Mittelschicht begeistert sich fürs Schuldenmachen

Dieter, Donnerstag, 09.11.2017, 21:31 vor 2577 Tagen 5246 Views

"6,9 Millionen. Als überschuldet gilt, wer dauerhaft mehr ausgibt, als er einnimmt, und seinen Zahlungsverpflichtungen schon länger nicht nachkommt.
Dabei ist Überschuldung längst nicht mehr allein ein Problem der Bundesbürger mit geringem Einkommen. Im Gegenteil: In diesem Jahr stammten laut Creditreform praktisch alle neuen Überschuldungsfälle aus der Mittelschicht."


Hallo,
obiges Zitat bei T-Online von Creditreform zeigt mal wieder wie bescheuert die Menschen sind. Wenn die Mittelschicht mehr ausgiebt als sie einnimmt, dann ist nicht Not der Motor, sondern Konsumgeilheit!!! Auch Investitionen wie Häuser dürften nicht der Grund sein, Arbeitslosigkeit ebenfalls nicht.

Da konnten Menschen den Verlockungen der Werbebranche nicht widerstehen, also ganz im Sinne dieser perversen Wirtschaftsform.

Gruß Dieter

SchuldnerAtlas 2017 -> äußerst interessante Tabellen am Ende edit: das Wichtigste vergessen

Ikonoklast @, Federal Bananarepublic Of Germoney, Freitag, 10.11.2017, 07:23 vor 2577 Tagen @ Dieter 4041 Views

bearbeitet von unbekannt, Freitag, 10.11.2017, 07:54

Hallo Dieter,

danke sehr interessantes Thema!

Es lohnt sich meines Erachtens den SchuldnerAtlas 2017 mal "quer" zu lesen.

"Brutto" ist die Verschuldungsquote zwar gesunken, aber "netto" gestiegen, da Flüchtlinge (noch) nicht verschuldet sind und so die Quote etwas drücken. Zudem (wie im DGF oft ausgeführt) wirkt die Flüchtlingskrise als ein zusätzliches Konjunkturprogramm (auf Pump versteht sich [[zwinker]] ).

Zitat aus SchuldnerAtlas:

"Hingegen ist die so genannte „Flüchtlingskrise“, die seit
Herbst 2015 die Medien und die öffentliche Wahrnehmung
dominiert, immer noch nicht bewältigt. So ist ein
„Arbeitsmarktwunder“ durch die Flüchtlinge als Antwort
auf Fachkräftemangel und demographischen Wandel
bislang ausgeblieben. Vorübergehend zunehmende Arbeitslosenmeldungen
von Flüchtlingen werden nach
Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
vom September 2017 von der grundsätzlich guten
Arbeitsmarktentwicklung kompensiert. Zudem wirkten
die öffentlichen Ausgaben zur Bewältigung der
Flüchtlingskrise nach Angaben des Deutschen Instituts
für Wirtschaftsforschung (DIW) wie ein „riesiges Konjunkturprogramm“
für die deutsche Wirtschaft. 2016 waren
hierfür 21,7 Milliarden Euro ausgegeben worden, für
2017 sind weitere 21,3 Milliarden Euro eingeplant.
...
Allerdings führte der erneute
deutliche Anstieg der Gesamtbevölkerung zu einer
leichten Abnahme der Überschuldungsquote."

Du liegst mit Deiner Vermutung zur Konsumgeilheit richtig.

Zitat aus SchuldnerAtlas:

"So finden sich nach Analysen der Sinus-
Geo-Milieus® in allen Schichten der Gesellschaft besonders
überschuldungsaffine Personengruppen, für
die Konsum und Kredit mehr Mittel zum Zweck sind."

Aber auch soziale Aspekte wie dazugehören wollen und Geltungssucht spielen eine Rolle.

Zitat aus SchuldnerAtlas:

"Neben der hohen Bildungsneigung spielt Konsum
für Mittelschichtsangehörige eine große Rolle, sei
es, dass hochwertige Konsumgüter eine hohe Bedeutung
haben oder der „Konsumverzicht“, der dann mit einem
anderen Lebensstil und „alternativem“ Konsum
einhergeht (wie z. B. hochwertige Ernährung, Yogakurse,
entsprechender Lifestyle). Ein weiteres zentrales
Merkmal der Mittelschichtzugehörigkeit ist die Bedeutung
von Mobilität. Mobilität, die – jenseits der gut ausgebauten
öffentlichen Verkehrsanbindung großer
Städte – gekennzeichnet ist durch das eigene Auto, das
diese ermöglicht und damit auch als Ressource dient,
soziale Beziehungen und spezifische Bildungsangebote
wahrzunehmen."

P. S. Sehr interessant finde ich auch die Diagramme und Tabellen am Ende des Atlas. Z. B. zu den Einwohnern in Deutschland (Tab 14.:Überschuldungsquoten in Deutschland 2004 bis 2017)

Betrug die Einwohnerzahl in Deutschland 2004 noch 82,5 Mio. sankt sie bis 2011 auf 80,33 Mio.. Bis 2015 stieg diese langsam auf 81,54 Mio., 2016 dann ein Sprung von 1,35 Mio. (hat man uns da nicht ganz andere Zahlen genannt? [[top]] ) auf 82,89 Mio. Einwohner. Der Sprung von 2016 auf 2017 (noch geschätzt) beträgt 0,92 Mio. Einwohner, somit eine Gesamtzahl von 83,75 Mio.

Was können wir evtl. aus diesen Zahlen seit 2011 ablesen/ableiten? [[zwinker]]

edit:

P.P.S. Die (für mich) wichtigste Aussage habe ich glatt vergessen, aus SchuldnerAtlas:

"Diese Menschen haben
offensichtlich den „Glauben an langfristigen Wohlstandsgewinn
und kollektiven Aufstieg verloren“ und
machen dafür..."

Diese Aussage halte ich die gefährlichste im ganzen Atlas. Alles was wir Menschen so treiben oder eben nicht, basiert auf dem Glauben an etwas.
Das Geldsystem funktioniert nur weil wir daran glauben, ebenso Gold, Bitcoin, unser Rechtssystem etc. Wenn nun eine kritische Masse den Glaube an das derzeitige System verliert, sind große gesellschaftliche Verwerfungen vorprogrammiert.

--
Grüße

---

Ich bin und zugleich nicht.

in 2016 Bevölkerungswachstum BRD 1,35 Millionen

Dieter, Freitag, 10.11.2017, 11:04 vor 2577 Tagen @ Ikonoklast 3104 Views

Hallo Ikonoklast,

schöne Zahlen hast Du erlesen!

Ich wußte gar nicht, daß Deutschland einen deratigen Kindersegen in 2016 hatte, wo doch die uns mitgeteilten Zahlen der Migranten aus Europa und der Welt doch viel niedriger waren.
Oder sind zu wenig Deutsche in 2016 gestorben?

Und wieso in 2017 ein geschätzter Bevölkerungszuwachs von knapp 900.000 Menschen?

ist schon komisch.

Gruß Dieter

Zur Verschuldung gezwungen.

trosinette @, Freitag, 10.11.2017, 10:51 vor 2577 Tagen @ Dieter 3357 Views

Guten Tag,

Auch Investitionen wie Häuser dürften nicht der Grund sein, Arbeitslosigkeit ebenfalls nicht.

Ich stehe zurzeit selber unter Verschuldungszwang. Entweder wir fliegen aus unserer Berliner Mietwohnung raus und stürzen uns in das Gemetzel auf dem Berliner Wohnungsmarkt, oder wir verschulden uns und kaufen unsere Wohnung selber.

Ich würde mich auch nicht wundern, wenn mich der technische Fortschritt irgendwann dazu zwingt, mit einem geilen Status-Smartphone in der Gegend rumzurennen.

Da konnten Menschen den Verlockungen der Werbebranche nicht widerstehen,

Diese Verlockungen denkt sich die Werbebranche nicht aus Jux und Tollerei oder reiner Bosheit aus.
Die Verlockungen der Werbebranche sind auch nur die Spitze des Eisberges.
Wesentlich tragischer ist der Umstand, dass ich den Verlockungen des Wirtschaftens nicht widerstehen kann.

Als überschuldet gilt, wer dauerhaft mehr ausgibt, als er einnimmt

Da führt nach meinem jetzigen Kenntnisstand beim Wirtschaften auf Dauer kein Weg dran vorbei.

Mit freundlichen Grüßen
Schneider

Berliner Wohnungen sind doch immer noch billig

Dieter, Freitag, 10.11.2017, 11:19 vor 2577 Tagen @ trosinette 3354 Views

Hallo trosinette,

Berliner Wohnungen sind doch immer noch billig, zumindest im intern. Vergleich.
Wenn man eine Stadt will die "sexy und attraktiv" ist, dann geht das auch mit Begehrlichkeiten anderer einher, also mit einer Steigerung des Wertes aufgrund gestiegener Attraktivität. Das sollte sich im Preis niederschlagen, z.Zt. meines Erachtens immer noch sehr human in Berlin.

Man kann nicht alles wollen, eine attraktive Stadt und extrem niedrige Mieten, wie sie bis vor kurzem noch in Berlin üblich waren.
Wem diese Attraktivität nicht wichtig ist und die damit verbunden Preisspirale als Mieter nicht mitmachen möchte, der sollte wegziehen, sich woanders umschauen und ggf.einen Teil seiner Bekannten gleich mit.
Wer an weiter steigende Preise glaubt, sollte die Wohnung in der er lebt kaufen, sofern das Netto für Tilgung und Zinsen reicht wenn man sich deshalb verschuldet, schließlich erhält man ja einen Gegenwert. Sollte die Einnahmen absacken aus irgendwelchen Gründen, dann wird die Immob. halt wieder verkauft und man wird wieder zum Mieter.

Also meines Erachtens ist in Deutschland niemand gezwungen mehr auszugeben, als er einnimmt (sei es durch Arbeit, Selbständigkeit oder staatl. Hilfen).
Es ist eine freie Entscheidung des Einzelnen.

Es gibt auch viele Personen, die trotz eines monatlichen 5-stelligen Netto-Einkommens überschuldet sind, einfach weil sie mehr ausgeben als einnehmen. Auch kenne ich Personen, die weniger als den Sozialhilfesatz haben und trotzdem noch Geld an die Seite legen (für schlechte Zeiten).

Gruß Dieter

Statt in Berlin könnte ich auch in Bottrop stattfinden.

trosinette @, Freitag, 10.11.2017, 15:03 vor 2576 Tagen @ Dieter 2983 Views

Wenn man eine Stadt will die "sexy und attraktiv" ist

Ich will die Stadt nur, weil ich vor 50 Jahren als phlegmatischer “Eumel“ und totaler Gewohnheitsmensch in diese Stadt hineingeboren wurde.

Während einer Sitzung beim Jugendpsychiater sollte eine meiner Töchter ihren Eltern Tiercharaktere zuweisen. Ich war Faultier und dachte nur „bingo!“

Meiner Natur nach setze ich mich erst in Bewegung, wenn mich die Umstände dazu zwingen. Ich bin sogar zum Reisen, Konsumieren und Verschulden zu phlegmatisch. Proaktive und vorausschauende Unternehmungen sind mir fremd. Wäre ich vorausschauend, hätte ich mir z.B. keine Kinder zugelegt und Anfang 2000 eine Eigentumswohnung aus meiner einst gut gefüllten Portokasse gekauft.

Ich bin auch kein engagierter „Macher“. Dass ich in unsere perversen Wirtschaftsform ökonomisch noch nicht gegen die Wand gefahren bin, ist reine Glückssache. Ich will mich auch nicht beklagen. Die Umstände meinten es bisher sehr sehr gut mit mir und es sieht auch für die Zukunft, von den nahenden Apokalyptischen Reitern abgesehen, weiterhin nicht schlecht aus. Ich bin jetzt nur leider gezwungen mich ein wenig zu bewegen.

Man kann nicht alles wolle

Dieses Wissen hilft nur bedingt, weil ich noch das Wollen halbstarker Familienangehöriger am Hals habe. Und andern vorzuschreiben, was sie zu wollen und zu tun und zu lassen haben ist auch eine Qualifikation, die in meiner Natur nicht wirklich vorkommt.

Also meines Erachtens ist in Deutschland niemand gezwungen mehr auszugeben,
als er einnimmt (sei es durch Arbeit, Selbständigkeit oder staatl. Hilfen).
Es ist eine freie Entscheidung des Einzelnen.

Hast ja theoretisch recht. Ich halte nur die Freiheit der Entscheidung für stark überschätzt.

Mit freundlichen Grüßen
Schneider

System 1 sticht System 2 (meistens) aus

Ikonoklast @, Federal Bananarepublic Of Germoney, Freitag, 10.11.2017, 16:01 vor 2576 Tagen @ trosinette 3422 Views

bearbeitet von unbekannt, Freitag, 10.11.2017, 16:12

Hallo Schneider,

ich kann Dich beruhigen, Du legst kein abnormales Verhalten an den Tag.
Kahneman nach, sind wir so angelegt, dass unser System 1 (automatisches, schnelles energiesparsames Denken, ) meistens System 2 (willentliches, langsameres, energieintensives Denken) überlagert. (Was Du sicherlich schon weißt, da Du das Buch bestimmt gelesen hast...[[zwinker]] )

Ich will die Stadt nur, weil ich vor 50 Jahren als phlegmatischer
“Eumel“ und totaler Gewohnheitsmensch in diese Stadt hineingeboren
wurde.

Während einer Sitzung beim Jugendpsychiater sollte eine meiner Töchter
ihren Eltern Tiercharaktere zuweisen. Ich war Faultier und dachte nur
„bingo!“

Meiner Natur nach setze ich mich erst in Bewegung, wenn mich die Umstände
dazu zwingen. Ich bin sogar zum Reisen, Konsumieren und Verschulden zu
phlegmatisch. Proaktive und vorausschauende Unternehmungen sind mir fremd.

Immerhin bist Du ein Faultier, ich bekomme per WhatsApp immer den Frosch ab [[sauer]]

[image]

Ich würde mich nicht als Phlegmatiker bezeichnen, sondern als die LED unter der Menschen. Brauchbare Leuchtkraft bei minimalem Energieverbrauch [[zwinker]] [[top]] [[freude]]

Auch wenn ich mir manchmal wünsche, System 2 öfter zu gebrauchen. Denn eine kognitive Verzerrung kommt selten alleine... [[sauer]]

--
Grüße

---

Ich bin und zugleich nicht.

Ein wichtiges Buch! Auch auf deutsch erhältlich. (oT)

Phoenix5, Freitag, 10.11.2017, 16:55 vor 2576 Tagen @ Ikonoklast 2705 Views

- kein Text -

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