Mal was Nachdenkliches zum Fescht
Ist das innerste Wesen des Menschen, auf das wir mit dem Wörtchen ICH deuten, etwas vom vergänglichen Leib existenziell Unabhängiges, das fortbesteht? Von der Geburt bis zum Tode bleibt nichts, wie es ist. Welch ein Unterschied besteht zwischen dem Säuglings- und dem Greisenstadium eines Menschen! Und doch ist es derselbe Mensch. Das heißt, es kann nicht nur Veränderung geben. „Etwas muss sich verändern, wenn Veränderung sein soll; dieses Etwas kann also nicht selbst schon Veränderung sein“, machte Friedrich Schiller in seinen „Ästhetischen Briefen“ aufmerksam. Etwas im Menschen muss in allem Wandel ein Bleibendes, ein mit sich selbst Identisches sein.
Alle Entwicklung des Menschen, die sich in der Geschichte entfaltet, ist daher Entwicklung des ICH. Auf den abendländischen Menschen hat der Einfluss der jüdischen Geistesentwicklung mit der Lenkung durch das Gesetz und die Zehn Gebote eine große Rolle gespielt. Ebenso ist die weitere Entwicklung nicht ohne den Einschlag des Christentums zu denken, das beansprucht, das Gesetz, das den Menschen noch von außen bestimmt, abzulösen und dem Menschen die inneren Entwicklungskräfte zur Freiheit zu bringen. In diesem Prozess stehen wir mitten darin: Der Mensch zwischen Gesetz und Freiheit