Hallo Bergamr -
vielen Dank für Deine Rückfragen. Ich fange bei der Beantwortung mal ganz hinten an.
Nicht falsch verstehen, ich suche nach Möglichkeiten, dazu möchte ich gangbare Wege ausloten, aber nicht im Treibsand landen. Wenn das alles zu intim ist für öffentliche Diskussionen, auch gerne weiter per PN.
Da ist gar nichts intim. Es kann, ja muss öffentlich diskutiert werden. Denn die anstehenden Problem können wir nicht je alleine oder jeder für sich lösen. Sie sind nur in der Gemeinschaft lösbar, und im Zuge einer gemeinschaftlichen Lösung konstitutiert sich dann diese 'neue Gemeinschaft'. Oder sie konstituiert sich eben nicht. Und dann greifen eben die anderen Optionen.
In Deiner Antwort klingt das allerdings so, daß der Imperator die wahrscheinlichste Option ist (werden wird, wie auch immer).
Aus dem Blickwinkel der bisherigen Geschichte betrachtet würde ich das so sehen.
In meiner Wahrnehmung wirkt sich eine Variante 1 = Totalitarismus und eine Variante 3 = Römische Option mit Imperator auf mein / das Leben des Kleinen Mannes gleich aus: Reduzierung meiner Eigenentscheidungen durch obrigkeitlichen Zwang; kein wesentlicher Unterschied, ob durch anonymen Staatszwang oder durch personalisierten Führerkult. Ich werde durch verordnete Maßnahmen und Pflichten in meiner persönlichen Freiheit eingeschränkt, mit welcher Rechtfertigung auch immer. Das alles sind ja nur graduelle Steigerungen der bereits jetzt schon vorhandenen und immer mehr überhandnehmenden Einmischungen unserer Staatsformen weltweit. Will sagen, die Auswirkungen für mich, ob 1 oder 3, wären/sind die Gleichen.
Das ist auch richtig gesehen, und deswegen meine Überschrift mit den "fließenden Übergängen". Jede der Optionen wird eben eine gewisse RIGIGDITÄT haben, wird starr und unnachgiebig sein - sogar die basisdemokratische. Das heißt dann, dass in ihr selbst auferlegte Gruppenzwänge herrschen würden.
Die Zwangsläufigkeit dieser Entwicklung(en) auf Grund der ökonomischen Zwänge setze ich als gegeben voraus.
Auch richtig, denn diese "Gruppenzwänge" werden durch wirtschaftliche Rahmenbedingungen (Ressourcen), Populationsdynamiken und andere (interne) Systemzwänge vorgegeben (Systemzwänge können zB. kulturelle Traditionen sein, aus denen eine Population nicht ausbrechen kann).
Macht das für Dich dann einen Unterschied in der kulturellen Weiterentwicklung, ob 1 oder 3 ? Also in Bezug auf das, was nachher übrig bleibt? Vernichtet der Totalitarismus mehr, erhält der Imperator mehr? An Kultur, an Wissen? Oder welchen Unterschied siehst Du da?
Diese Frage ist schwer zu beantworten. Denn das alles hängt von zu vielen Faktoren ab, die man im Voraus nicht überschauen kann. Desgleichen gibt es dann Unterschiede in den soziologischen Klassen (besser Gestellte werden sich mehr leisten können an Kultur etc.). Im Endeffekt wird aber in allen Optionen immer noch genug erhalten bleiben und abgeschlossen werden, weil die einzelnen Dinge intern nach Vollendung streben. Heute werden beim Kampf keine Schwerter mehr verwendet, aber irgendwann hatte das Schwert seine ideale und optimale Gestalt gefunden, unbenommen der Tatsache, dass diese ideale Gestalt in verschiedenen Variationen sich verkörperte. Und diese ideale Gestalt lässt sich - auch wenn manche mir hier widersprechen würden - jederzeit reproduzieren. Ist eine Frage des Aufwandes und des Interesse (das natürlich nicht vorhanden ist). Beiläufig gesagt: heute werden Sinfonien von Mozart oder Beethoven mit Sicherheit besser gespielt und interpretiert als zur damaligen Zeit (dezidiert historische Aufführungspraxis mal gar nicht eingerechnet). Zusammengefasst: es wird viel mehr übrig bleiben, als die Zukunft verkraften kann ...
Und dann, Prinzip Hoffnung, Wilhelm Tell, die Direkte Demokratie als Variante 2: ich verfolge mit großer Aufmerksamkeit Deine Aufrufe für die Vermehrung der Bereitschaft zur Wahrnehmung der legitimen Volkssouveränität. Darüber mach ich mir auch sehr viele Gedanken. Haben Deine Gedanken dazu eine Chance der Verwirklichung?
Keine große Chancen. Wenn ich die Optionen voneinander separiert habe, so wollte ich eher auf den Weg bzw. die Art und Weise abstellen, wie wir in den Totalitarismus hineinschlittern.
Der aktuelle Weg ist entweder das, was Du als BigTech bezeichnet hast. Also Mark Zuckerschlecker, Elon Murks und Bill Hate, unterfüttert mit Black Dräck und Rock-den-Schild, mit Stereolautsprechern in D.C. und der City. Die andere gegenwärtige Variante des Totalitarismus ist der rote himmlische Parteifriede, der von der ehemaligen Hauptstadt des Kaisers Yongle ausgehen soll. Die chinesische Variante scheint attraktiver, aber sie ist, auf lange Sicht gesehen, genauso gefährlich und zerstörerisch wie die andere. Hier wäre eine Gegenbewegung, von der Basis ausgehend, dringend nötig - was aber nur im Westen möglich ist. Das heißt: wenn der Westen die Freiheit bewahren könnte, würde er weltgeschichtlich und vielleicht menschheitsgeschichtlich seiner Herkunft gerecht und würde der Zukunft eine Tür offenhalten. Dadurch auch gegen China eine echte Alternative darstellen. Tatsächlich fressen die Eliten im Westen zur Zeit ihre eigenen Kinder auf, zerstören ihr Potential (siehe den coroneischen Selbstmord) und spielen China in die Hände.
Ich glaube nicht an Weiße Ritter im Kreise der westlichen Eliten. Und ich habe nur eine Messerspitze Hoffnung auf den Selbsterhaltungstrieb der Schafherde. Aber angenommen, eine entsprechende Bewegung würde sich entwickeln, so könnte sie bzw. wird sie wahrscheinlich dem Imperator irgendwann entgegenlaufen. Es entsteht dann ein Feld von Verhandlungen, ein Geben und Nehmen, denn auch der Imperator, der in jedem Fall ein Militär sein wird, wird sich nicht alleine auf seine 'Waffen und Waffenbrüder' verlassen können. Er wird auch ein Bündnis mit der Masse schließen müssen. Er muss sogar ein Bündnis mit BigTech schließen oder BigTech unterwerfen. Das wird aber nicht das gegenwärtige BigTech sein.
Zusammengefasst: meiner Ansicht nach wird die Schafherde bleiben. Aber sie kann einen eigenen Beitrag leisten und sich eigene BLEIBENDE Feiräume erschaffen, (also auch für folgende Generationen!), wenn sie JETZT anfängt, sich zu bilden (anstatt noch mehr zu verblöden) und sich zu organisieren.
Haben Deine Gedanken dazu eine Chance der Verwirklichung? Oder ist das nur Eulenspiegelei, nie erprobtes Theoriewissen mit dem intellektuellen Charme des 'ich hab's doch aber gesagt'?
Wahrscheinlich ist es so. Ich werde mich noch ein wenig anstrengen. Und dann kann ich mich entlastet fühlen: hab's nicht nur gesagt, sondern es auch versucht. Und wenn es am Ende nicht klappt, kann ich sehr beruhigt meine eigenen Wege gehen.
Nicht falsch verstehen, ich suche nach Möglichkeiten, dazu möchte ich gangbare Wege ausloten, aber nicht im Treibsand landen.
Der Treibsand ist immer da. Er kann, wie ich ganz am Anfang sagte, nur durch Vernetzung, nur durch weit ausladende Brückenkonstruktionen überwunden werden. Der Einzelne kann nichts tun, außer er findet Gleichgesinnte.
Im Jahr 2023 gibt es aus zyklischer Sicht Spielräume und mehrere gute Gelegenheiten, etwas Neues anzufangen, das dann lange tragen und dauern kann - und das von seiner inneren Konstitution her ausgewogen und daher menschlich sein wird. Ich gehe davon aus, dass der Imperator schon geboren ist. Nach meiner Rechnung lernt er gerade das Laufen. Der Kampf des Westens gegen den Osten sowie der interne 'Klassenkampf' im Westen wird in einem Desaster enden, von der ganzen Ernährungs-, Ressourcen- und Umweltproblematik mal ganz abgesehen. Die Krise und Trendwende liegt in der Mitte dieses Jahrhunderts.
Vielleicht tue ich China ein wenig Unrecht. Ohne die Chinesen würde alles noch schlimmer werden. Ich denke, sie werden echte Opfer bringen.
Mit den besten Grüßen aus der Zukunft -
Weiner