Dem Kontrafunk wurde das Bankkonto gekündigt. Wie weit darf Vertragsfreiheit gehen, ohne eine Person oder ein Unternehmen existentiell zu gefährden?
bearbeitet von Plancius, Donnerstag, 06.02.2025, 11:10
Ohne ein Bankkonto kann sowohl eine Person als auch ein Unternehmen heutzutage nicht am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen. Es ist sowohl in seiner Freiheit bzw. seiner bloßen Existenz in höchstem Maße gefährdet.
Dem AfD Bundesvorstand ist vor kurzem die Bankverbindung gekündigt worden, jetzt hat es den Kontrafunk getroffen. Beide Fälle jeweils ohne eine Begründung. In beiden Fällen ist davon auszugehen, dass die politische Aktivität bzw. die politische Meinung des Kunden dem Vorstand der Bank nicht gepasst haben.
Nun sagt man ja, bei uns gilt Vertragsfreiheit. Jeder kann mit jedem ein Geschäft abschließen, mit wem er möchte oder es unterlassen, wenn ihm die Nase des anderen nicht passt.
Ich kann ja auch einem Dachdecker einen Auftrag verwehren, weil er für die GRÜNEN in der Stadtvertretung sitzt. Dann geht dem Dachdecker auch ein Auftrag von mir durch die Lappen, nur wegen seiner politischen Aktivität, auch wenn ich sonst seine Arbeit und sein Preis-/Leistungsverhältnis schätze.
Problematisch wird es jedoch, wenn es keinen freien Wettbewerb am Markt mehr gibt, es gar Oligopole oder Monopole gibt und diese wenigen Oligopole und Monopole sich absprechen, auch wenn es nur informell oder durch den Zeitgeist bedingt ist, bestimmte Gruppen wegen ihrer Meinung, ihres Lebensstils usw. nicht mehr mit ihrer Leistung zu bedienen.
Die Kündigung eines Bankkontos ist mit erheblichen Aufwendungen und wirtschaftlichen Schäden verbunden, selbst wenn man eine neue Bank findet.
Es kann jedoch auch sein, dass mir das Bankkonto gekündigt wird, wenn ich eine Spende an die AfD weiterleite. Dann kann allein schon diese Angst vor einer Kontokündigung mich davon abhalten, mich für die AfD zu engagieren.
Und wo fängt es an und wo hört es auf?
Verweigert mir morgen die Lufthansa ein Flugticket oder die Deutsche Bahn eine Fahrkarte?
Behandelt mich mein Hausarzt nicht mehr?
Sperrt mich der Edeka morgen aus, wenn ich meine Lebensmittel dort kaufen möchte?
Verkauft mir der Bäcker keine Brötchen mehr?
Man sieht, das Ausschließen bestimmter Gruppen vom Beziehen von Leistungen gegen Entgelt kann auch ganz schnell die physische, nicht nur wirtschaftliche Existenz vernichten.
Ganz schlimm wird das ganze, wenn es kein anonymes Bargeld mehr gibt oder man sich vor Gebrauch einer Leistung idntifizieren muss. Dann öffnet sich erst gar nicht mehr die Tür zum Supermarkt für mich, mein Smartphone ist inaktiv, mein Auto startet nicht mehr, mein Smart Home schließt die Tür oder stellt die Heizung ab.
Das Debanking ist eine äußerst gefährliche Entwicklung und erst der Anfang. Es fehlen gesetzliche Regelungen, um mit der zunehmenden Digitalisierung die Diskriminierung und den Ausschluss von Leistungen bestimmter Personengruppen zu verhindern. Hier müssen die Grenzen der Vertragsfreiheit zur Diskriminierung neu ausbalanciert werden.
Gruß Plancius
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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER