Hallo Zandow
Dazu
Zur Erinnerung:
Nur neun Monate nach Beginn der Montagsdemonstrationen in Leipzig
war die DDR Geschichte.
Nun: Laßt uns anfangen, die Monate zu zählen .....
Paul C. Martin in Die 20 Sozialgesetze des Dr. Felix Somary - Augenöffner! Teil 1: Der Mann verfasst von dottore, 16.09.2000, 17:26
Es ist eine gute Übung dieses Boards, immer wieder Grundsätzliches vorzustellen und zu diskutieren. Dieser Übung folgend möchte ich den Teilnehmer hier kurz Dr. Felix Somary vorstellen und die von ihm vor einem halben Jahrhundert formulierten 20 Sozialgesetze in Erinnerung rufen.
Somary war Österreicher, beriet die deutsche Regierung bei der Verwaltung des belgischen Bankensystems nach 1914 und übernahm nach dem ersten Weltkrieg eine Privatbank in Zürich. 1915 erschien sein wissenschaftliches Hauptwerk "Bankpolitik". Er gab in der Hyperinflation der 20er Jahre die Parole aus: Nichts helfe mehr aus dem Morast, man müsse die "Währung auslaufen lassen". Was dann auch geschah.
Er beriet Reichskanzler Brüning und schrieb 1932 die bahnbrechende Schrift "Krisenwende", worin er den Konjunkturumschwung vorhersagte, was aber der verfallenden Weimarer Republik nicht mehr zu helfen vermochte. Im Zweiten Weltkrieg nahm er Wohnung in Washington, wo alle damals namhaften Politiker, Bankiers und Finanzpolitiker seinen Rat suchten - auch wenn sie ihn fast nie befolgten.
Somary, schreibt der Historiker und Staatsmann Carl J. Burckhardt, "ist Krisenspezialist, und der Krisenablauf ist ihm vertraut wie ein seit jeher begangenem Pfad. In Beobachtung und Folgerung ist er von größter Schärfe und Freiheit; er unterliegt keiner konformistischen Zwangsvorstellung, ob sie sich für konservativ oder revolutionär ausgebe. Somary erkennt das Maskenhafte aller säkularisierten Ideologien, und mit sicherem Griff nimmt er ihnen die Masken ab."
Otto von Habsburg schreibt über Somary, den er als "Propheten" bezeichnet: "Die Gabe der Weissagung ist ein Charisma, das nichts mit Zauberei zu tun hat. Um Prophet zu sein, muss man vor allem unabhängig von der Umgebung bleiben und logisch denken. Die Geschichte ist wie ein Fluss, eine Kontinuität von Ursache zu Wirkung. Ist man bereit, aus ihr zu lernen, kann man in großen Zügen auch den wahrscheinlichen weiteren Ablauf voraussehen."
Somary sah den Crash von 1929 kommen und bat alle seine Kunden, die lieber in Aktien investiert bleiben wollten, doch bitte die Konten bei seiner Bank zu löschen; er sah die Weltwirtschaftskrise ebenso kommen wie den Aufstieg Hitlers und den Zweiten Weltkrieg. Seine dauernden Warnungen brachten ihm den Beinamen "der Rabe von Zürich" ein. Seher sind eben nicht beliebt.
Und noch einmal Otto von Habsburg dazu: "Der Seher leidet an der schier unerträglichen Spannung zwischen dem, was er vorhersieht, und der Blindheit seiner Mitbürger. Er ist daher versucht, sie mit der Wahrheit manchmal sogar in überspitzter Form zu konfrontieren. Das aber bringt ihm noch mehr Feindschaft und Missgunst ein."
Somary starb 1956 nach einer Vortragsreise in die USA, wo er an der Harvard University die Möglichkeit andeutete, dass es immer wieder zu einer schweren Wirtschaftskrise kommen werde, wenn die immer gleichen Fehler wiederholt würden. Auf dem Totenbett sagte er seinen Kindern (sein Sohn Wolfgang ist heute Vermögensverwalter in Zürich): ... "Und wenig später den des Kapitalismus."
(Folgt Teil 2: Die Gesetze)
Paul C. Martin in Re: Die 20 Sozialgesetze des Dr. Felix Somary - Augenöffner! Teil 2: Die Gesetze verfasst von dottore, 16.09.2000, 17:55
Die 20 Sozialgesetze des Dr. Felix Somary aus: Krise und Zukunft der Demokratie, Peutinger Institut, Nachdruck der 2. Aufl., München o.J. (ca. 1975):
Die 20 Sozialgesetze sind Gesetze der "verkehrten Proportion". Soweit sie sich nicht von selbst verstehen, werden kleine Anmerkungen, z.T. von Somary selbst hinzugefügt.
Das erste Gesetz:
"Je stärker die Gewalt konzentriert ist, desto geringer ist die Verantwortung."
(Mit der Variante: Je höher der Platz auf der hierarchischen Stufenleiter, desto unzulänglicher wird er ausgefüllt).
Das zweite Gesetz:
"Je größer (im öffentlichen Leben) die Schuld, desto geringer ist die Sühne."
Das dritte Gesetz:
"Je mehr Rechte jemandem zustehen, desto weniger werden sie wahrgenommen."
(Auch: Wo allen alle Rechte zustehen, dort ist kein Recht wirklich behütet).
Das vierte Gesetz:
"Je mehr Funktionen ein Staat übernimmt, desto schwerer ist seine Verwaltung zu kontrollieren."
Das fünfte Gesetz:
"Je größer und vielseitiger der Staat, desto einflussloser das Volk."
Das sechste Gesetz:
"Je stärker der Druck der Regierung, desto geringer der Widerstand der Massen."
(Stärkster Druck, der die Lebensgewohnheiten radikal verändert, wird als Schicksal empfunden, der Kampf dagegen als aussichtslos angesehen. Wo der Druck zum politischen System gehört, wird er nach einiger Zeit als selbstverständlich empfunden).
Das siebte Gesetz:
"Je größer der Hunger, desto geringer der politische Widerstand."
(Achtung: Nicht der Hungrige, sondern der Satte macht Revolutionen - der darbende Mensch denkt an Befriedigung seiner primären Bedürfnisse und ist ohne politisches Interesse).
Das achte Gesetz:
"Je größer die Zivilisation, desto geringer die Freiheit."
Das neunte Gesetz:
"Je mehr Gesetz oder richterliche Entscheidungen, desto weniger Recht."
(Allenthalben hat der Gesetzeswirrwarr den Kampf ums Recht - diesen stärksten Ausdruck individueller Freiheit - so gut wie unmöglich gemacht).
Das zehnte Gesetz:
"Je besser die Verkehrsmittel, desto leichter können sie gestoppt werden und desto weniger können sie benutzt werden, wenn man sie am meisten benötigt."
(Größte Weitsicht! Man denke an die heraufziehende Benzinpreisrevolution in Europa).
Das elfte Gesetz:
"Je besser der Nachrichtendienst, desto weniger dringen die für die Tyrannis ungünstige Meldungen an die Außenwelt."
(Die verschiedenen Departements der Regierungen sowie der internationalen Organisationen überschwemmen mit ihren Public Relations Professionals die Zeitungen, die dadurch immer mehr an innerer Unabhängigkeit verlieren - ein furchtbare Gefahr! (Kann ich als vom Fach nur bestätigen!)).
Das zwölfte Gesetz:
"Das Mitgefühl sinkt mit der Häufigkeit des Leides."
Das dreizehnte Gesetz:
"Je mehr Tyrannen, desto weniger Opposition."
(Ein Tyrann erregt Widerstand, mehrere erregen Nachahmung).
Das vierzehnte Gesetz:
"Je weniger eine Sache begründet ist, desto leidenschaftlicher wird sie verteidigt."
Das fünfzehnte Gesetz:
"Je weniger der Staat seine Bürger schützt, desto mehr verlangt er für diese Funktion."
Das sechzehnte Gesetz:
"Je schwächer der Staat, desto höhere Forderungen werden an ihn gestellt."
Das siebzehnte Gesetz:
"Je mehr Geld ausgegeben wird, desto geringer ist der gesamte Geldwert."
Das achtzehnte Gesetz:
"Je mehr die Ökonomie eine Erhöhung des Zinsfußes verlangt, desto mehr senkt ihn die Politik."
Das neunzehnte Gesetz:
"Je schwächer die Staatsfinanzen, desto höher die Ausgaben."
(Die größten Paläste werden kurz vor dem Bankrott gebaut).
Das zwanzigste Gesetz:
"Je größer Reichtum und Macht, desto geringer die Sättigung, desto stärker der Drang nach weiterer Vermehrung beider."
(Daraus resultiert u.a. die Konzentration der Vermögen in der Privatwirtschaft).
ENDE
https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/search.php?search=Felix+Somary&ao=and&...
Gruß - Ostfriese