Hallo Durran
Paul C. Martin schreibt vor mehr als 20 Jahren in Re: der Esel mit der vorn voraus baumelnden Rübe - der kommende Vollsozialismus grundlegend und vollumfänglich zu den Inhalten deines Beitrages.
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→ Das mit dem Esel triffts m.E. nur im Finanzbereich. Wer eine Produktion betreibt (jetzt mal ganz profan, meinetwegen Gemüsebau), wird immer die Rübe essen können.
Hi Baldur,
Wie immer instinktsicher und den Finger auf den Punkt gelegt. Danke.
Ich darf zu einem kurzen, äh längeren Rundumschlag ausholen:
Wir haben zwei Möglichkeiten, Geld in die Wirtschaft zu bringen.
a) als Ware (unbeschadet der Tatsache, dass ein Teil dieser Ware als Abgabe oder standardisierte Abgabe von "oben" abgefordert wird). Diesen Komplex müssen wir hier nicht weiter diskutieren - nur so viel, dass es aus Verspechen auf Lieferung dieser Ware zu Finanztiteln gekommen ist, die dann ihrerseits im Laufe der Zeit zu Geld geworden sind. Zunächst neben den Waren, wie auf Waren lautende Schuldscheine, Wechsel usw., dann diese immer mehr ersetzend, je länger der "Umweg" wurde, bis der Titel dann auf die Ware selbst "traf" und diese produziert und geliefert werden musste.
Als Beispiel, jetzt mit Staat: Dieser fordert Waren ab, kommt dann mit dem Umfang der abgelieferten Waren nicht mehr "klar" und beleiht seine künftigen Wareneingänge gegen Ausstellung eines Titels, vulgo Staatspapier. Eigentlich müsste es dann so weiterlaufen: Staat löst den Titel gegen Wareneingang (Steuer) aus, Titel erloschen, Zustand ex ante wieder da.
Lässt Staat den Titel stehen (prolongiert usw.) erhält der Titel logischerweise ein Abgeld, da die Ware nicht erscheinen will. Abgeld gegenüber der Ware, d.h. im Metallstandard: Die Staatspapiere fallen gegen "specie" (= Metall). Beispiele noch und noch, klassisch: "The high price of bullion" (Ricardo).
Trotz Rekordsteuereinnahmen von knapp 1 Billion Euro fehlt überall Geld. Das kann doch nicht sein.
Der Sozialstaat und die Flüchtlingskosten sind nicht mehr finanzierbar. Hier wurden hunderte Milliarden zweckentfremdet.
Das Geld fehlt tatsächlich für die Zukunft Deutschlands. Es wurde gnadenlos verplempert.
Um diesen Fall zu verhindern (die Katarakte der obrigkeitlichen Pleiten sind bekannt), wird der Titel in eine "garantierte" Relation zur Ware gesetzt ("Deckung" usw., also klassischer Goldstandard, Funktionsweise allgemein bekannt) - funktioniert aber nur durch Etablierung einer "gesonderten" Instanz, daher Entstehung der ZBs, angefangen BoSc, BoE usw. (auch hinreichend erörtert).
Die ZBs operierten zunächst mit Metall und mit Handelswechseln, die ihrerseits ein rechtlich ziemlich scharfes (Gläubiger- und Schuldnerhaftung) Schwert zur Erzwingung von realer Warenproduktion waren. Mit der Hereinnahme von Finanzwechseln wurde das schon in den 30er Jahren (Mefo-Wechsel usw.) ausgehebelt und ist im langen Abgang von der Ware (Metall) bis 1971 ganz verschwunden.
Seitdem kommt Geld nicht mehr gegen Ware bzw. Warenversprechen auf die Welt (versprengte Reste noch da und dort, z.B. in Deutschland 5 % in der Buba-Bilanz), sondern nur noch gegen Finanztitel.
Diese zielen nun eben nicht mehr auf den realen bzw. "produktiven" Bereich, d.h. sie können nicht mehr mit Hilfe dieses zum definitiven Erlöschen gebracht werden. Sie können nur immer weiter vorgetragen werden und dies mit Hilfe weiterer, allerdings logischerweise später fälliger Finanztitel.
Die Titel selbst lauten also auf Nichts - außer auf sich selbst, d.h. der früher fällige Titel wird von einem später fälligen abgelöst, der seinerseits wieder von einem noch später fälligen abgelöst wird.
Es kommt nun alles darauf an, an diese Titel zu kommen, was am einfachsten dadurch geschieht, dass man sie selbst fabriziert, was dem privaten Sektor aus ebenfalls lang und breit diskutierten Gründen (Kreditfähigkeit, -willigkeit, Erreichen der Beleihungsgrenzen, sinkende, statt steigende Bewertungen, usw.) immer schwerer fällt und so entweder diesen sich selbst überlässt (= Konkurs-, da Titelbeschaffungsunfähigkeits-Katarakte)
oder den prolongationsrobusten öffentlichen Schuldner auf den Plan ruft, der zunächst von sich aus Netto-Titel begeben kann (= allgemeine Inflationierung, wie sie in den 1970er Jahren prompt startete), dann aber mehr und mehr dazu übergehen muss, die in der Privatsphäre nicht mehr möglichen Zusatzverschuldungen von sich aus zu initiieren (="Konjunkturprogramme"), um schließlich beim immer größeren Hereinnehmen von Titeln illiquider und insolventer privater Schuldner zu landen (der japanische "Klassiker").
Also ein Drei-Phasenprogramm. Wir sind in Phase Drei.
Am Ende landen sämtliche Titel auf der Passivseite der öffentlichen Hand, die ihrerseits ihre Titel jederzeit der ZB aufdrücken kann, so dass das Ganze im Endzustand bei völliger Kreditlosigkeit des Privatsektors (bezogen auf zusätzliche Kreditvergaben) und einem durch alle Fristen laufenden Nullzins sich darstellt. Dies in Verbindung mit einem laufend fallenden Preisniveau und einer allgemeinen Depression und schließlich Stillstand sämtlicher privaten Aktivitäten, soweit diese noch in irgendeinem Zusammenhang mit privaten Kreditphänomenen stehen.
Es läuft dann alles auf einen subtil eingefädelten Vollsozialismus hinaus: Jegliche wirtschaftliche Aktivität hängt am Tropf des Staates (Existenzgründerdarlehen!), der dann nur noch den letzten Schritt vollziehen muss: Herstellung Verteilung der lebensnotwendigen Güter in eigene Regie zu übernehmen (siehe die bekannten "Getreidespenden" through the ages).
Dieser Kurs ist nicht ohne Risiken. Denn jegliche wiederauflebende privatwirtschaftliche Aktivität würde das auf Null festgeschriebene Zinsniveau schlagartig von der Nulllinie wegbewegen: Ich bitte nur zu bedenken, was es in Japan für den Kurs der Nullprozenter über alle Termine zu pari bedeuten würde, wenn aus dem Nullzins wieder ein positiver Zinssatz würde. Die Katastrophe wäre komplett, weshalb der letzte Titelhalter (Staat über Hineinnahmen von Fremdtiteln), der zugleich der letzte Titelschuldner (gegenüber ZB und Resten der privaten Wirtschaft) ist, nur noch ein Interesse haben kann: Einen neuerlichen Zinsanstiege à tout prix zu vermeiden, was den Prozess immer weiter in die oben skizzierte Richtung treibt.
b) als Finanztitel (wie beschrieben), wobei die "Bezahlung" der jeweils fälligen Titel über später fällige Titel erfolgt. Dies ist das heutige "Modell", wobei ich nochmals darauf hinweisen darf, dass sich z.B. in der BRD schon die "Erstausstattung" mit "Geld" bei der Währungsreform nur über eine Verschuldung (per Titel "Ausgleichsforderung") des Staates gegenüber der damaligen Bank deutscher Länder (BdL) realisieren ließ.
Inzwischen ist in den meisten Staaten der Weg hin zum reinen Finanztitel-"Geld" vollendet. Um die Banken im heutigen ZB-System nicht per se in den Ausweglos-Konkurs zu treiben, muss der ZB-Satz natürlich auf Null gehen, so dass die Banken ihrerseits als einzige, die mit der ZB Geschäfte machen können, nicht "mehr" zurückgeben müssen als sie selbst von ihr erhalten haben.
Sind sämtliche privaten Fristigkeiten entweder abgearbeitet oder eben auf der Passivseite des Staates verschwunden, ist Ende vom Gelände. Wir haben dann, da Nullzins durch alle Fristigkeiten, nur noch eine permanente Prolongation der Staatstitel durch sich selbst.
Die restliche Variable ist dann das laufende Staatsdefizit und zwar jenes, das unabhängig von der Titelübernahme (und ihren Folgen, also restlichen Zinszahlungen bis auch diese im Laufe der Zeit gänzlich auf Null gebracht wurden) entsteht. Da der Staat nicht auch noch zum Kostgänger des Staates werden kann, der keinerlei über den Markt, also den privaten Sektor, laufende Waren- und Dienste-Produktionen verfügt, muss auch dort dann ein Verteilungssystem eingerichtet werden: Am besten man stattet auch die beim Staat Tätigen mit den entsprechenden "Gutscheinen" aus, usw.
So haben wir dann auch auf diesem Wege den Eilmarsch hin zu einer vollsozialistischen Wirtschaft, in der nur noch für den Staat und seine Verteilungsmaschinerie gearbeitet wird und ansonsten - je nach Substrukturen - jeder einzelne für sich selbst arbeitet.
Das Ganze schaukelt sich dann immer tiefer, bis zum Schluss Arbeiten für die Verteilungsmaschinerie auch noch eingestellt werden (wir kennen dieses Phänomen sehr gut von den präkolumbianischen auch den nahöstlichen Kulturen, wo die gewaltigen Stadt- und Tempelanlagen quasi stante pede verlassen wurden und sich kein Forscher bis heute erklären kann: warum?) und wir dort ankommen, wo wir hergekommen sind: Bei der selbstversorgenden Eigenhofwirtschaft.
Dass dieser Rückbildungsprozess nicht ohne allergrößte Probleme ablaufen wird, ist klar. Aus der Geschichte lernen wir, dass sich die Redimensionierungen höchst blutig gestalten (siehe Rom, siehe die Maya, siehe China, usw.).
Es wird also höchst munter zugehen in den kommenden Jahren/Jahrzehnten.
Ich bitte, auch die Causa Saddam vor diesem Hintergrund zu betrachten - der vielfach beschriebene "Weltbürgerkrieg" ist doch zum Greifen nahe!
Wer selber eine Leistung anbieten kann, die jemand anders haben will oder muss (Nachhilfe, Krankenpflege, med. Behandlung, Klavierlehrer, Straßenkehrer, Bäcker, Metzger, Viehzüchter, Schreiner etc.), ist selber unmittelbar produktiv.
Kriegt er keine Kredite mehr, wirds mit Tauschhandel zumindest soweit vorwärtsholpern, daß die Beteiligten satt werden.
Völlig klar. Diese Substrukturen werden gewaltig zunehmen (Schwarzarbeit, Heim- und Schattenwirtschaft etc.).
Wer aber keine im engeren Sinne produktive Leistung anbietet, anbieten kann, ist der Banker, der Fongg-Verwalter, der Spekulant, der Börsenpuscher, der Soros, der Minister oder Kanzler " />, der Vergangenheitsbewältiger, der Finanzbeamte " />, weil ja freiwillig kein mit Überschuss Wirtschaftender für deren materielle *Leistungen* auch nur eine Kröte abdrücken würde, wenn er nicht durch Gesetz oder durch den Erfüllungsdruck finanzieller Verpflichtungen dazu gezwungen würde. Deren Leistungen bleiben im imaginären, nebulösen, prassenden, nur zeigenden, mitunter verhöhnenden Bereich, mithin im Rübenfall.
Richtig. Sie alle werden leer ausgehen. Von "Guthaben" wird man halt nicht satt.
Ergo: weiter durchbeißen und nachgefragte Produkte/Dienstleistungen anbieten, weil zeitlos, statt im Nadelstreifen in der Nobelbude zu hocken und auf Dummies zu warten, solange sie noch durch die Türe kommen?
Riskant. Lässt sich aber im engeren und überschaubaren Bereich möglicherweise stemmen. Wer sich heute noch auf so etwas wie die "Globalisierung" verlässt (Kunde sitzt in Kasachstan) wird dumm schauen.
Besten Gruß zurück!
Quelle: https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/search.php?search=Staaten+und++Pleite+und+inso...
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Viel Spaß beim Studium und Gruß - Ostfriese