Die arabische Seele zwischen Gemeinschaftszwang und schuldhaftem Autonomiestreben

Falkenauge @, Samstag, 20.05.2023, 10:05 vor 342 Tagen 1388 Views

Hier sehr wichtige detallierte Einblicke in die arabisch-islamische Seelenverfassung als Hintergrund zur Beurteilung der Massenmigration.
Dr. Burkhard Hofmann, ärztlicher Psychotherapeut mit eigener Praxis in Hamburg, kam früh über private Beziehungen in Kontakt zu einer größeren Zahl arabischer Patienten und seit zehn Jahren auch zu regelmäßigen Behandlungen an den Persischen Golf. Aus seinen intensiven Erfahrungen mit den seelischen Nöten arabisch-muslimischer Menschen entwickelte er anhand einer Reihe beispielhafter Fallgeschichten „Ein Psychogramm der arabischen Seele“, das er unter dem Titel „Und Gott schuf die Angst“ in Buchform veröffentlicht hat. Es macht den radikalen Unterschied zur individualistischen Kultur des Westens deutlich, der eine wirkliche Integration nur in Ausnahmefällen möglich macht.

Burkhard Hofmann weist eingangs darauf hin, dass es zwei Gruppen des arabischen Bürgertums gebe. Die eine sei in ihrer Lebensweise westlich orientiert, der Islam bilde zwar einen integrativen Teil ihrer Identität als „Kulturmuslim“, die Religion würde sie aber nur noch fragmentarisch oder gar nicht mehr aktiv leben. Die andere Gruppe sei mit der Religion auf fundamentale Weise verbunden, vergleichbar mit fundamentalistischen christlichen Sekten oder einem ultraorthodoxen Judentum. Sie gewinne seit 1979, dem Jahr der Islamischen Revolution unter Ajatollah Khomeini, immer mehr an Kraft und Bedeutung. Ihr Selbstverständnis sei der Gottesstaat, die absolute Einheit von Staat und Religion, wo der Glaube auch in weltlichen Fragen die letzte Autorität bleibe.
Aus der letzteren Gruppe stamme der größte Teil seiner Patienten.

Seine Beobachtungen seien nicht als eine wissenschaftlich präzise Abbildung der Wirklichkeit zu verstehen, sondern als Ansammlung von Fallgeschichten, die aber für sich schon ein Schlaglicht auf die Verfasstheit der arabischen Seele würfen. Nicht der Einzelfall imponiere, sondern die Uniformität der Erscheinungen in ihrer Quantität. (Hervorhebungen hl). Wie auch bei uns im Westen zeigten sich bei den seelisch Angeschlagenen wie unter einem Vergrößerungsglas die Probleme und Konflikte der Gesellschaft.

Vom Verbot der Loslösung

Von Mohammed sei in einem seiner Hadithe, den überlieferten Erzählungen über sein Leben und seine Aussagen, denen zur Interpretation des Korans große normative Kraft zukomme, der Satz enthalten: „Das Paradies liegt zu Füßen der Mutter.“
„Wie aus diesem oft zitierten Spruch Mohammeds herauszulesen, ist es dem Gläubigen verboten, sich loszulösen, es ist ihm verwehrt, Abhängigkeit und Bindung aufzulösen. Wie ein roter Faden zieht sich dies durch die gesamte arabisch-muslimische Kultur. Und es beginnt bei der Mutter. Sie wird unendlich respektiert, verehrt und gefürchtet, ein Loskommen ist unmöglich. Dieses Festkleben ist das Paradigma der gesamten Kultur.“

Der Ausspruch Mohammeds bedeute aber neben der auch für uns geltenden Kindheitserfahrung der Mutter am Anfang des Lebens, dass die Mutter im Islam auch am Ende des Lebens stehe.
„Nachdem Allah, so geht eine Erzählung, über dich gerichtet und deiner Seele aufgrund deines gottgefälligen Lebens Zutritt zum Himmel gewährt hat, steht dort noch die Mutter. Sagt sie Nein, ist Allahs Urteil hinfällig, und du gehst in die Hölle. Man ist ihr also selbst post mortem ausgeliefert, kommt nie von ihr los, bleibt ein ganzes Leben unter ihrem Einfluss.“

Das Bild der Mutter werde dadurch ungeheuer idealisiert. Um ohne Angst durchs Leben gehen zu können, so der Therapeut, sei der Mensch aber darauf angewiesen, realistische Bilder beider Elternteile in sich zu tragen, denn davon hänge auch ein realistisches Selbstbild ab. Ein falsches Selbstbild sorge z.B. durch eine überzogene Anspruchshaltung aufgrund einer grandiosen Selbstüberschätzung für häufige Frustrationen und ein allfälliges Scheitern. Nur ein realitätsbezogenes Selbstbild geleite uns elegant durchs Leben, ohne dass wir allzu häufig schmerzhaft anstoßen.

„Das Selbstbild braucht als Ausgangspunkt das wirklichkeitsnahe, erwachsene Begreifen der Persönlichkeiten der Eltern. Nur dann tragen uns diese Bilder der Eltern ohne die Furcht, dass sie unter dem Druck der Wirklichkeit zusammenbrechen, durchs Leben. Einer der Gründe, warum viele in Arabien das familiäre Umfeld nie verlassen, ist die Furcht vor diesem Zusammenbruch durch die Konfrontation mit dem Leben draußen, das dann auch Vergleiche zuließe.“

Die Auseinandersetzung mit dem Vaterbild falle in der Regel leichter, da der Vater ferner empfunden werde und als nicht so schicksalsentscheidend. Viele hätten ein extrem negatives Bild des Vaters. An ihm bleibe selten etwas Gutes hängen. Keine Kraft sei da, die das Kind von der Bindung an die Mutter weglocke und in die Welt führe. So blieben die Kinder im Übergang ins Vorschulalter in ihrer Entwicklung stecken: fixiert auf das Bild, das die Mutter von ihnen habe, und nicht verpflichtet auf das, was sie in der Welt wirklich darstellten.

Andererseits würden angesichts ganz offensichtlicher Mängel der Mutter bei der Aufzucht der Kinder solche Mängel erst einmal verleugnet, heruntergespielt, und es werde abwiegelnd Verständnis gezeigt. Die Mutter sei sakrosankt.
„In vielen Situationen wurde mir zu verstehen gegeben, ich würde verbotenes Terrain betreten, wenn ich nach der Mutter und den Empfindungen ihr gegenüber fragte, insbesondere dann, wenn ich mich nicht mit Floskeln abspeisen ließ. (…) Die dabei ausgelösten Schuldgefühle waren mir schon aus meinen Erfahrungen in Hamburg bekannt, hier in Arabien aber haben sie die Stärke eines Tsunamis. Wenn es um die Lebensbegründerin geht, hört aller Spaß auf. (…) Es dauerte lange, bis ich deutlich machen konnte, dass Schuld auch eine Art Deckel sein kann, unter dem sich womöglich das Eigentliche verbirgt. Ein Beziehungskleber, der das, was längst entzweit ist, im Negativen wieder zusammenfügt, um die Illusion einer bestehenden unverbrüchlichen Beziehung wieder aufzubauen.“

Wie sich zeige, lebten viele der arabischen Patienten in dem Dilemma, schon lange diese Unverbrüchlichkeit verloren zu haben, ohne dies zu wissen oder wissen zu dürfen. Zu stark sei der innere Zensor, der verbiete, sich dies einzugestehen. Denn dahinter begänne die Einsamkeit, so die Befürchtung, die nicht auszuhalten wäre.

Zentralpunkt Familie

Auch ohne den zitierten Hadith sei die Verpflichtung zu ewiger Treue gegenüber der Familie und der dort tradierten Kultur allmächtig. Die weitverbreitete Neigung, den Nachwuchs zu verwöhnen, festige diese Bildung noch, selbst wenn sie unpersönlich bleibe. Die Bindung an die Familie sei mehr eine Bindung an eine Instanz als an eine Person. Von dieser würde eine Lösung leichter fallen, da sich in der Auseinandersetzung mit ihr ein eigenes Selbst entwickeln könne.

Die Vorgaben der Kultur, die der Islam vermittle, bestimmten die Regeln des familiären Zusammenlebens im Sinne des Trennungsverbotes. Dr. Hofmann illustriert dies mit einer kurzen Episode: weiterlesen

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