Ein Beitrag gegen das Vergessen: Antrittsrede von Willy Brandt zum 10. Deutschen Bundestag

helmut-1, Siebenbürgen, Donnerstag, 11.09.2025, 16:22 (vor 86 Tagen)1521 Views

Ich bin beileibe kein Anhänger von Willy Brandt, und stand seinen Ansichten in politischer Hinsicht meist konträr gegenüber. Am meisten hat mich gestört, welchen Meinungswandel er vollzogen hat, im Vergleich zu seiner Zeit als Bürgermeister von Berlin und später als Bundeskanzler.

Aber es ist nicht falsch, sich auch mal zurückzuerinnern, und zu vergleichen, welche Meinungen vor 40 Jahren vertreten wurden und was davon in der heutigen Zeit übrig geblieben ist.

Die Antrittsrede von Brandt am 29.3.1983:

https://dserver.bundestag.de/btp/10/10001.pdf

Ich zitiere daraus zwei Passagen:

Zur Aufrüstung:

Und niemand wird bezweifeln können, daß eine zunehmende Zahl von Menschen bei uns in der Bundesrepublik — gewiß eine deutliche Mehrheit nicht nur der jüngeren — gegen den internationalen Rüstungswettlauf aufbegehrt; (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der GRÜNEN) einen internationalen Rüstungswettlauf, der gewiß auch eine der Hauptursachen — mittlerweile die Hauptursache — der Weltwirtschaftskrise ist einschließlich der sich in weiten Teilen der Dritten Welt noch verschärfenden Not.

Viele derer, die uns hierher geschickt haben, erwarten von uns, wir sollten den Einfluß der Bundesrepublik Deutschland so zur Geltung bringen, daß mindestens ein Teil der heute weltweit für militärische Zwecke aufgewendeten Mittel so umgelenkt wird, daß er dem Kampf gegen Hunger und Elend zugute kommt, (Beifall bei der SPD und bei Abgeordnetender CDU/CSU, der FDP und der GRÜNEN) und daß durch partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern beiderseitiger und allseitiger Vorteil erzielt wird.

Stellen wir uns vor, wir könnten zusammen mit anderen im Zuge erfolgreicher Abrüstungsverhandlungen eine Art Marshallplan für die Dritte Welt in Gang bringen. Die eigenen Beschäftigungsprobleme sähen auf Jahre hinaus völlig anders aus.

Und dazu die prinzipielle Einstellung:

Und noch einmal sage ich es: Das Parlament in seiner Gesamtheit — und jeder Abgeordnete für sich — ist dazu berufen, darüber zu wachen, daß die auf Zeit vergebene demokratisch-politische Macht zum Wohle aller gebraucht wird. Die letzte und erste Instanz demokratischer Souveränität ist das Volk. Der Bundestag ist seine ständige Vertretung. Wir, die Mitglieder des Bundestages, haben unser Mandat als Lehen der Bürger empfangen, und so haben wir es wahrzunehmen. Unser Auftrag ist auf Zeit erteilt.

In diesem Geiste und in diesem Wollen werden wir — so hoffe ich — manche Sorgen ausräumen können, die unser Volk belasten. Das beste, das ich uns wünschen kann, ist: Mögen viele Menschen mit ihren Sorgen und mit ihren Hoffnungen sich in dem wiederfinden, was wir hier im Hause beraten und beschließen werden.

Gretchenfrage: Was ist davon übriggeblieben?


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