Es ist wieder an der Zeit, ich muss was unternehmen. Ich kann nicht alles in mich hineinfressen. Produziert Magendrücken.

helmut-1, Siebenbürgen, Donnerstag, 30.06.2022, 23:08 (vor 637 Tagen)5208 Views

Einleitung:
Natürlich sind die Meldungen, die man hier liest, der Grund für meine Reaktion. Damit meine ich z.B. den Bericht von Manuel:

https://www.dasgelbeforum.net/index.php?id=611866

und auch den Bericht von Falkenauge:

https://www.dasgelbeforum.net/index.php?id=612011

Ich weiß, dass der Begriff "Wehret den Anfängen" irgendwie abgedroschen klingt. Aber ich kann nach solchen Meldungen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und dazu sagen: Schaun ma mal.

Natürlich ist seit langem bekannt (zumindest hab ichs oft genug erwähnt), dass man in Rumänien noch eine andere und verbrieftere Form der Meinungfreiheit hat. Trotzdem ist es (für mich zumindest) wichtig, dass man das immer wieder auslotet und überprüft, wie es so mit der Meinungsfreiheit bestellt ist. Es könnte ja sein, dass die sich klammheimlich verabschiedet.

Dazu komme ich wieder auf das Lied von Reinhard Mey (mehr als ein Vierteljahrhundert alt), mit dem Titel: Sei wachsam!

https://www.youtube.com/watch?v=u-QxDxiZT5g

Die Phrase im Refrain:

...pass auf, dass du die Freiheit nutzt, die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt....

Diese Phrase ist für mich Aufgabe. Ohnehin fröstelt es mich, wenn ich mir dieses Lied aus 1996 anhöre, jedes Wort, und feststelle, dass in diesem Text genau das alles angesprochen wird, was wir heute erleben.

Was haben wir alle gemacht, - mit diesem Lied? Es vielleicht angehört, es für gut befunden, - aber wer hat denn das schon ernst genommen? Wer hat denn daran gedacht oder das vermutet, dass uns das als glasklare Realität in den Jahren danach einholt? Ich nicht, ich hab geschlafen so wie die meisten unter uns. Die Freiheit hat sich abgenutzt, wie es Reinhard Mey im Lied vorhergesagt hat.

Zum Thema:

Das bewirkt in mir, dass ich versuche, nicht denselben Fehler zweimal zu machen. Deshalb meine Aktion, die ich nun an den kommenden sieben Tagen in unserer Stadt in Siebenbürgen durchziehen werde.

Dass ich Musiker bin, dürfte mittlerweile bekannt sein. Natürlich kann man diese Eigenschaft in vielfacher Weise nutzen. Und genau das habe ich vor.

Ich werde in den kommenden Tagen an jedem Tag eine Stunde lang Musik machen. Genauer gesagt, ich singe über Playback, weil ich da keinen anderen aus unserer Gruppe mit hineinziehen will. Das ist mein alleiniges Vorhaben und auch mein alleiniges Risiko. Ich werde eine Verstärkerbox neben mir haben, ein Mikro und ein Stativ mit dem Laptop, wo die Negative drauf sind, was ich dann mit meiner Stimme rüberbringen will. Es handelt sich ausnahmslos um die Oldies und Evergreens der höherwertigen Klasse, wie Elvis, Prokul Harum, Bob Dylan, aber auch spanische und italienische Interpreten, wie Lucio Dalla (Caruso), etc.

Ich weiß, dass das den Leuten gefällt, ich habe da schon meinen Bekanntheitsgrad erarbeitet. Allerdings ist das eine Kombination meiner Darbietung, die mit dem Ausdruck meiner politischen Anschauung verbunden ist. Das heißt, neben mir steht ein Schild, 1 m breit und 1,4 m hoch, auf dem meine Meinung resp. der Beweggrund meiner Darbietung in rumänischer Sprache zu lesen ist.

Dieses Plakat sieht in etwa so aus:

https://ibb.co/xhmsYYz

Wobei das natürlich professionell durch eine Druckerei gemacht wurde, - ich hab das nur stilisiert vom Prinzip her gescannt. Es gibt ein schönes rotes "Z", was komplett über den Inhalt meiner Botschaft geht, und das Ganze ist in einem Werbeschild mit Plexiglas-Schutz montiert, - für den Fall, dass es regnet.

Der Text, auf deutsch übersetzt:

Was bedeutet uns „Meinungsfreiheit“?

In vielen Ländern der EU wurde diese Meinungsfreiheit bereits abgeschafft.
Wie zum Beispiel in Deutschland.

Die Meldung:
Weil sie an ihrem Wohnungsfenster Plakate angebracht hatte, auf denen sie dem russischen Präsidenten Wladimir Putin für seine Spezialoperation in der Ukraine dankte, sah sich eine Rentnerin aus dem Saarland (Deutschland) plötzlich mit einer Hausdurchsuchung konfrontiert. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken wirft ihr nämlich die "Belohnung und Billigung von Straftaten" nach §140 des Strafgesetzbuchs vor.

Das Bundesministerium des Inneren in Deutschland dazu:

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist eine Straftat. Wer diesen Angriffskrieg öffentlich billigt, kann sich strafbar machen. Das gilt auch für das Zeigen des „Z“-Symbols. Die Sicherheitsbehörden des Bundes haben die Verwendung des Symbols im Blick.

Das Recht auf die freie Äußerung der Meinung ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Man kann das aus der Haltung von Voltaire gut erkennen, in einem berühmten Zitat:

Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.

Krieg ist etwas, was ich nie befürworten werde. In der Ukraine sterben unschuldige Menschen, und dabei st es völlig egal, ob dafür die russischen Streitkräfte oder das ukrainische Militär mit den Milizen des Azow verantwortlich sind. Wenn ich aber aufgrund meiner Recherechen feststelle, dass gewisse Krigsverbrechen nicht von den Russen begangen wurden, sondern von der Azow-Truppe, und das öffentlich sage, mache ich mich dann strafbar?

Schießlich weiß ich genau, dass dieser Krieg nicht von den Russen, sondern von der NATO-Politik provoziert wurde.

Aber es ist nicht wichtig, was ich denke, sondern es ist viel wichtiger, dass ich das aussprechen darf, was ich denke. Dass ich das Recht dazu habe, wie es in der Verfassung festgeschrieben ist.

Deshalb habe ich dieses Plakat verfasst und stelle mich öffentlich dazu.

Ich will einfach nur wissen, ob ich in Rumänien auch heute noch das Recht auf meine freie Meinungsäußerung habe.


Dazu wird auf der Rückseite des aufgeklappten Laptops ein Blatt quer angeklebt, das so aussieht:

https://ibb.co/DG8GGLk

Die Übersetzung:

Meine Lieder - für den Frieden - gegen die Politik der NATO.

Und das Ganze mit dem Hintergrund der blauen Friedenstaube.

Das örtliche Lokal-TV hat bereits abgesagt, das ganze zu kolportieren, in Kombination mit einem Interview. Man will politisch neutral bleiben, - so die Begründung. Mal sehen, wen ich noch dazu kriege, das Ganze zu publizieren, - wenn nicht, dann wirds aufgenommen und kommt ins fb rein.

Derzeit kämpfe ich noch mit den administrativen Hürden, - ich habe das ordungsgemäß angemeldet, - aber da gibts irgendeinen Beschluss des Stadtrates, woraus hervorgeht, dass derlei Botschaften, ähnlich wie Werbung, die mit einem Megaphon über ein Auto verbreitet wird, abgabenpflichtig seien. O.k., hab ich gesagt, ich bezahle die Abgaben für meine Darbietung. Jetzt wollen sie noch wissen, zu welcher genauen Uhrzeit und wo das genau stattfindet, - usw. - Auch das werde ich in die Reihe kriegen. Wenn ich mir was vorgenommen habe, dann ziehe ich das auch durch.

Zum Schluss:

Ich werde dann abschließend eine Zusammenfassung liefern, mit Fotos etc. Videos kann man ja hier nicht reinstellen, - einen youtube-Kanal habe ich auch nicht, - also wird das über fb veröffentlicht werden.

Aber vielleicht interessiert es manchen Leser, wie das angekommen und vor allem, was dabei herausgekommen ist.

Ums klar und unmissverständlich zu sagen:
Es geht mir nicht darum, mir da einen Lorbeerkranz aufzusetzen, - ich will eigentlich nur zwei Ziele erreichen:

Das Eine ist, dass ich meinem Lebensprinzip treu bleiben möchte, und auch dann, wenn irgendwann mal die Frage auftaucht, warum man das alles schweigend zugelassen hat, ich meinen Kindern und Enkeln gegenüber glaubhaft darlegen kann, dass ich zu denen gehört habe, die nicht geschwiegen haben, sondern die versucht haben, dagegen zu opponieren.

Das Andere ist, so manchem Unentschlossenen zu demonstrieren, dass man auch als Einzelner sehr wohl die Möglichkeit hat, was zu unternehmen, was gegen die vorgegebene Meinung gerichtet ist. Es geht nicht darum, seine eigene Untätigkeit damit zu rechtfertigen, indem man sagt: Was soll ich denn als Einzelner da ausrichten, ich kann da sowieso nichts verändern. Es geht darum, dass man Flagge zeigt, und sich an einem alten chinesischen Sprichwort orientiert, dass da sagt: "Auch das Meer besteht nur aus Tropfen".


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