Hallo dito
Ich erinnere mich, dass die Debitisten hier in den Diskussionen um das Jahr 2008 mit nachvollziehbaren Gründen behaupteten, der allgemeine Trend sei deflationär.
Sinngemäß: die Hyperinflation (dadurch dasss die Zentralbanken "all in" gehen) werde sich rechtzeitig ankündigen und unübersehbar sein.
Dottore schrieb vor mehr als 21 Jahren in dem verlinkten Beitrag über den Unterschied zwischen Warengeld und Kreditgeld und gab eine Antwort auf die Frage:
Wie konnten in der Hochgotik fast 300 Jahre lang (!) Dauerinflation bestehen, ohne zwischendurch mal in die Deflations-Krise zu geraten?
…
Wie ich zu Beginn des MA-Postings offenbar nicht deutlich genug gemacht hatte, ging es um eine Warengeld-Inflation. Das heißt: 1. Die Ware Silber wurde relativ zu anderen Waren billiger, die anderen Waren entsprechend teurer. 2. Der "innere Wert" der Münzen wurde obendrein weniger (Feingehalt verringert, immer kleine Münzen geprägt bis hin zu den 0,5 g wiegenden "Brakteaten"), sie behielten aber ihren Nominalwert. (Also Denar oder Pfennig bleib Denar oder Pfennig, auch wenn sie immer weniger Silbergehalt hatten).
Deshalb wurde in den Fischer-Kurven jeweils mit Gewichtseinheiten in Silber gearbeitet, um eine feste Bezugsgröße zu haben. Soweit ist das mit den "großen Wellen" wissenschaftlich einwandfrei.
Nun gab es auch damals natürlich schon Kredite. Diese überlagerten die Warengeld-Entwicklung, aber nur in einem sehr geringen Umfang, hauptsächlich in städtischen oder staatlichen Zentren. Kredite - nicht Kreditgeld wie heute! - wurden mit Hilfe von Münzmanipulationen jeweils nominal getilgt, wobei das spätere Nominal eben einen entsprechend geringeren Edelmetallgehalt aufwies. (Ich werde dazu eine ganz langfristige Darstellung später noch hier reinstellen).
Hätten die Kredite in Edelmetall zu pari (Zeitpunkt der Kreditaufnahme = gleiches Feingehalt, Gewicht usw. wie Zeitpunkt der Kredittilgung) zurückgezahlt worden und wäre nicht wenigstens so viel zusätzliches Edelmetall ex Bergbau oder Umwandlung von Schmuck, Kirchengerät usw. in Metall erschienen wie der vereinbarte Zinssatz, hätten sich stärkere deflatorische Prozesse bemerkbar gemacht.
Die "großen Wellen" wurden in der Zeit des Warengeldes tatsächlich immer auch mit kurzen deflatorischen Phasen beendet, bevor dann ein sog."new equlibrium" sich einstellte. In diesen Phasen kam es zu verstärktem Druck auf die Bevölkerung, die nun ihre Abgaben in "teurerem" Metall leisten mussten, sehr deutlich vor allem dann zu beobachten, wenn die Abgaben von Naturalien auf Münzen umgestellt wurden (was wiederum im Interesse der in Warengeld verschuldeten Grundherren und Obrigkeiten lag).
Auf die dann zu beobachtenden sozialen Spannungen, die hin gingen bis zu Aufständen (Lollarden, Jacquerie, Großer Deutscher Bauernkrieg) komme ich noch zurück.
Jetzt aber das Entscheidende: In einem reinen Kredit- und Kreditgeldsystem wie heute beobachten wir zunächst auch eine Inflation (Darstellung wird auch nachgeliefert), aber dieses ist eine ganz andere, völlig neue Form der Inflation; sie resultiert nicht aus einem Vergleich einer Ware (Metall) mit anderen Waren, sondern aus einer durch immer neue Kreditgewährungen zunächst nach oben offenen Preisniveau-Steigerung.
Stocken diese zusätzlichen Neukreditgewährungen bzw. -nahmen (das "Umbuchen" oder "Hochbuchen", siehe oben, bringt nichts), kommt es auf der Anbieterseite zu dem Zwang, zu niedrigeren Preisen anbieten zu müssen, um sich vom Markt jene "Liquidität" zu holen, die man schuldig ist (egal jetzt wie wir diese Liquidität definieren).
Eine heutige Deflation kommt nicht zu Stande, weil "zu wenig" nachgefragt wird, sondern weil nicht die für die Aufrechterhaltung (Bedienung, Tilgung) der alten Kredite erforderlichen neuen Kredite kontrahiert werden (siehe bitte noch Mal die Greenspan-Rede [new credits , fresh money] vom 20. Juni!!!). Dieses Fehlen neuer Kredite veranlasst die Anbieter ihre Angebotspreise zu senken (was bei offenen und freien Märkten sofort weitere Preissenkungen anderer Anbieter nach sich zieht, die in derselben Lage sich befinden).
Daher kann es in einem Kreditgeldsystem, das bereits inflationiert wurde (durch die außerhalb jeglicher Kontrolle durch die ZB stattfindenden Kreditakte) nur eine Fortsetzung des inflatorischen Trends geben - oder eben durch Tilgungsdruck entstehende Deflation.
Was "dazwischen liegt" wird zwar gern als das endliche Erreichen eines Zustandes "stabiler Preise" interpretiert, ist aber zwangsläufig (wegen des aus den alten Krediten herrührenden Erfüllungsdrucks) nur eine kurzfristige Durchgangstation: Entweder die Inflation wird fortgesetzt oder es kommt automatisch zur Deflation (konkret einer Kreditgelddeflation).
Das beweist auch die aktuelle Lage.
Im Gegensatz also zu den großen Preiswellen der Geschichte, die sich wie oben ausgeführt ergeben haben, gibt es nach abgelaufenen Kreditgeldinflationen niemals mehr so etwas wie "dauerhafte Stabilität".
Dieses Wunschdenken wird aus den historischen Warengeld-Inflationen abgeleitet (aus denen auch die "Quantitätstheorie" stammt, die sich auf die historischen Erfahrungen stützt, z.B. den Anstieg des Preisniveaus nach dem Einströmen des amerikanischen Edelmetalls im 16. Jh., wonach es keine Rückkehr zum früheren Preisniveau gegeben hat - gemessen in Metall natürlich!).
Die Wunschdenker sehen daher im "Geld" nach wie vor eine Ware (daher auch "Geldmenge" und kriegen es nicht auf die Reihe, im "Geld" eine in der ZB zu GZ verwandelte Forderung zu sehen.
Dieses Wunschdenken lässt sich (leider) nicht auf ein Kreditgeldsystem übertragen, so wie wir es heute haben. Es verwechselt wie gesagt eine Ware, in der etwas gemessen werden kann mit einem Kredit, in dem gar nichts gemessen werden kann. Ein Kredit muss erfüllt werden und wenn die (gesamtwirtschaftlichen) Anschlusskredite fehlen, setzt es automatisch den deflatorischen Prozess in Gang.
https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=68752
Gruß - Ostfriese