Die Anderen und WIR
Hallo Reffke!
Du meldest: “...Wie kann es dazu kommen, dass für die grundsätzlichen gesellschaftlichen Fragen Wahlen nahezu keine Rolle mehr spielen & dass die großen politischen Fragen weitgehend von Akteuren & Instanzen entschieden werden, die keiner öffentlichen Kontrolle mehr unterliegen ...
Schau nach bei Machiavelli.
Vor allem sein Geist und weniger der von Montesquieu haben es im Vorhof der Hölle sehr eingängig beschrieben.
Ganz schlimme Finger behaupten, es sei die Vorlage einer noch raffinierteren Strategie, aber das sind wohl nur Gerüchte.
...Wie kann es dazu kommen, dass wir aus den Folgen dieser Entwicklung nicht mehr die angemessenenen politischen Schlüsse ziehen, sei es:
- die Zertrümmerung des Sozialstaates,...
So viel wurde da noch nicht zertrümmert, als das es dazu die Massen auf die Straße treibt.
Arbeitslosigkeit von 1932 ist nicht vergleichbar mit Arbeitslosigkeit von 2017.
- die Preisgabe des Staates an die Finanzmärkte,...
Für die Hintergründe des Geldes hast sich das Volk nie sonderlich interessiert.
Hauptsache, es war da.
- die Osterweiterung der Nato,
- die Förderung von völkerrechtswidrigen Kriegen von Kosovo bis Syrien...“
Das ist doch alles weit weg.
Ein wenig regte man sich als die Schwarzen und Verschleierten die Straßen unsicher machten. Aber auch hier schmerzt es noch nicht.
Der deutsche Michel war schon immer spät dran und dann hat er oftmals auf der Überholspur seine „Messgeräte des Möglichen“ verloren und kam von der Spur ab.
Das muß jedoch kein rein deutsches Phänomen sein.
„Es entstanden jetzt gigantische Machtstrukturen
- die demokratisch nicht legitimiert & nicht abwählbar sind
- die jeder öffentlichen Rechenschaft entzogen sind
- die weitestgehend öffentlich unsichtbar sind
.. usw.
Noch können die etwas zu fetten Bäuche ausreichend gefüllt werden, noch reicht es für zweimal weg fliegen von der Maloche (oder wenigstens einmal) und noch regen wir uns über den hinterletzten Platz beim Eurovision-Contest mehr auf als über die immer unverschämt agierendere Staatsmafia.
WIR wählen die Kriminellen sogar immer wieder.
Wir fürchten das Unbekannte, weil wir Hosenschisser sind.
PROF. R. M.: „Vor jeder Theorie brauchen wir eine Analyse. Vor jedem politischen Handeln muß ein politisches Verstehen der Situation stehen, in der wir uns befinden.
Geschätzter Herr Professor Mausfeld!
Wer will das denn verstehen? 10 %, 15? Allerhöchstens 20, mehr auf gar keinen Fall.
Demgegenüber stehen 80 %!
War Demokratie nicht eine Veranstaltung von Mehrheiten?
Die Hoffnung, die wir trotz dieser gigantischen Asymmetrie haben ist, dass wir moralische Wesen sind & vin Natur aus Begriffe von Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität usw. verfügen. Diese moralischen Sensibilitäten können zwar in bestimmten historischen Konstellationen blockiert, oder pervertiert sein, aber sie NIE vollständig unterdrückbar.
Vollständig nicht, das waren sie auch bei den Hoch-Zeiten der braunen und roten Diktaturen nicht und sie sind es jetzt auch nicht.
Aber das reicht halt nicht. Blockade und Perversion genügen vollauf.
Da wir auch über die Befähigung zur Vernunft - das sind eigentlich die Quellen, die einen großen zivilisatorischen Fortschritt hervorgebracht haben - verfügen, die uns Hoffnung geben, dass es einen weiteren zivilisatorischen Fortschritt geben kann, & die vielen emanzipatorischen Bewegungen in dieser Welt sind eigentlich Ausdruck dieser Hoffnung.
Die Machtergreifung funktioniert vor allem deshalb, weil sich die Machtergreifer keinen Illusionen über die Schäfchen hingeben, so wie das z.B. die Theoretiker und Gelehrten immer machen.
Sie nehmen die Masse wie sie ist und versetzen sie nach und nach in Schwingung.
Ja, sie betrügen auch mit Vorsatz, aber das scheint ihnen nicht zu schaden.
Die Mehrheit will belogen werden.
Ein zweiter Aspekt der uns Hoffnung gibt =, die gegenwärtige Machtsituation = keine Folge irgendwelcher Naturgesetze.
Damit hatten sie NIE zu tun, jedenfalls keinen aus Physik und Chemie.
Mit ausgeklügelten psychologischen Konzepten, die auf geistigen Gesetzen basieren, aber sehr wohl.
Sie = eine Folge menschlicher Entscheidungen. Menschliche Entscheidungen können korrigiert & zurückgenommen werden.
Da hat er recht.
Wenn uns unser Leitideal einer menschenwürdigen, gerechten solidarischen Gesellschaft noch etwas bedeutet, dann = es unsere vordringliche Aufgabe, diese Korrekturen durchzuführen. Wir sind nicht nur verantwortlich für das was wir tun, wir sind auch für das verantwortlich, was wir nicht tun.“
Da auch.
Schaffen wir das?
Wollen wir das überhaupt schaffen?
mfG
nereus