Hallo nereus
Danach muss der Goldstandard aber ein- und allemal durchgehalten werden, was u.a. impliziert: Nie mehr Staatsschulden, außer Kleinigkeiten und die wirklich fundiert und mit festem Tilgungsplan.
https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=69048 Inflation vs. Deflation, Teil II (20. Jh.) verfasst von [/b]dottore[/b], 27.06.2001, 21:42
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Hi Freaks,
zunächst vielen Dank für die lobenden Worte. Let's try harder.
Wir sehen jetzt den Chart mit der Preisrevolution des 20. Jh.:
https://www.dasgelbeforum.net/index.php?id=646556
Das Bild sieht auf den ersten Blick wie eine übliche Blow-off-Kurve aus. Doch lasst uns genauer hinschauen. Was sehen wir?
1. Relative Preisruhe bis zum 1. WK. Alles also noch im Victorian equilibrium des Goldstandards.
2. Dann der 1. Preiszacken. 1. WK. Sehr interessant die wholesale prices mit throw-over, der Krieg berührte den Normalverbraucher also weniger.
3. Der Sturz nach dem Krieg. Das war einer der Wendepunkte der Weltgeschichte! Denn: Obwohl die Amerikaner riesige Goldzuflüsse hatten, verhielten sie sich nicht mehr goldstandardgemäß.
Sie thesaurierten ihr Gold und ließen eine Überdeckung der ausstehenden Noten zu, statt die Zinsen z.B. auf nahe Null zu senken, zu inflationieren also (das geht in dieser Form - Zinssenkungen! - beim Goldstandard, sonst nicht!), um damit die Warenströme umzulenken, vor allem, um damit dem Kriegsverlierer Deutsches Reich (120 Mrd. oder so Goldmark Reparationsforderungen - womit, wenn nicht über eine aktive Handelsbilanz???) die Chance zu geben, eine aktive Handelsbilanz zu fahren, um so die benötigten Devisen (oder Gold) zu verdienen, um die Reparationen auch bezahlen zu können.
DIES war die Geburtsstunde der Naziherrschaft und des ZWEITEN Weltkriegs! Hitler wurde also 1920/22 in den USA geboren!
4. Plateau der 20er Jahre mit entsprechender Finanztitelhausse wg. sinkender Zinssätze (plus New Economy-Geschwafel) wie aktuell auch. Dann Crash (zunächst nicht preisniveaurelevant).
5. Dann ein relativ kleiner Taucher, der das wholesale price-Niveau wieder auf den Stand von 1915 brachte. Eigentlich war also in 16/17 Jahren nichts geschehen - oder? Warum dann das Gejaule von wegen Depression?
Antwort: Weil jetzt alle die Kredite ex Vor-1930 notleidend wurden. Und sie wurden notleidend, weil die Anschlusskredite fehlten (siehe noch Mal die Greenspan-Rede über 'neue Kredite' vom 20. Juni 2001!!! ).
… vermeiden, war gegeben, aber es ließ sich im 'demokratischen' Amerika nicht aushalten (anderswo, siehe Weimar, natürlich auch nicht). Also Roosevelt mit der Dollar-gegen-Gold-Abwertung 1934 und großzügigen Staatsprogrammen, flankiert von neuer Fed-Politik (Ankauf von Staatstiteln).
Man hat sich also ganz anders verhalten als GB nach der Napoleonischen Zeit; damals ließ man alles - starke Politik! - komplett ausschwitzen und ausheilen (siehe die Grafik in Teil I) - unter Inkaufnahme natürlich diverser destabilisierender Elemente (Arbeiterbewegung, Gewerkschaften als Kartell gegen Lohnsenkungen, Fabianismus, Parlamentsreform, etc.).
6. Dann eine Inflationierung durch WK II, aber in Maßen! Denn es gab immer noch die goldene Fessel am Ballon. Selbst der Koreakrieg und die Finanzierung (Kredite) der Expansion weltweit ließ das Ganze sich noch passabel entwickeln, bis Ende der 1960er Jahre.
7. Der Abgang vom Goldstandard (in Etappen um 1970). Damit waren die letzten Taue, die die Nummer noch an einen Warengeld-Standard hielten gekappt, wobei ein Warengeldstandard davon lebt, dass sich die Warenpreise untereinander letztlich nicht allzu weit voneinander entfernen können (was auch die Geschichte über lange Strecken bewiesen hat, siehe Teil I), jedenfalls nicht so und vor allem nicht so rasant, wie es anschließend in den letzten 30 (DREISSIG!) Jahren erlebt wurde.
8. Ab Mitte der 1970er Jahre ist dann alles klar. Wir haben einen reinen Kredit- und Kreditgeld-Standard (ausführliche beschrieben in Teil I).
Der Charme eines solchen Standards besteht darin, dass er unter allen Umständen fortgesetzt werden MUSS - wenn es nicht zu kompletten Katastrophe durch Rückabwicklung (= letztlich Streichung) aller Kredite kommen soll (von Nettoneukreditgewährungen ganz zu schweigen).
Also:
Wir haben es heute nicht mit der mählichen Fortschreibung alter und beherrschbarer Zustände zu tun, sondern mit einem absolutem Novum der Weltgeschichte (auf eine Beinahe-Parallele in Babylon, das irgendwie rätselhaft und plötzlich verschwunden ist, komme ich in einem weiteren Posting noch zu sprechen).
Dieses Novum (Kredit-auf-Kredit-System) mit den Mitteln zu steuern versuchen, die aus alten Zeiten abgeleitet werden, ist komplett absurd.
Allein schon der Gedanke an Geld als etwas Beherrschbarem (Quantitätstheorie, Monetarismus, Neo-Klassik, Voll- oder Freigeld- oder Gesellgeld-Vorstellungen, usw.) geht am wirklichen Problem in einer geradezu atemberaubenden Art und Weise vorbei.
Ich ersuche daher jeden, der unser heutiges System verstanden hat (gern gebe ich weiter Erläuterungen auf konkrete Fragestellungen), daher dringend, sich auf die Konsequenz dieses welthistorisch einmaligen und völlig neuen Systems einzustellen.
Denn es wird entweder ad infinitum fortgesetzt - oder es geht in einem heute noch unvorstellbaren Kollaps zu Grunde.
Mit einem frohgemuten Aufwärts ohne Ende also grüßend
d.
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Gruß - Ostfriese