Der Debitismus ist viel älter als gedacht.

nereus, Mittwoch, 18.12.2024, 10:54 (vor 3 Tagen)1774 Views

Da wir uns offenbar auf der Zielgeraden des kommenden finanziellen Showdowns befinden - also dem Durchbrennen des globalen Schulden-Reaktors - ist mein Interesse am Thema Geld wieder gestiegen, nicht zuletzt auch wegen der BRICS-Idee eine alternative Währung einzuführen, die jedoch bislang nur Theorie geblieben ist.

Unser großer Mentor Paul C. Martin, alias @dottore, hat uns den Weg gewiesen.
Ihm haben wir sehr viel zu verdanken und ich erinnere mich an endlose Debatten zum Thema Geld und Kredit und dessen historische Hintergründen.

Aber, hat er die Theorie des Schuld- bzw. Kreditgeldes auch erfunden? [[hae]]
Nein, die gab es schon viele Jahre vorher.

Kürzlich bin ich auf diesen, mir bislang unbekannten, Mann gestoßen: Alfred Mitchell-Innes
Zu Wikipedia-Eintrag bitte hier entlang: https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Mitchell-Innes

Dort liest man u.a: Mitchell-Innes schreibt in Was ist Geld?, dass die in den Wirtschaftswissenschaften vorherrschenden Vorstellungen darüber, was Geld überhaupt sei, nie einer Tatsachenüberprüfung unterzogen wurden. Laut Mitchell-Innes gingen viele Veröffentlichungen davon aus, dass Kredite eine moderne Erfindung seien und zuvor alles in bar gekauft wurde. Nach Mitchell-Innes war historisch genau das Gegenteil der Fall und Bargeld nahm u. a. im Mittelalter nur eine geringe Rolle ein.

Viel besser sind die Gedanken von Mitchell-Innes hier beschrieben:

In seinem 2011 erschienenen Bestseller Debt, the first 5,000 years schreibt David Graeber:„In den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts waren alle Voraussetzungen gegeben, um die Geschichte des Geldes neu zu schreiben. Der Grundstein wurde von Mitchell-Innes gelegt“.
Nachdem er festgestellt hat, dass „ ..unsere Standarddarstellung der Geldgeschichte ist genau umgekehrt.
Wir haben nicht mit Geld begonnen und dann schließlich Kreditsysteme entwickelt. Es geschah genau andersherum.
Das, was wir virtuelles Geld nennen, war zuerst da.“

Greaber schließt ab: „Es ist nicht so, dass irgendein Wirtschaftswissenschaftler Mitchell-Innes jemals widerlegt hätte. Sie haben ihn einfach ignoriert.
Die Lehrbücher änderten ihre Geschichte nicht - selbst wenn alle Beweise deutlich machten, dass die Geschichte einfach falsch war.“

Mehr als ein Jahrhundert nach der Veröffentlichung von Innes' Aufsätzen ist es unmöglich, nicht zu bemerken, dass selbst Absolventen renommierter Universitäten der Wirtschafts-Wissenschaften oft nur wenig über die Geschichte des Geldes wissen und dass der Glaube, der Tauschhandel sei dem Geld vorausgegangen, immer noch sehr weit verbreitet ist.

Die Theorie von Mitchell-Innes ist nicht vollständig, da sie sich nicht mit den Zinssätzen befasst.
Seine Artikel können (zu Recht) wegen des Mangels an Referenzen kritisiert werden.

Im Großen und Ganzen klingt seine Theorie jedoch richtig. Sie ist kohärent und überzeugend formuliert.
Mehr als ein Jahrhundert nach ihrer Veröffentlichung sind die Ideen von Mitchel-Innes nach wie vor durch und durch modern und für die moderne Geldtheorie absolut relevant.

Quelle: https://www.newmoneyhub.com/www/money/mitchell-innes/index.html

Was dann später noch zum Gold geschrieben wird, kann ich nicht mehr nachvollziehen, aber das ist wieder eine andere Debatte.

Übrigens, wer sich für das Thema interessiert, sei auch an das Werk von Paul Einzig "Primitive Money" verwiesen, wo das sogenannte Geld der primitiven Völker untersucht wird.
Dabei stellt sich heraus, das diese Leute alles andere als primitiv waren und sehr wohl zwischen Guthaben und Kredit unterscheiden konnten und schnell Geldfälschungen auf die Schliche kamen.
Das ging zum Teil soweit, daß rentitenten Schuldnern ein Besuch von Gläubigern abgestattet wurde, um dabei alle auffindbaren Essenvorräte zu vertilgen, damit der zahlungsunwillige Schuldner die Ernsthaftigkeit seiner Lage erkennt.

[[freude]]

mfG
nereus


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