Grundsätzliches: Statik versus Dynamik

Ostfriese, Sonntag, 19.07.2020, 13:33 (vor 1589 Tagen) @ Mephistopheles2411 Views

Hallo Mephistopheles,

durch die Einführung relationaler und funktionaler Zusammenhänge in Verbindung mit der Kategorie der Zeit haben Isaac Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz - als Begründer der Infinitesimalrechnung - das bis dahin statische Denken überwunden und funktionale Sichtweisen in Abhängigkeit der Zeit eingeführt. Mit dem Sinus, dem Cosinus oder Tangens können Berechnungen an einem gegebenen statischen rechtwinkligen Dreieck durchgeführt und formelmäßige Beziehungen aufgeführt werden. Ganz heikel wird für viele Schüler dann die Erweiterung zu funktionalen Zusammenhängen - zur Sinusfunktion: die Abhängigkeit des Sinus von seinem Winkel und seiner dynamisch graphische Darstellung. Die Einführung des Bogenmaßes eines Winkels verschärft nochmals die Komplexität mit der intellektuellen Durchdringung des Ganzen. Die Problematik der Überwindung einer statischen 'Apfelpflückersprache' (Hans-Peter Dürr) mithilfe der Erweiterung der Zeichensysteme ist jedenfalls umfassend. Gemäß Hans-Peter Dürr ist jetzt der Übergang vom Ortsraum der an der Materie orientierten Dinge in den Frequenzraum der Beziehungen, des Prozesshaften und des sich dauernd in diesem Strom Verändernde zu betrachten und zu verstehen. Wir müssen ja nicht so weit gehen wie Georg Lukács Erkenntnis der "transzendentalen Obdachlosigkeit" - die Ungewissheiten in der Gegenwart sind aber offensichtlich.

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"Niemand versteht die Quantentheorie", war Richard Feynman überzeugt, obwohl seine eigenen Arbeiten zur Quantenphysik 1965 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden. Das liegt vor allem am Doppelspalt-Experiment. Es birgt, mit den Worten Feynmans, das Herz der Quantenmechanik in sich und ist unmöglich, absolut unmöglich es auf klassische Weise zu erklären. Es enthält das gesamte Rätsel der Quantenmechanik, schrieb er 1967. "Welcher Mechanismus steckt dahinter? Niemand weiß es. Niemand kann eine tiefere Erklärung dieses Phänomens geben".

Wir müssen in den ökonomischen Betrachtungsweisen analog zum Übergang von der klassischen zur modernen Quantenphysik einen Paradigmenwechsel vornehmen und uns neuen Deutungen öffnen. Heisenberg spricht von dem Paradoxon, dass in die Quantenphysik die Notwendigkeit der Benutzung der Sprache der klassischen Physik nicht zu vermeiden ist - was C. F. von Weizsäcker mit: "die Natur früher ist als der Mensch, aber der Mensch früher als die Naturwissenschaft" begründet.

Die Wirklichkeit muss sich nicht ändern, wir müssen unsere Wahrnehmung und Deutungen ändern.

Jeder simuliert sich die Wirklichkeit mit seiner Sprache, den Texten und der 'Erweiterten Realität' zu seiner persönlich wahrgenommenen individuellen und subjektiven - nur im Gehirn stattfindenden - Realität, die sich nur nach einem selbst erlebten Riss in Verbindung mit einem 'choc' (einem 'punctum') verstehbar ist und verändern lässt. Roland Barthes sagt: "Das punctum einer Photographie, das ist jenes Zufällige an ihr, das mich besticht (mich aber auch verwundet, trifft)".

Es ist nicht leicht, seine eingeübten individuellen Denkschablonen zu überwinden.

Gruß - Ostfriese


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