappern konterkariert, die anderen in ihren Texten immer irgendwie Schlechtes wünschten und in Gewalt durchaus Lösungspotentiale erkennen wollten, wobei diese anderen sowieso Räächtz und voll Naahtsi seien. Das Publikum war jedenfalls begeistert von den Jungs und spendete diesen Botschaftern des neuen Pazifismus brav Applaus.

Da die Veranstaltung bei der Großen Kirche in der Stadtmitte stattfand, wollte ich die Gelegenheit nutzen, das Gotteshaus am Tag der vermeintlich offenen Tür von innen zu betrachten, wurde bei meinem Versuch allerdings von zwei älteren Damen gestoppt, die mich aufgrund fehlender Gesichtsmaskerade trotz weit geöffneter Tür nicht hinein lassen wollten. Solidarität sei immer noch angesagt, meinten sie, da sich in der Kirche ein paar Gläubige trotz Dreifachimpfung und FFP2-Maske beim Anblick von maskenfreien Gesichtern immer noch ein wenig unwohl fühlten.

Das ich schon vor über dreißig Jahren aus der Kirche ausgetreten bin, habe ich ihnen dann aber nicht mehr erzählt.

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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."

William Keith Chesterton


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