Teilantwort
Könnte man die Sätze nicht um das "seelisch zu verderben" kreisen lassen? In einem Krieg verderben fast alle Seelen, während in einem langen Frieden alle Seelen sukzessive verderben. insofern müsste wir den Satz selbst komplettierten: Einen langen Frieden erträgt niemand, ohne seelisch zu verderben.
Was ist daran komplettieren? Sie tauschen zwischen den beiden Teilen des Satzes dann ja nur die Wort aus. Sie legen "Frieden" und "niemand" in den ersten Teil. Zusammen mit dem Individuellen, während das Absolute in den zweiten Teil verschoben wird. "Einen langen Krieg ertragen wenige" müsste man dann eigentlich komplettieren. Genau das habe ich ja auf den Punkt gebracht, als ich Spenglers Zitat auf den Zynismus zurückführte: "Der Frieden verdirbt sie Seele". Wenn es der lange tut, kann es auch der kurze, denn lang oder kurz sind relative Eigenschaften.
Das steht nicht bei Spengler. Es geht um "fast alle" und um "niemand". In einem Krieg verderben eben manche nicht, während in einem langen Frieden eben alle seelisch verderben. Man könnt es auch phänomenologisch deuten. Dass ein Krieg gut ist, ist damit noch nicht gesagt, sondern er konstatiert einen Zusammenhang. Den Überbringer eines unbequemen Gedanken als zynisch zu beurteilen, scheint mir etwas eindimensional. Machiavelli, z.B. ist so auch diskreditiert worden.
Prüfe ich den Umkehrschluss auf Ihren Vorschlag, kommt sowas heraus wie: "Der Krieg ist das beste Mittel, seelisch nicht zu verderben".
Das gilt für manche, eben nicht für alle, während für alle gilt, dass sie bei einem langen Frieden seelisch verkommen.
Also Raub und Mord, Zerstörung und Vergewaltigung und all die schönen Dinge, die den Krieg ausmachen, sind gut für unsere seelische Gesundheit, unser seelisches Gleichgewicht. Denn dem verleihen sie Mut und Tapferkeit, Durchhaltewillen und noch so manche Ritterlichkeiten. Dann sind die "wenigen" aus dem ersten Teil des Satzes aber bloß noch unerfrischte, ja kranke Jammerlappenseelen. Schließe ich: "Der Krieg macht die Seele stark", dann sind die, welche ihre Seele durch den Frieden stärken wollen, verweichlicht und dekadent.
Alle können eben in einem langen Frieden und es geht nicht um den Frieden per se, sondern um den langen Frieden nicht verhindern, seelisch auf den Hund zu kommen. Der Krieg macht auch nicht alle Seelen stark, sondern eben nur manche. Ich wünsche mir auch eine azephale Gemeinschaft, doch es ist eben nicht Wünschdirwas.
Was Sie über Heraklit und Empedokles und dann Schluss schreiben, das ist schön und darüber denke ich jetzt nach. Ich danke Ihnen. Auch Ihre Gedanken zur Langeweile teile ich. Es gäbe da viel von Pascal, Hamann, Kierkegaard und Schopi zu zitieren, aber fremde Federn, Sie wissen schon...
Herzlich
Oblomow