Neue Proteste in Rumänien – Justizskandal – Korruption
Seit kurzem gehen die Leute wieder auf die Straße, dieses Mal gegen die Justiz. Überwiegend sind es jüngere Leute, Studenten, Intellektuelle, die diese Zusammenhänge im Justizskandal begriffen haben. Das betrifft nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die Universitätsstadt Klausenburg (Cluj-Napoca).
Worum gehts:
Ein Gruppe von investigativen Journalisten, die nicht vom Staat bezahlt werden, hat hier eine Schweinerei der höchsten Kategorie aufgedeckt. Es geht darum, dass Politiker ihren Einfluss auf die Justiz derart ausgedehnt haben, damit Anklagen im Sinne der Korruption oder anderen Betrügereien (meist in Millionenhöhe) kontrolliert und das Ergebnis vorbestimmt wird. Die Nutznießer davon sind überwiegend korrupte Politiker, aber auch andere wichtige Personen, die der Politik nahestehen.
Zu Beginn ist für mich die Frage wichtig, wer sind diese „Aufdecker“? Hier eine Selbstdarstellung:
Recorder ist eine Publikation, die von Journalisten gegründet wurde und sich in deren Besitz befindet. Das Projekt wurde 2017 ins Leben gerufen, seine Gründer sind Cristian Delcea, Mihai Voinea, Andrei Crăciun und Răzvan Ionescu. Recorder finanziert sich größtenteils aus Spenden, und die redaktionelle Politik basiert auf folgenden Grundsätzen: ehrlicher Journalismus, mit Leidenschaft betrieben und im Dienste der Öffentlichkeit.
Diese Gruppe steht zwar bei so manchem Politiker im Fokus, aber sie behaupten sich. Nun haben sie etwas aufgedeckt, was schier unglaublich ist. Ihre Erkenntnisse haben sie in einem zweistündigen Video zusammengefasst und veröffentlicht, vor allem mit Zeugenaussagen der Insider des Justizapparates.
Hier das Video (2 Std.):
https://www.youtube.com/watch?v=TpUDm4ay-B8
Ich weiß nicht, ob es Übersetzungssysteme gibt, die den rumänischen Wortlaut des Videos in andere Sprachen übersetzen. Aber der Inhalt ist mehr als brisant. Die Beschreibung der Verfasser des Videos (übersetzt):
Nachdem die Justiz einige Jahre lang fast vollständig aus der öffentlichen Agenda verschwunden war, sah sich die rumänische Gesellschaft mit einer schwer zu verdauenden Realität konfrontiert, in der Fälle von schwerer Korruption systematisch begraben werden. Berühmte Angeklagte, die in erster Instanz zu hohen Haftstrafen verurteilt worden waren, wurden in der Berufung freigesprochen, Prozesse wurden so lange hinausgezögert, bis die Taten verjährten, rechtskräftige Urteile wurden neu bewertet und einfach getilgt. Darüber hinaus kamen Verdächtigungen auf, dass die DNA strafrechtliche Ermittlungen blockiert habe.
„Man hat das Gefühl, dass man, egal was man tut, davonkommt“, sagt einer der Richter, die wir interviewt haben. Derselbe Richter gab bei der letzten Bilanz der Generalstaatsanwaltschaft eine schockierende Erklärung ab: „Rumänien ist eher ein Paradies für Kriminelle als ein Rechtsstaat.“
Wie ist es zu dieser Situation gekommen? Dieser zweistündige Dokumentarfilm, der die Ergebnisse von mehr als anderthalb Jahren Recherchearbeit zusammenfasst, versucht, die komplizierten Mechanismen zu erklären, durch die das Justizsystem, ein wichtiger Pfeiler jedes demokratischen Staates, von einer Interessengruppe aus Richtern und Politikern vereinnahmt wurde.
Vereinfacht gesagt sieht der Pakt zwischen den beiden Lagern so aus: Die Politik hat Gesetze geschaffen, die eine pyramidenförmige Organisation des Justizsystems begünstigen und die gesamte Macht in die Hände einer kleinen Gruppe von Richtern legen, und diese Handvoll Richter hat im Gegenzug eine Justiz geschaffen, die die Mächtigen nicht mehr stört.
Die Aussagen, die wir aus dem Justizsystem gesammelt haben und die wir in diesem Artikel präsentieren, sind von beispielloser Schwere. Sie berichten von Fällen schwerer Korruption, in denen Richtern nahegelegt wird, zugunsten der Angeklagten zu entscheiden, von eklatanten Verstößen gegen den Grundsatz der zufälligen Fallverteilung durch willkürliche Änderungen der Zusammensetzung der Richtergremien und davon, wie Richter, die sich nicht fügen, ausgegrenzt, durch Ermittlungen der Justizaufsicht schikaniert und manchmal sogar aus der Justiz ausgeschlossen werden.
Die Folgen dieser dramatischen Realitäten betreffen uns alle, denn eine demokratische Gesellschaft kann ohne eine unabhängige Justiz nicht überleben.
Hier ein Überblick über die aktuellen Demos in Rumänien:
https://hotnews.ro/protest-pentru-o-justitie-independenta-dupa-documentarul-recorder-21...
Ein Absatz aus dem Kommentar:
Die Untersuchung von Recorder hat konkrete Fälle aufgezeigt, in denen politisch vernetzte oder geschäftlich sehr einflussreiche Angeklagte wie Marian Vanghelie, Cristian Burci oder Puiu Popoviciu von langwierigen Verfahren profitierten, die bis zur Verjährung dauerten. Die Verlängerung der Verfahren wurde durch den Wechsel der Richtergremien durch die Gerichtsleitung erreicht, einschließlich des Wechsels zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung.
Eine weitere Meldung von hotnews:
https://hotnews.ro/intr-o-investigatie-recorder-seful-dna-voineag-este-acuzat-de-o-proc...
Nun ein paar Absätze aus der Beschreibung des Inhaltes (übersetzt):
Wie es dazu kam, dass Rumänien eine „Justiz hat, die von einer Interessengruppe aus Richtern und Politikern gekapert wurde”. Der Pakt zwischen den beiden Lagern, aufgedeckt von Recorder / „Eher ein Paradies für Kriminelle als ein Rechtsstaat”
Sowohl Liviu Lascu, ehemaliger Leiter der Militärabteilung der DNA (= Antikorruptionsbehörde), als auch die anonym bleibende Staatsanwältin der DNA behaupteten, dass der Chefankläger der DNA, Marius Voineag, seit seinem Eintritt in die Behörde „die Kontrolle über die Akten” gefordert habe.
„Das ist unter der früheren Leitung nie vorgekommen”, berichtete Lascu.
Die Staatsanwältin, deren Identität von Recorder geschützt wird, berichtete, dass seit der Ernennung von Voineag zum Chefankläger die mit den Fällen befassten Staatsanwälte aufgefordert worden seien, dem Chef der DNA jeden Antrag zu melden, der beim Richter für Rechte und Freiheiten gestellt wurde.
Die Anträge an den Richter für Rechte und Freiheiten beziehen sich im Allgemeinen entweder auf Festnahmen, Durchsuchungen oder die Überwachung von Telefonaten und Kommunikationen der in den Akten verfolgten Personen.
Voineag, so der Dokumentarfilm von Recorder, lehnte die Bitte der Journalisten um ein Interview ab.
Was in der DNA geschieht, ist kein Einzelfall, sagte dieselbe Staatsanwältin, die unter dem Schutz der Anonymität und mit veränderter Stimme interviewt wurde. Die Staatsanwältin erklärte: „Die Resignation ist im gesamten Justizsystem zu spüren.“
Mittlerweile beginnen schon nach zwei Tagen die ersten Repressalien gegen Leute in der Justiz, die noch im Amt sind und sich aber nicht gescheut haben, offen mit ihrem Namen über diese skandalösen Zustände zu sprechen.
https://www.g4media.ro/incep-represaliile-impotriva-magistratilor-care-au-depus-marturi...
Ein Absatz daraus (übersetzt):
Die Repressalien gegen die Richter, die in der Dokumentation „Recorder despre Justiție” (Aufzeichnung über die Justiz) ausgesagt haben, beginnen. Der erste ist Laurențiu Beșu.
Das Berufungsgericht Bukarest hat am Mittwoch eine Pressemitteilung „im Zusammenhang mit den diffamierenden und sachlich unbegründeten Äußerungen eines Richters in der Recorder-Untersuchung” herausgegeben. Es handelt sich um den Richter Laurențiu Beșu vom Gericht Bukarest, der, obwohl er noch im Amt ist, beschlossen hat, mit Bild, Namen und Vornamen in der betreffenden Untersuchung aufzutreten.
Da wird es wieder „Bauernopfer“ geben, als Rechtfertigung der Justiz-Mafia.
Mein Fazit:
Erst die Rechtsbeugung durch das Verfassungsgericht hinsichtlich der Annullierung der Präsidentenwahl, und nun das. Bin gespannt, wohin das noch führt.
Aber Brüssel schweigt, weil man diesen aktuellen und unfähigen Präsidenten für die NATO-Ziele braucht. Genauso wie die amtierende Regierung.