Was machen eigentlich die Ex Stasi anno 2021

solstitium @, Mittwoch, 03.11.2021, 08:51 vor 1509 Tagen 3375 Views

bearbeitet von solstitium, Mittwoch, 03.11.2021, 09:03

Die Hölle für Denunzianten liegt auf Erden


Denunzianten leben (vielmehr sterben) abschließend allein vereinsamt von der Welt unverstanden.

Dabei meinten sie dereinst alles richtig zu machen.
Sie kamen ursprünglich der Aufforderung nach, Dinge zu melden anzuzeigen, damit alles seine Richtigkeit hat.

Sie wurden von der Gesellschaft, der Schule so erzogen – weil alles sonstige aus der Schule in sich auch nicht unlogisch klang.
Ergo brachten sie Dinge zur Anzeige.

Der guckt Westfernsehen? Anzeigen! Der macht einen Honecker Witz? Anzeigen.
Und so finden Denunzianten ganz von allein in eine Metier, welches ihre Denunziantenarbeit abfragt.

Hier die Stasi!

Der Denunziant ist bei allen Menschen verhasst – auch und besonders bei Denjenigen, für die er arbeitet. Das sagen sie ihm aber nicht ins Gesicht.
Jene allerdings erkennen seine Abgründe des Charakters am genauesten.
Ja der Denunziant verpfiff auch schon mal die Familie – die engsten Angehörigen waren nicht vor im sicher.

Ein Charakter, den niemand neben sich wissen will.

Der Staat, der die Stasi hervorbrachte der das Denunziantentum also auf die Spitze trieb – verschwand.

Damit auch der Auftraggeber, der Lebensinhalt des Denunzianten.

Aber auch sein Lebensraum verschwand.
Während andere in der Nachbarschaft integriert, jeder jedem half, bleibt der Denunziant allein.

Alles was er braucht, muss er bezahlen – handwerklich freilich eine Null, weil außer denunzieren, nicht zustande gebracht, kriegt er keinen Nagel selbständig und unverletzt und dem Zweck entsprechend, in die Wand.

Sein Umfeld besorgt sich absehbar also nach und nach die Akten und seine sicher geglaubte Anonymität fliegt auf.

Also? Abhaun!

Auf den Zug gen Westen einfach aufspringen, lässiger kriegt man nicht die Kurve – dies freilich wieder allein.

Die Leute, die einst seiner Familie gehörten sieht er nie wieder alle Brücken werden abgerissen.

In der Fremde also beginnt er sich damit zu versuchen, einen neuen Lebensinhalt zu generieren.

Wer fragt als Einstellender eine Vita nach, der das Denunziantentum leicht auszulesen ist?

Sicherheitsdienst.

Guck und horch.
So ganz allein kommt man auch nicht zu Potte also sucht sich auch der Denunziant eine Partnerin.

Tatsächlich hat er nach langem Anlauf die Fortune, Eine zu finden, der entweder die Vita erst mal egal ist, oder er irgendwelche Geschichten erfindet.

Blöd nur, dass im Zusammenleben es nach und nach herauskommt, dass an der Vita „gefeilt“ wurde, etwas nicht passt. Er dauert eine Weile aber es passiert.

Der Deunziant ist Denunziant von Grund auf.

Angekommen in einer neuen Partnerschaft macht er wieder das, was er gelernt hat, er denunziert. Was ihm in die Quere kommt wird angezeigt. Arbeitskollegen, Nachbarschaft, Vereinsmitglieder natürlich alles „incognito“.

Blöd nur, dass die seinerseits Denunzierten innerhalb eines Netzwerkes zu Hause sind, und Jene Vorgesetzten, die die Anzeige bekommen, Demjenigen, der angezeigt wurde, mehr vertrauen, als dem Deunzianten – der, weil er stringent danach sucht ja Sachen erfindet, in Dinge hineininterpretiert, bar jeglicher Grundlage, einfach weil es sein Wesen ist zu denunzieren sein vom ALLGENWÄRTIGEN nach wie vor existierenden Stasisystem anerzogener Lebensinhalt sozusagen.

Es bereitete ihm einst das Gefühl, etwas gutes für die Gesellschaft zu tun.

Blöderweise allerdings erkannte er nicht, dass das Denunziantentum von Anfang an als Falle aufgebaut wurde (und wird).

Mit jeder Denunziation verlor er eine Säule seines einst makellosen menschlichen Charakters.

Lange Rede, die Partnerin entlarvt schlussendlich das Wesen ihres Ex Stasis, ihr am Frühstückstisch gegenüber sitzend und zieht die Reißleine!

Damit ereilt dem Denunzianten in Wirklichkeit also nicht die Strafe in der Hölle – wie es die Kirche einst suggerierte, sondern bereits auf Erden.

Die ganze Arbeit der letzten 25 Jahre, der Versuch die Vergangenheit hinter sich zu lassen für die Tonne!

Freilich war er sodann so Konsequenz, seinem erbärmlichen Dasein sogar selber noch ein Ende zu setzen – als sein Versuch mutmasslich der Wiedergutmachung an der Gesellschaft, oder der Einsicht, dass seine irdische Existenz ein Irrtum der Evolution war, wer weiß. Einen Brief hinterließ er nicht, es bleibt zu mutmaßen.

Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt, der Denunziant.

Und Sprichwörter sind und bleiben, geballtes konzentriertes Wissen.
Sich an ihnen zu orientieren hilft im Einzelfall der Hölle auf Erden zu entrinnen.

Dies zusammengefasst und abschließend hat sich, wie uns berichtet wurde, mindestens einmal, hochgerechnet, also hundertfach, so zugetragen.

anno 2021 in Deutschland

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"...nein, wer NICHT kämpfen will, der fällt genauso!"
(Zur Erklärung, man "fällt" im Krieg, ohne Krieg hieße es man stirbt!)

Danke - Die Hölle für Denunzianten liegt auf Erden

mabraton @, Mittwoch, 03.11.2021, 10:31 vor 1509 Tagen @ solstitium 2327 Views

Hallo solstitium,

sehr treffend.
Warum musste ich gerade an @DT denken?

beste Grüße
mabraton

Uups, na hoffentlich liest der hier nicht mit

solstitium @, Mittwoch, 03.11.2021, 13:17 vor 1509 Tagen @ mabraton 2009 Views

bearbeitet von solstitium, Mittwoch, 03.11.2021, 13:39

.. Bei Deinen Gedanken... Aber ich kann Dich beruhigen.

Die Kaliber von Denen ich posthum erfahren habe, waren zu Lebzeiten völlig unauffällig und leise.

Gut, der in dem Fall zwar weniger, nur hörte man von ihm stets nur "über Bande"

Der von Dir Verdächtigte ist weder unauffällig noch leise fällt zumindest aus diesem Raster erstmal heraus.

Für mich war die Sache insofern erstaunlich, dass es jemand, der sich nicht darum bekümmerte, wirklich nicht mitbekam. Immer erst hinterher, "oh je, mit dem saß ich also am Tisch" .

Daß war dann aber I. d. R. auch der einzige und letzte Gedanke, den ihm gewidmet wurde.

Er hinterlässt der Welt nichts. Nicht mal eine Lücke, dort, wo er grade noch stand.

Jeden Tag stehen neue junge Unerfahrene auf und verfallen der Versuchung.

Dies allerdings nur, wo Alte fehlen, die das Wissen dazu hätten weitergeben können. (weshalb heute künstlich Gezeugte, oder dem Elternhaus Beraubte, bevorzugte Opfer dieser oben stehenden Konsequenz werden.

Jenen allerdings soll hiermit zumindest die Chance gegeben werden, klug im Sinne von schadfrei zu werden.

Weil klug man bekanntlich auf dreierlei Art und Weise wird.

1. Nachdenken, die edelste
2. Nachahmen, die einfachste
3. Erfahren, die bitterste


Für Version 3 reichte in dem Fall aber ein Leben nicht aus.

Mir persönlich tut er mir dennoch Leid, weil der Umstand, warum ihm einst die Alten fehlten, die ihm hätten davon abhalten können , auf die verhängnisvolle Denunzianzenbahn zu geraten blieb unklar.

Es war mutmaßlich eine Folge, seiner seinerzeit teilnahmslosen bzw. zur rein egoistischen Teilnahmslosigkeit erzogenen Mitmenschen, keiner oder vielmehr der falschen "Freunde".

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"...nein, wer NICHT kämpfen will, der fällt genauso!"
(Zur Erklärung, man "fällt" im Krieg, ohne Krieg hieße es man stirbt!)

Er hinterlässt der Welt nichts. Nicht mal eine Lücke, dort, wo er grade noch stand.

Eugen A. Tagpfau @, Mittwoch, 03.11.2021, 14:49 vor 1509 Tagen @ solstitium 1777 Views

Was für ein schöner Satz!

Ein bischen traurig ist es schon. Man könnte den Denunzianten ein Denkmal aufstellen. Nachdem es schon ein Holocaust Mahnmal gibt "um das die Welt Belin beneidet" könnte man sich der Erbärmlichkeit der Verräter des Alltags doch auch mit einem Bauwerk erinnern.

Ein trauriges Beispiel (m.L.)

Oblomow, Mittwoch, 03.11.2021, 15:29 vor 1509 Tagen @ Eugen A. Tagpfau 2000 Views

Hallo, mir ist dieser paradoxe Satz auch sofort als gelungen aufgefallen. Was für ein sonderbarer Text...

Ich erwähnte unlängst Werner Höfer, der den Frühschoppen leitete. Er machte sich als junger Journalist verdient, das Talent Kreiten erbärmlich und erbarmungslos zu verunglimpfen.

http://karlrobertkreiten.de/der-verrat/drei-veraeterinnen.php

Die Frauen haben kein Gesicht, sie existieren nicht.

O.

Wozu Menschen fähig sind

Otto Lidenbrock, Mittwoch, 03.11.2021, 16:57 vor 1509 Tagen @ Oblomow 1794 Views

bearbeitet von Otto Lidenbrock, Mittwoch, 03.11.2021, 17:01

Vielen Dank für diesen Hinweis auf den jungen Pianisten Karlrobert Kreiten, der 1943 von drei Frauen denunziert wurde und in die Hände der Gestapo und von dort zum Volksgerichtshof gelangte, wo er wegen einer bloßen Meinungsäußerung zum Tode verurteilt und später gehenkt wurde.

Wenn man sich diesen Fall in allen seinen Details zu Gemüte führt, bekommt man irgendwann die kalte Wut, wenn man an diese drei Frauen denkt. Nicht nur, dass sie diesen unvorsichtigen, völlig arglosen jungen Menschen mehrfach denunzierten. Vor allem der Nachdruck, mit dem sie dieses taten (ihre erste Denunziation bei der Reichskulturkammer, die keine Verhaftung nach sich gezogen hatte, reichte ihnen nicht), lässt tief blicken.

Es ist mir immer wieder unbegreiflich, wozu Menschen fähig sind.

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