Basisinfos zu Spannungsfall (Art. 80a Abs. 1 GG), Bündnisfall (Art. 80a Abs. 3 S. 1 GG) und Entsperrung von Sicherstellungs-/Vorsorgegesetzen

Wayne Schlegel, Dienstag, 11.10.2022, 09:20 (vor 802 Tagen)3765 Views
bearbeitet von Wayne Schlegel, Dienstag, 11.10.2022, 09:38

Vorab:

Derzeit gibt es meines Wissens keinerlei Anzeichen, dass sich da was bewegt. Noch nicht mal die Rechtsbegriffe scheinen irgendwo absichtlich lanciert/versehentlich gefallen zu sein. Es geht also nur um die Wissensebene ("was ist was") und, weil Börsen-/Wirtschaftsforum, evtl. Auswirkungsprognosen auf ebendiese Bereiche.


Das Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK) klärt auf Wissensebene hierzu auf
(heutiger Stand):

Spannungsfall:

Verfassungsrechtlicher Zustand und eine der Tatbestandsalternativen des Art. 80a Abs. 1 GG. Er bildet eine verfassungsrechtliche Reaktionsoption (→ Notstandsverfassung) im Falle einer Spannungslage. Spannungslage bezeichnet allgemein eine gesteigerte Gefährdungslage für die Existenz des Staates (bspw. eskalationsverdächtige außenpolitische Konfliktsituation). Die Spannungslage bildet die materielle Voraussetzung, um die Rechtsfolgen des Spannungsfalls zu aktivieren. Formell muss die Feststellung der materiellen Spannungslage durch den Bundestag (Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen) erfolgen.

Anmerkung: Die Rechtsfolge ist, dass das Notstandsrecht „entsperrt“ wird. Zu den nach Art. 80a GG im Spannungsfall anwendbaren Vorschriften gehören insbesondere die → Sicherstellungs- und Vorsorgegesetze.

Da steht's: https://www.bbk.bund.de/DE/Infothek/Glossar/_functions/glossar.html?cms_lv2=19840&c...

Wiki bringt zum Spannungsfall noch folgende Info: Am 17. Februar 2005 wurde das Einberufungshöchstalter für den Spannungsfall von 45 auf 60 Jahre heraufgesetzt (Änderung § 3 Wehrpflichtgesetz durch Artikel 1 des Streitkräftereserve-Neuordnungsgesetzes).


Bündnisfall:

ist ein in Art. 80a Abs. 3 S. 1 GG normierter selbständiger Tatbestand. Er setzt voraus, dass das zuständige NATO-Organ das Vorliegen der nach Art. 5 und 6 des Nordatlantik-Vertrages genannten Beistandsvoraussetzungen – bewaffneter Angriff gegen eine Vertragspartei in Europa oder Nordamerika – feststellt, entsprechende koordinierte Verteidigungsmaßnahmen beschließt und die Bundesregierung diesem NATO-Beschluss zustimmt.

Anmerkung: Abweichend zu Art. 80a Abs. 1 GG (→ Spannungs- oder → Zustimmungsfall) finden die geforderten Voraussetzungen einer Bedrohung für die nationale Sicherheit daher keine Anwendung. Ebenso wie die Feststellung des Spannungsfalls entsperrt jedoch auch die Zustimmung der Bundesregierung zu einem Bündnisbeschluss verteidigungsvorbereitende Rechtsvorschriften des einfachen Rechts (→ Sicherstellungs- und Vorsorgegesetze)

Da steht's: https://www.bbk.bund.de/DE/Infothek/Glossar/_functions/glossar.html?cms_lv2=19804&c...


Sicherstellungs- und Vorsorgegesetze:

Bundesgesetze, die dem Ziel dienen, besondere Gefahrenlagen zu bewältigen. Dabei ist zu differenzieren zwischen:

Sicherstellungsgesetzen, die grds. nur anwendbar sind, wenn die Voraussetzungen des → Zustimmungs-, → Bündnis-, → Spannungs- oder → Verteidigungsfalls vorliegen.
Vorsorgegesetzen, sind neben den Anwendungsfällen der Ziff. 1, zusätzlich dann anwendbar, wenn besonderen Gefahrenlagen (→ Krisen und Notfallbewältigung) vorliegen, z.B. bei → Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen/Großschadenslagen wie bspw. Tschernobyl.

Die Anwendbarkeit dieser Gesetze ist demnach gesperrt und bedarf einer der Feststellung einer beschriebenen Krisensituation (Anwendungsvorbehalt), die teilweise durch Parlamentsbeschluss erfolgen muss (Art. 80a, 115a GG). Ziel ist es, in den Fällen der vorgehend beschriebenen Notstände v. a. die Versorgung der Zivilbevölkerung und der Streitkräfte, mit den erforderlichen Gütern und Leistungen sicherzustellen.

Da steht's: https://www.bbk.bund.de/DE/Infothek/Glossar/_functions/glossar.html?cms_lv2=19840&c...



Zustimmungsfall/Fall der besonderen Zustimmung:

Verfassungsrechtlicher Zustand und eine Tatbestandsalternative zum → Spannungsfall gemäß Art. 80 a Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. GG. Im Unterschied zur allgemeinen Freisetzung des Notstandsrechts als Folge der Feststellung des Spannungsfalls, ermöglicht der Zustimmungsfall die dosierte und parlamentarisch kontrollierte Freigabe einzelner Bestimmungen des
Notstandsrechts. Auf seiner Grundlage kann der Bundestag im Einzelfall der Anwendung konkreter Notstandsregelungen (bspw. einzelner →Sicherstellungs- und Vorsorgegesetze) zustimmen.
Quelle: Depenheuer, in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 80. EL, Juni 2017, Art. 80 a GG, Rn. 69

Da steht's: https://www.bbk.bund.de/DE/Infothek/Glossar/_functions/glossar.html?cms_lv2=19784&c...


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