Reisebericht Südafrika (1) - Ein Blick in die Glaskugel
bearbeitet von unbekannt, Donnerstag, 06.12.2018, 21:32
Vor kurzem hat es mich in meinem Urlaub nach Südafrika verschlagen. Es sollte für mich keine Erholungs-, sondern vielmehr eine Bildungsreise werden. Schließlich ist Südafrika unser großes Vorbild, denn unsere Politiker und die überwältigende Mehrheit meiner deutschen Landsleute sehen auch Deutschlands Zukunft in einer Regenbogennation, in der Menschen aller Rassen und Ethnien in Harmonie und Eintracht auf einem Stück Erdoberfläche wohnen. Eine Reise nach Südafrika bot mir daher die Chance, einen Blick in die Glaskugel zu erhaschen, wie Deutschland in Zukunft ausschaut. Denn vieles, was man in Südafrika heute sehen kann, wird morgen auch in Deutschland Realität sein - wenn denn nicht die allumfassende schwere Wirtschaftskrise kommt, wo dann die Karten neu gemischt werden.
Rauchwolken über Kapstadt
Das erste, was mir in Kapstadt nach einem 12stündigen Nachtflug auffällt, ist ein stechender, beißender Geruch, der in der Luft liegt. Kapstadts Flughafen grenzt an das größte Township der Stadt - Khayelitsha. Hier wohnen mehr als eine Million Menschen dicht zusammengepfercht in Holz- und Wellblechhütten, aber auch in bis zu 4stöckigen gemauerten Häusern. Sie heizen und kochen in der Regel mit Paraffin und betreiben ihre öffentlichen Küchen auf offenen Holzfeuern, wo sie dann auch den Schafen und Schweinen die Haare bzw. das Fell absengen. Insbesondere das Grillen der Schafsköpfe auf offenem Feuer verursacht eine starke Rauchentwicklung. Die Männer versprechen sich vom Schafshirn und der Zunge eine potenzsteigernde Wirkung.
Ca. jeden dritten Tag liegt eine riesige Rauchwolke über Kapstadt. Entweder werden von Vandalen großflächig Bahndämme abgefackelt, die Bewohner der Townships fackeln ihren Müll (der natürlich viel Plastik enthält) ab oder es gibt in einem Township einen Brand, wo dann viele der Hütten vernichtet werden. Da in Kapstadt in der Regel ein stabiler SO-Passat weht, sind von den Geruchs- und Rauchbelästigungen mehrheitlich die nördlichen Stadtteile wie Milnerton, Table View bis Bloubergstrand betroffen.
Dienstleistungen am Straßenrand
Nach Übernahme des Mietwagens bin ich erst einmal mit dem Mietwagen zu meinem Appartment in den Stadtteil Table View gefahren. Das Appartment war quasi ein voll ausgestattetes Gästehaus mit Pool auf dem Grundstück eines IT-Spezialisten, das ich über Airbnb gebucht hatte. Hält man in Kapstadt an einer Ampel, springen sofort Männer, manchmal auch Frauen, auf die Straße und belagern die Autofahrer. Mehrheitlich sind es Bettler, die Schilder in den Händen halten wie "Habe Hunger" usw., es werden aber auch diverse Waren wie Zeitungen, Weihnachtsschmuck und dergleichen angeboten. Ich war erstaunt, dass ca. 10 -20% der Bettler Weiße waren. Das Angebot an Dienstleistungen an der Ampel ist abhängig von der Tageszeit. So kann man sich ab ca. 15 Uhr seines Mülls im Auto entledigen. Dann laufen nämlich Männer mit Müllbeuteln zu den Autos und sammeln den Müll ein. Besonders scharf sind sie auf Dosen und Plastikflaschen, die sie gegen Entgelt abliefern können.
Nähert man sich einem Parkplatz, sei es am Strand, einem Restaurant oder am Supermarkt, stehen dort häufig Männer in Warnwesten und bieten dem Autofahrer einen Parkplatz an. Sie weisen den Autofahrer ein und halten auch den laufenden Verkehr an, wenn man den Parkplatz verlassen möchte. Kehrt man zu seinem Auto zurück, wird man von einem Mann mit Warnweste darauf hingewiesen, dass man auf das Auto aufgepasst habe, um so das Gefühl zu erwecken, man sei dem Gegenüber eine Leistung schuldig. Dafür erwarten sie ein kleines Trinkgeld. Ich habe diese - für mich in der Regel unnötige Dienstleistung - auf Empfehlung ignoriert, habe das Auto von innen verriegelt und bin von dannen gefahren.
Lektion Eins für mich: An der Ampel die Verriegelung des Autos prüfen, nach unten gucken und auf keinen Fall Blickkontakt herstellen. Wenn ich nicht jeden Tag mein Geld an Bettler und fragwürdige Dienstleister verteilen möchte, musste ich hartherzig werden.
Absicherung der Immobilien
Die weißen Kapstädter wohnen vorwiegend in ausgedehnten Vororten, wie Milnerton oder Table View. Die Grundstücke sind zwischen 700 - 1000qm groß und neben dem Haupthaus befindet sich noch meist ein Anbau mit einer Einliegerwohnung oder einem Gästehaus. Fast alle Grundstücke besitzen einen Pool. In vielen Fällen wohnt eine schwarze Haushälterin in der Garage oder dem Nebengebäude. Die Häuser sind mit einer ca. 2m hohen Mauer umgeben und diese ist mit Stacheln bestückt, Stacheldraht oder einem elektrischen Zaun umgeben. Die Häuser sind nochmals zusätzlich mit diversen Alarmsystemen gesichert. In der Dunkelheit patroulliert ein schwer bewaffneter privater Sicherheitsdienst in Monster-SUV's durch die Straßen. An jedem Haus sind Schilder angebracht, welcher Sicherheitsdienst für das Objekt zuständig ist mit einem Hinweis, dass sofort scharf geschossen wird - "Armed response".
Auch tagsüber sieht man selten die weißen Bewohner auf der Straße. Ab und zu geht mal ein Renter seinen Hund ausführen. Eigentlich sind die Straßen nur von Schwarzen bevölkert - Hausmädchen, Gärtner, Kindermädchen, Poolreiniger. Fast jeder weiße Haushalt beschäftigt diverse Angestellte rund ums Haus. Schwierig wird es, wenn man einen Klempner oder Elektriker braucht. Hier suchen die Auftraggeber dann weiße Handwerker, denn die Wahrscheinlichkeit bei einem schwarzen Handwerker ist hoch, dass wenige Tage später ins Haus eingebrochen wird. Allerdings ist es schwierig, weiße Handwerker zu finden. Ich habe während meiner Zeit in Kapstadt praktisch keinen Weißen arbeiten gesehen. Angesichts der Vielzahl an Villen in und um Kapstadt frage ich mich noch heute, wo die Weißen all die hohen Einkommen erwirtschaften. Nicht alle können Spitzenmanager oder gut verdienende Selbstständige sein.
Eingeschränkte Bewegungsfreiheit
Alle Wege werden mit dem Auto zurückgelegt - auch tagsüber. Uns hat man auch nahegelegt, nicht auf der Straße spazieren zu gehen, obwohl der Stadtteil als sicher gelte. Während unseres Aufenthalts wurde ein norwegischer Tourist in Nordhoek, 15 km südlich von Kapstadt, beim Joggen ausgeraubt und mit mehreren Stichen ermordet. Und das nur, um an sein Handy zu kommen. Die Brutalität schon bei kleinen Eigentumsdelikten ist erschreckend. Jedenfalls sind auch wir abends mit dem Auto oder mit einem Uber-Taxi ins Restaurant gefahren. In Kapstadt habe ich Uber so richtig schätzen gelernt. Die App, der Service und der Preis im Vergleich zu einem herkömmlichen Taxi sind einfach unschlagbar. Obwohl die Südafrikaner zu meiner Verwunderung diszipliniert fahren, ist es in der Dunkelheit üblich, rote Ampeln nicht zu beachten und einfach über die Kreuzung zu fahren. Wenn man in der Dunkelheit bei Rot an der Ampel steht, kann man schnell Opfer eines Raubüberfalls werden.
Arbeitsmarkt für Weiße
Die Weißen, die weniger als 9% der Bevölkerung ausmachen, zahlen 80% der Steuern in Südafrika. Und das, obwohl die Weißen seit Ende der Apartheid 1994 stark in ihrer wirtschaftlichen Freiheit eingeschränkt wurden. Seit Einführung des BEE-Gesetzes (Black Economic Empowerment) werden Weiße auf dem Arbeitsmarkt systematisch benachteiligt. Der Zugang zum öffentlichen Dienst, Polizei und Militär ist ihnen praktisch verwehrt. Hat die Firma eine bestimmte Mindestgröße, gibt es Quoten, wie hoch der Anteil an Schwarzen in der Geschäftsführung sein muss. Das führt dann dazu, dass schwarze Geschäftsführer nur auf dem Papier stehen, ein hohes Gehalt beziehen, aber noch nie in der Firma gesehen wurden. Die Quotenregelung und das Besetzen von lukrativen Posten im Beamtenapparat ist ein systematischer Treiber von Korruption. Die Weißen können sich nur noch als Farmer und Selbstständige am Arbeitsmarkt behaupten. Mein Vermieter verdient nach eigener Aussage sehr gut als selbstständiger IT-Spezialist. Er schätzt den hohen wirtschaftlichen Freiheitsgrad und die geringe Konkurrenz in Südafrika. Er meint, in Europa mit seiner Konkurrenz und den vielen Reglementierungen wäre er nie so erfolgreich wie am Kap. Schattenseite ist natürlich, dass die weniger leistungsfähigen und weniger beweglichen Weißen in die Armut rutschen. Diese konnten sich früher ruhige Posten in der öffentlichen Verwaltung, Polizei und Militär suchen. Jetzt ist ihnen der Zugang zu diesen Posten versperrt. Ca. 25% der Weißen sind verarmt und auf Almosen angewiesen. Insbesondere um Johannesburg leben sie in eigenen Townships in erbärmlichen Verhältnissen.
Arbeitsmigration nach Südafrika
Da Südafrika im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern immer noch als wohlhabend gilt, gibt es nach wie vor eine ungebrochene Arbeitsmigration nach Südafrika. Während unserer Rundreise waren in allen Gästehäusern und Hotels nur ausländische Arbeitskräfte angestellt, vorwiegend aus Simbabwe, Malawi, dem Kongo und Nigeria. Die Hoteliers schätzen den Fleiß und die Zuverlässigkeit der ausländischen Arbeitskräfte. Im Gespräch sagten mir die ausländischen Arbeiter, dass das südafrikanische Sozialsystem den Arbeitswillen der Südafrikaner beeinträchtige. Sie erwarten alles vom Staat, da sie jetzt die Herren im eigenen Land seien und der Staat für sie sorgen und mit einem hohen Einkommen ausstatten müsse. Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt zwischen Südafrikanern und Ausländern um die raren Jobs führt immer wieder zu Progromen, bei denen viele ausländische Arbeitskräfte ums Leben kommen.
Sozialsystem und seine Auswirkungen
Hier sind wir beim nächsten Problem - dem südafrikanischen Sozialstaat. Südafrika hat ein Sozialsystem nach westeuropäischem Vorbild aufgebaut. Die Auswirkungen des Sozialstaats können nur mehr verheerend genannt werden. Eine Lehrerein sagte mit, das schwarze südafrikanische Mädchen bekommt mit 13 oder 14 Jahren das erste Kind. Mit 20 Jahren sind es dann schon 4 Kinder von meist unterschiedlichen Männern. Die Kinder werden dann zur Oma auf das Land abgeschoben. Die Mutter kann sich nun weiter im Township mit den nächsten Männern vergnügen. Schließlich gibt es Kindergeld und Sozialhilfe. Die Oma bekommt dann das Kindergeld, wovon sie die Kinder kleiden kann. Das Essen für die Kinder fällt aus dem Garten oder der kleinen Landwirtschaft ab. Kindergeld und Sozialhilfe haben die Geburtenrate weiter angeheizt und lassen das Heer an Arbeitslosen jungen Männern ohne Bildung und Perspektiven immer weiter anwachsen. Der Kindersegen hat auch zu einem starken Absinken des durchschnittlichen Bildungsniveaus der Schwarzen geführt. Junge Mädchen, die nur mit Kinderkriegen beschäftigt sind, sind nicht offen für bildungspolitische Maßnahmen.
Mehr gibt's dann im nächsten Teil des Reiseberichts.
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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER