Rationale Strukturen des Wahnsinns und der Debitismus

nvf33, Donnerstag, 25.06.2020, 12:02 (vor 1395 Tagen)1444 Views
bearbeitet von Hausmeister, Donnerstag, 25.06.2020, 14:06

Danke nochmals an das Forum für die vielen aufschlussreichen Antworten zum Debitismus. Leider war es mir nicht möglich, auf alle etwas zu erwidern, daher so.
Herausragend erscheint mir, dass die (Ein-)Buchung "ex nihilo" zur Schulderzeugung offenbar leichter geschieht als die (Aus-)Buchung "in nihil" zur Schuldaufgabe.
Man törnt sich gewissermaßen leicht an im Hinblick auf eine zukünftige und erfreuliche Bilanz an. Die Gegenwart aber mit vorangegangenen Versprechen abzugleichen und ggf. zu korrigieren, das scheint schwer.
Insofern treten wir offenbar gerade in die Phase der Ernüchterung ein, oder in anderen Worten: https://www.youtube.com/watch?v=_KrcJm-6MLU&t=51
Warum ist das Vergessen so schwierig zu akzeptieren, dass man dessen Unmöglichkeit sogar meint beweisen zu können wie der Busfahrer im Video?

Unsere Bewusstheit besteht nun einmal aus einer aktiven Seiten, die wir beeinflussen können, und einem passiven Kontext, der uns beeinflusst. Wir beachten etwas, und etwas Anderes nicht. Das "Beachten" funktioniert nur dadurch, dass wir etwas Anderes ausschließen. Und das ist offenbar unangenehm, wenn man daran intensiver denkt, weil das Nicht-Beachtete trotzdem auf uns wirken könnte.
Der Drang des von Spengler beschriebenen "faustischen" Menschen könnte sich auch als Drang nach umfassender Beachtung entpuppen, also als Drang zu einer Haltung, die unsere unbewusste Seite integriert. Oder als Drang nach Bewusstseinstotalität. Keine Macht der Welt wird jedoch den Unterschied zwischen Tag- und Nachtseite des Seins auslöschen können, auch keine faust’sche Atombombe. In Faust II am Ende ist unmißverständlich skizziert, wie das dann läuft mit dem Drang in ultimo:

  • […] FAUST: Wie das Geklirr der Spaten mich ergetzt! Es ist die Menge, die mir frönet, […] Mit jedem Tage will ich Nachricht haben, Wie sich verlängt der unternommene Graben.
  • MEPHISTOPHELES: Man spricht, wie man mir Nachricht gab, Von keinem Graben, doch vom Grab. […]

Was verglüht, sind nur die Illusionen, die da heißen: Beziehungslosigkeit, Macht und Selbstgesetzlichkeit. Und die lassen wir spätestens im Grabe hinter uns, im Idealfall aber schon ein wenig früher.
Verschwörungstheorie z.B. ist der Versuch der Bewusstmachung normalerweise unbemerkter Strömungen. Verschwörungstheorie versucht eine Beziehung aufzubauen zum Unbekannten, und wie außen so innen, zum eigenen Unbewussten.
Der Debitismus erscheint insofern also logisch, als er aus der Beziehungslosigkeit der rationalistisch-erbarmungslos gedachten Verschuldung die Weltkatastrophe folgert.

  • MEPHISTOPHELES: […] Was hält mich ab, daß ich nicht fluchen darf? […]

Um eine demütige Neuausrichtung werden wir nicht herumkommen. Statt darüber zu fluchen aber, gelingt es vielleicht, unsere eigentliche Mission ein bedeutendes Stück weiterzuführen: Die fortschreitende Erkenntnis unserer zweiseitigen Natur.
Danke nochmals für Eure Hilfe dabei!
nvf33


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