Deutschlands Erniedrigung, Versklavung und Verelendung begann 1933.
Es ist halt eigenartig, daß jemand, von dem man es am wenigsten erwarten würde, ein Sozialist, Gewerkschafter und Mitarbeiter Aristide Briands (beim Völkerbund) zu ganz anderen Ergebnissen kommt, Francis Delaisi in seinem 1942 erschienenen Buch *La Révolution européenne*.
Francis Delaisi, La Revolution Européenne, Auszüge:
S. 129:
Nur ein Volk habe versucht, die vier großen Probleme der liberalkapitalistischen Ökonomie zu lösen, die regelmäßig zum Zusammenbruch führen. Innerhalb von nur 10 Jahren habe es trotz der inneren und äußeren Schwierigkeiten kühnste und neuartigste Transformationen bewerkstelligt.
*Heute sehen wir die Resultate in hellem Tageslicht: ein ganzes Volk wieder in Arbeit gebracht, der soziale Frieden etabliert. Enorme öffentliche Arbeiten ohne Inflation finanziert, eine Wirtschaft, die so gut organisiert ist, daß sie ohne schwächer zu werden, seit drei Jahren einen durchgehend siegreichen Krieg aushält, der von den liberalen Nationen geführt wird, die über die meisten Ressourcen der Welt verfügen.*
An anderer Stelle schreibt er , weil Deutschland seine Wirtschaft wieder in Schwung gebracht habe, sei es mit Krieg überzogen worden.
Bei Churchill finden wir eine ähnliche Aussage, überliefert von General Maxime Weygand (Konferenz der Alliierten Oberkommandierenden auf Chateau Muguet).
S. 162:
*Die deutschen Löhne sind die höchsten in Europa. Eine Tatsache, die von 2,5 Millionen französischen, belgischen, holländischen, italienischen, ungarischen etc. Arbeitern jeden Tag bestätigt wird, und man kann es ihnen glauben, denn ihr Engagement ist freiwillig. Andernfalls wären sie längst nach Hause zurückgekehrt.*
Delaisi bezeichnet die Demokratien als Staatsgebilde der kapitalistischen Geldelite und die des Faschismus als proletarisch.
Innerhalb von vier Jahren seien in Nazi-Deutschland die Löhne der Arbeiter um 20% gestiegen, (S. 168).
*Die Sozialpolitik ist der schönste Erfolg des neuen Reiches*, (S. 170).
S. 181:
Die Börsenmakler der City of London und Wall Steet hätten begriffen, daß das für sie so profitable System des Goldstandards bedroht sei.
*Um es zu retten, dachten sie, gibt es kein anderes Mittel, als die Ketzernation (Deutschland, M.) zu vernichten, die die Grundlage ihres Reichtums und ihrer Herrschaft angegriffen hat.*
S. 282:
*Also schlägt das neue Reich den 27 europäischen Staaten vor, jenen Lebensraum (espace vital) gemeinsam zu nutzen, auf dem sie seit so vielen Jahrhunderten leben. Jeder wird seinen Platz und Charakter behalten, aber alle verkaufen auf der Basis von Gleichheit ihre Produkte und tätigen Einkäufe unter dem gleichen Geld- und Zollsystem.*
Laut Francis Delasi konnte bislang nur die NS-Wirtschaftspolitik eine tragfähige Antwort auf die vom angloamerikanischen Kapitalismus erzeugten Probleme geben.
Hitlers und Schachts Modell habe vor allem im sozialen Bereich derart glänzende Erfolge gebracht, daß früher oder später auch andere Länder das deutsche Vorbild übernommen hätten.
Um dieser für die Dominanz von City of London und Wall Street tödlichen Gefahr zu entgehen, hätte Angloamerika den Zweiten Weltkrieg angezettelt.
Mir fällt bei Delaisi auf, daß er tatsächlich die USA zusammen mit GB, nicht etwa Deutschland als Ursache der meisten Weltübel betrachtet, was so ziemlich das Letzte ist, was man von einem Sozialisten, Gewerkschafter und Mann mit Völkerbund-Kontakten erwarten würde.
Francis Delaisi, 1873-1947, hatte Geschichte studiert und wirkte seit 1900 als Journalist in Paris. In der Vorkriegszeit sympathisierte er mit der revolutionären sozialistischen Linken. Er verfasste zahlreiche kritische Artikel und Schriften zum politischen und wirtschaftlichen Zeitgeschehen und dessen Hintergründen.
Eines dieser Bücher zum Beispiel war «La democratie et les financiers» («Die Demokratie und die Finanzwelt»), Paris 1910, in dem er darstellte, in welchem Ausmaße Frankreich - trotz seiner demokratischen Institutionen - in Wirklichkeit von einer Finanzoligarchie beherrscht wurde.
Im zweiten Kapitel seines Buches findet sich sogar unter dem Titel «L'etat-major du capitalisme» eine Liste der wichtigsten französischen Finanzoligarchen. Bekannt wurde Delaisi auch durch seine Schrift «La Guerre qui vient» («Der kommende Krieg»), Paris 1911, in der er einen großen Krieg zwischen Deutschland und England, unterstützt von Frankreich, voraussagte.
Kurzer Auszug:
*Scheint es nicht Unsinn, von einem Krieg von morgen zu sprechen, von einem Krieg, der vielleicht möglich ist, der kommen kann!
Sicher ist, wenn es nur nach dem Gefühl des einfachen Volkes in allen Staaten ginge, dann gäbe es nichts zu befürchten.
(...)
Es müßte also alles gut gehen und wir könnten ganz ruhig sein, wenn die Völker wirklich die Herren ihrer Geschicke wären.
Nun ist aber unglücklicherweise kein Volk Herr über seine auswärtige Politik. Deren Ausübung ist die ausschließliche Domäne einer kleinen Zahl von Staatsbeamten, die man Diplomaten heißt. Diese äußerst soignierten Leute rekrutieren sich überall, auch in unserer Republik, aus dem Briefadel oder aus dem Geldadel, und sie alle sind ganz in Händen der Finanz oder der Industrie und arbeiten nur für deren auswärtige Anleihen und Aufträge.
Ein Botschafter ist heutzutage mitsamt seinem gestickten Rock nichts anderes mehr als ein Agent der Banken oder der großen Handelshäuser.
Man wird einwerfen, über den Botschaftern stünde der Minister des Auswärtigen als ihr Chef, und er wäre den Volksvertretungen verantwortlich.
Was ist es aber mit dieser Verantwortlichkeit? Wenn ein Abgeordneter eine Frage über irgendeine auswärtige Angelegenheit stellt, dann antwortet die Regierung immer wieder mit denselben unbestimmten und feierlichen Erklärungen über Bestrebungen zur Erhaltung des Friedens und über das europäische Gleichgewicht. Und wenn genauere Auskunft verlangt wird, weiß man die Antwort schon im voraus: es handelt sich um diplomatische Geheimnisse.
Dank diesem System wissen weder die Völker noch die Parlamente etwas. Und ohne daß sie es ahnen, können sie durch ein paar Menschen in die schwersten Konflikte gebracht und in Kriege verwickelt werden.*
Monterone,
der wieder einmal dringend empfiehlt, die Bücher und Aufsätze des Erbfeinds zu lesen, nicht nur weil sie in der Regel überragend gut sind, vor allem aber, weil man den Autoren keine germanophile Voreingenommenheit unterstellen kann, so daß es doppelt schwer wiegt, wenn sie zu einem positiven Urteil über Deutschland kommen.
Dieses Buch könnte ebenfalls sehr interessant sein, um zu einem besseren Urteil über die berüchtigten 12 Jahre zu kommen, das ich noch nicht gelesen habe, was man so hört, soll es einige geschichtliche Vorurteile auf den Kopf stellen: Cesare Santoro, Hitler Germany as Seen by a Foreigner, (Berlin 1939) oder *Quatre années d'Allemagne d'Hitler. Vue par un étranger. Avec 10 graphiques et une annexe.*