Hallo Olivia
Hallo Olivia,
Danke für Ihre Einwände, die mir die Möglichkeit geben, noch etwas zu präzisieren:
Vieles von dem, was Sie schreiben, ist in Bezug auf die BRD sicher nicht von der Hand zu weisen. Aber nach meinem Dafürhalten haben Sie sich bisher weder ausreichend mit dem beschäftigt, was ein Imperium tatsächlich ausmacht, noch mit dem Seidenstraßenprojekt noch mit der Geschichte und der Philosophie Chinas. Anders kann ich mir jedenfalls Ihre moralischen Einwände nicht erklären, die uns vor einem neuen Kommunismus warnen wollen, wenn wir China die Hand reichen.
Sie haben natürlich recht, dass man auch immer die andere Seite sehen sollte, aber Sie verkennen, dass es nicht darum geht, wer die gute und wer die böse Großmacht ist. Ich habe auch nirgends angedeutet, dass ich mich nach chinesischer Eroberung sehne. Auch das chinesische Gesellschaftskonzept ist sicher nichts, was auch auf Deutschland passen würde. So wenig, wie das deutsche auf China.
Aber wir Deutschen werden nicht umhinkommen, uns mit diesen drei neuen Großmächten zu verständigen und uns der neuen Weltordnung anzupassen, wollen wir weiterhin Zugang zu den Ressourcen, die wir dringend benötigen, haben. Wir können uns weder vor Russland noch vor China isolieren. Aber -und da stimme ich Ihnen widerum zu, wir müssen unseren eigenen Weg finden und in vielen wirtschaftlichen und kulturellen Angelegenheiten auch die beiden eurasischen Großmächte als Konkurrenten betrachten und uns staatspolitisch dahingehend behaupten, dass wir eben nicht bereit sind, den chinesischen Kollektivismus zu übernehmen. Wir wollen ja Demokratie! -nur eben nicht die repräsentative, die keine ist, sondern ein faschistisch imperialistischer Schwindel.
Woran geht denn gerade die Demokratie in Europa zugrunde? Doch daran, dass die repräsentativen "Demokraten" die Gewaltenteilung untergraben haben; also die strikte Trennung von Legislative, Judicative und Executive. Wir haben uns damit aber keine chinesischen Verhältnisse eingehandelt, nur, weil die Grünen für den jesuitischen Maoismus und seine Kulturrevolution schwärmen. Wir haben uns damit neokonservative bzw. neoliberale, d.h. faschistische Verhältnisse eingehandelt, weil wir eben noch immer am Hochfinanzsystem der FED hängen, dass vor allem dahingehend charakterisiert werden muss, dass es die Eigenschaft hat, das Kapital zu akkumulieren.
Das chinesisch-russische Seidenstraßensystem, das mit dem neuen Finanzsystem zusammenhängen wird, welches sich auf Wirtschaftsleistung und Gold stützt, jedoch noch immer nicht weltweit etabliert ist, hat es aber gerade darauf abgesehen, das Kapital künftig nicht mehr akkumulieren -sondern permanent zirkulieren zu lassen; es also nicht, wie die FED, aufzusaugen. Auch das Unterscheidet Chinas und Russlands Konzept von dem eines klassischen Imperiums.
Solange aber beide Finanzsysteme noch zeitgleich existieren, wie es in der jetzigen Übergangsphase notwendig der Fall ist, müssen sie insoweit noch miteinander kooperieren, damit der Chrash des westlichen Kapitalismus die Staaten nicht wieder in den Abgrund reißt; was bekanntlich immer zu Weltkriegen geführt hat. Also akkumulieren die Russen und Chinesen nun das Gold und kontrollieren - d.h. steuern - so den Bankrott des westlichen Finanzssystems.
Dass der Kommunismus in China auch Millionen von Opfern gefordert hat, ist natürlich von Ihnen zurecht kritisiert worden, jedoch das tat er auch in Russland und überall, wo er zur Macht gelangte. Aber so, wie auch die Deutschen - bis auf die üblichen ewig Gestrigen - den Faschismus oder "real existierenden Sozialismus" in der DDR - beides jesuitische Kollektivismen - nicht wiederhaben wollen, so wollen auch Russen und Chinesen keinen Kommunismus wiederhaben. Oder glauben Sie, Russen und Chinesen sind lernresistent?
Unser Bild von Kommunismus ist vor allem von Marx, Lenin und Trotzki und deren Planwirtschaft geprägt und mit dem beurteilen wir eben auch Mao und Stalin. Aber vielleicht haben Sie mal genug Zeit, sich mit Staatswissenschaft, Kommunismus und Konfuzianismus etwas intensiver zu beschäftigen, um besser verstehen zu können, wie die KP Chinas heute mit ihrer Planwirtschaft spirituell tickt und warum. Hier geht es nicht nur um die Verwaltung eines riesigen Staatsgebietes, wie in Russland, sondern auch noch um die Versorgung von Milliarden Staatsbürgern. Auf dem jetzigen Entwicklungsstand wäre China gar nicht in der Lage, auf Planwirtschaft zu verzichten; denn wie gesagt: Die Armut von noch immer Millionen von Chinesen ist die Achillesferse des Reiches der Mitte.
China ist nur mit seinen eigenen Maßstäben zu messen, nicht mit marxistisch-leninistischen aber auch nicht mit den neoliberalen des Westens; auch nicht mit denen imperialistischer Geopolitik, wie sie bisher von den angloamerikanischen und französischen Seemächten angelegt wurden. DAS ist eben das große Umdenken, zu dem wir uns bequemen müssen, wollen wir die gegenwärtigen globalen Ordnungsbemühungen Russlands und Chinas verstehen, die beide Großmächte mit der Seidenstraße verbinden, mit der sie nicht zuletzt ihre eigenen Territorien erschließen und entwickeln wollen.