OT: Russisch Lernen für Anfänger aller Altersklassen - Der Mythos von der 'Fremdsprache'

Literaturhinweis @, Mittwoch, 08.02.2017, 19:58 vor 2641 Tagen 7804 Views

bearbeitet von unbekannt, Mittwoch, 08.02.2017, 20:18

Aus aktuellem Anlaß:

zumindest mit der russischen Schrift vertraut machen. Etwas Russisch zu sprechen, wäre noch besser.

Allgemein wird die Meinung vertreten, daß es 'Fremdsprachen' gebe. Das sind alle anderen außer denen (oder der einen einzigen), die man als Kleinstkind zu lernen und später 'beherrschen' gelernt hat. Sprachwissenschaftler sehen das etwas differenzierter.

Jedoch war einst diese erste Sprache auch eine fremde Sprache, und man sehe/höre, wie gut sie letztlich jede/r innerhalb kürzester Zeit erlernt hat, ohne Vokabel-Pauken und ohne extra Unterrichtsstunden, ohne Lehrbücher und ohne Prüfungen oder Klassenarbeiten. Selbst Kinder, deren Eltern ausgebildete Lehrer sind, blieben von dem Unsinn verschont, was noch mehr zu denken geben sollte.

Wie hat nun das Kleinkind 'seine' Sprache gelernt, also etwa das in Spanien adoptierte Inuit-Waisenkind Spanisch oder die kenianische Waise in Deutschland Deutsch?

Offenbar, indem es Gegegenstände gesehen und gleichzeitig oder relativ zeitnah das zugehörige Wort vernommen hat. So kam es dann zur Assoziation von

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mit "ˈpʊpə"

oder

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mit "pleɪt".

Erst viel, viel später, in vielen Ländern gar nicht und in Deutschland nur zu ca. 75%, lernte es dann diese Wörter auch noch zu schreiben.

Wie 'funktioniert' nun der normale 'Sprachkurs'? Er fängt mit dem Schreiben an und alle finden das auch noch gut. Kein Wunder, daß das schwerfällt, etwa so ungewohnt und mühselig, wie wenn Obama statt Laufen zu lernen erst mit Branson Kitesurfen probiert hätte.

Von daher sind die käuflich angebotenen Sprachkurse ziemliche Krücken und die Sprachkurse, die obigen Kriterien genügen würden, gibt es nicht käuflich zu erwerben.

Weshalb ich hier nur auf die eingehen kann, die man kaufen kann, und hier wird seit vielen Jahren um Rosetta Stone ein Riesen-'Hype' gemacht.

Das Problem bei Rosetta Stone ist allerdings, daß man eigentlich erst einmal den Kurs in der eigenen Muttersprache durchgemacht haben sollte, bevor man den in die eigentlich beabsichtigten Zielsprache überhaupt erst beginnt. Denn Rosetta Stone verwendet meist komplexe Bilder (Flugzeug mit Flügeln und Propeller, Kind daneben/darunter, Landebahn, Gras etc.) und der der Fremdsprache eben gerade nicht mächtige soll dann erraten, daß der Satz in Urdu, Russisch, Türkisch, Tagalog 'Der Junge sitzt unter dem Flugzeug' bedeuten soll. Und noch mehr soll er/sie raten, welche der Phonemschlangen denn nun 'unter' und welche 'Flugzeug' heißt. Das führt erfahrungsgemäß nach den ersten noch einfachen Lektionen zu zunehmendem Frust.

Wie dem auch sei, für manchen scheint Rosetta Stone immerhin besser zu funktionieren als andere Sprachkurse, aber besser bedient wäre gerade der Anfänger, wenn er mit einem Muttersprachler einfach durch einen Supermarkt liefe und dieser ihm bei jeder Frucht (Orange, Apfel ...), bei jeder Konserve (Dose), bei jedem Fisch (Garnele, Aal, daneben das zerstoßene Eis usw.) vorsprechen würde, was er da sieht und fühlt. Nach wenigen Tagen wäre diese Person bereits in der Lage, mit einer muttersprachlichen Einkaufsliste sich in einem Kramladen vollständig durchzufragen.

Und, bitteschön: vorsagen und nachsprechen - nicht alleine in den Supermarkt gehen und versuchen, Schilder zu entziffern. Das wäre ja wieder Schriftsprache, die man tunlich erst zu lernen beginnt, wenn das Mündliche bereits 'sitzt'. Woher will man denn wissen, ob dort 'Apfel' auf Russisch steht und nicht vielleicht 'ungespritzt'? Das gäbe eine kabarettreife Sprachvorstellung, wenn man es auf diese Art versuchte, so müssen auch die Cargo-Kulte entstanden sein, Ethnologie auf Rädern.

Zum angesprochenen Thema des Lernens eines fremden Alphabetes:

Es gibt selbst dafür Bücher. Mal ehrlich: wieviele Buchstaben hat das 'lateinische' Alphabet ohne Umlaute? 25. Die meisten Alphabete haben vielleicht am Ende 32 Buchstaben. Wieviele Karten hat ein Kartenspiel? 32. Wie lange brauchen Kinder, um Doppelkopf oder Skat zu lernen? Einen Vormittag. Wo wäre der Unterschied?

Beim russischen Alphabet kommt noch dazu, daß es nur ein Drittel zum deutschen Alphabet zu lernende Abweichungen gibt. Wer da länger als eine Stunde benötigt, macht echt was falsch. Siehe auch kyrillische Transliteration.

Vorsicht ist höchstens geboten, weil es ein paar täuschend ähnliche gibt, die was ganz anderes 'bedeuten', etwas, das selbst große Verlage mit Lektor sich nicht entblöden, falsch zu machen:

[image]

- Russische Sprachkurse allgemein und in anderer Sortierung

- Fachwortschatz Russisch

- Russisch lernen für Kinder

Siehe auch IPA dictionaries on the web.

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Wenn ich noch wüsste....

Mephistopheles, Mittwoch, 08.02.2017, 22:48 vor 2641 Tagen @ Literaturhinweis 4345 Views

Jedoch war einst diese erste Sprache auch eine fremde Sprache, und
man sehe/höre, wie gut sie letztlich jede/r innerhalb kürzester
Zeit erlernt hat, ohne Vokabel-Pauken und ohne extra Unterrichtsstunden,
ohne Lehrbücher und ohne Prüfungen oder Klassenarbeiten. Selbst Kinder,
deren Eltern ausgebildete Lehrer sind, blieben von dem Unsinn verschont,
was noch mehr zu denken geben sollte.

....wie ich das damals gemacht habe, die erste Fremdsprache zu erlernen.
Dann wäre es wohl kein Problem, das heute zu wiederholen. [[top]] [[top]]

Aber leider konnte ich sie bei meinen frühesten Erinnerungen bereits einwandfrei sprechen. [[freude]] [[freude]]

Ich kann mich jedoch ums Verrecken nicht daran erinnern, wie ich das damals gelernt habe. [[lach]]


Gruß Mephistopheles

Das klingt mir fast so, als ob Du keine Kinder hättest? Ich hatte es doch ansatzweise beschrieben ...

Literaturhinweis @, Donnerstag, 09.02.2017, 11:20 vor 2640 Tagen @ Mephistopheles 3906 Views

bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 28.02.2017, 18:43

Aber leider konnte ich sie bei meinen frühesten Erinnerungen bereits einwandfrei sprechen. ... wie ich das damals gemacht habe, die erste Fremdsprache zu erlernen. ... Aber leider konnte ich sie bei meinen frühesten Erinnerungen bereits einwandfrei sprechen.

Also abgesehen davon, daß ich tatsächlich noch rudimentäre Erinnerungen an meine Zeit vor dem dritten Lebensjahr und einige in diese Zeit fallende 'Aha-Erlebnisse' habe, erschließt sich das mit dem Erstspracherwerb natürlich nicht dem dabei instinktiv-intuitiv vorgehenden Kind selbst, sondern den Bezugspersonen, die daraus dann die entsprechenden Analogieschlüsse zu ziehen vermögen.

Abgesehen davon hatte ich dazu geschrieben:

Wie hat nun das Kleinkind 'seine' Sprache gelernt, also etwa das in Spanien adoptierte Inuit-Waisenkind Spanisch oder die kenianische Waise in Deutschland Deutsch?
Offenbar, indem es Gegegenstände gesehen und gleichzeitig oder relativ zeitnah das zugehörige Wort vernommen hat.
... besser bedient wäre gerade der Anfänger, wenn er mit einem Muttersprachler einfach durch einen Supermarkt liefe und dieser ihm bei jeder Frucht (Orange, Apfel ...), bei jeder Konserve (Dose), bei jedem Fisch (Garnele, Aal, daneben das zerstoßene Eis usw.) vorsprechen würde, was er da sieht und fühlt. Nach wenigen Tagen wäre diese Person bereits in der Lage, mit einer muttersprachlichen Einkaufsliste sich in einem Kramladen vollständig durchzufragen.

Das ist es im wesentlichen - keine Grammatik, kein Schriftkram, kein Vokabel'pauken' ... siehe z.B. "Wie lernt ein Kind seine Sprache?". Siehe auch Chomsky und andere.

Ich weiß, es klingt zu einfach. Man sollte auch hinterfragen, ob Erwachsene wirklich je laufen gelernt haben. Ich glaube, mich dunkel zu erinnern, daß es da erhebliche Unterschiede gibt, manche lernen das, glaube ich, erst in einem Volkshochschulkurs, manche haben dafür gar erst Zeit nach ihrer Pensionierung und selbst dann brauchen sie noch Stöcke.

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Ich weiß noch ganz gut, wie das war.

Griba @, Dunkeldeutschland, Donnerstag, 09.02.2017, 13:17 vor 2640 Tagen @ Mephistopheles 3384 Views

Ich habe die Worte der Erwachsenen nachgesprochen und die Reaktion dieser abgewartet - und mich ggf. korrigiert. Das war insofern einfach, da mir in dem Alter "ausgelacht werden" normal erschien (und wohl auch war). In der Schule war es im Fremdsprachenunterricht anders, da ließ einem das gedachte, am Gesichtsausdruck abzusehende "oh Gott" der Lehrerin bzw. deren Korrektur: "Wie heißt es richtig - wer weiß es?", recht rasch verstummen...

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Beste Grüße

GRIBA

Russisch lernen für Anfänger

Kirsch @, Harz, Donnerstag, 09.02.2017, 08:22 vor 2640 Tagen @ Literaturhinweis 4246 Views

zumindest mit der russischen Schrift vertraut machen. Etwas Russisch zu

sprechen, wäre noch besser.

danke für die Tipps in dem Beitrag! Ich habe mir meinen langjährigen Wunsch erfüllt und für diesen Sommer meine Traumreise gebucht: 20 Tage mit der Transib/Transmongol von Moskau durch Russland, Sibirien, Baikalsee nach China und Shanghai, zwar eine geführte Reise, aber in der einfachen Ausführung (4-Bett Schlafwaggons) und das als alleinreisende Frau im reifen Alter von 69 Jahren!
Aus den angeführten Sprachführern habe ich mir gleich meine Lernlektüre bestellt! Ich freu mich schon sehr darauf und werde die Zeit bis dahin nutzen!
kirsch

Russisch-deutsche zweisprachige Buch-Ausgaben & weitere Studien- & Lernmöglichkeiten für die russische Sprache/Rußlandführer

Literaturhinweis @, Donnerstag, 09.02.2017, 11:51 vor 2640 Tagen @ Literaturhinweis 3555 Views

Da das offenbar auf fruchtbaren Boden fällt:

Man kann ja verschiedene Wege gehen, um sich einer bisher unbekannten Sprache zu nähern. Die natürlichste, es dem Mutterspracherwerb nachzutun, hatte ich ja oben und hier erwähnt.

Ein weiterer gangbarer Weg, zumindest, nachdem man sich ein gewisses Grundvokabular angeeignet hat, ist, zweisprachige russisch-deutsche Ausgaben zu lesen.

Oder z.B. russische Bildwörterbücher und Russisch-Sprachführer.

Dann sind als Vorbereitung auch Rußland-Reiseführer keine schlechte Idee - in den meisten Ländern gibt es gewisse Eigenheiten, die man dann plötzlich mühelos versteht, wenn man sich vorab damit befaßt hat, während man ansonstern wie 'der Ochs' vor'm Berg' dasteht, z.B. so etwas wie "Russland-Knigge: Basiswissen in 50 x 2 Minuten".

Ansonsten gibt es im Internet sehr viele anfängergeeignete Webseiten zur russischen Kultur, etwa der

- Russischen Botschaft

- Bundeszentrale für politische Bildung

- Wikipedia - Kategorie:Kultur (Russland)

- eidam&partner: kulturelle werte in russland

- kulturportal-russland.de

und tausende andere.

Dann kann man die Riesenwelt der Webseiten zur russischen Sprache durchforsten (hier auf Englisch - in Deutsch sind die Suchergebnisse für so etwas meist weniger eindeutig).

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