Taugt Hypnose zur Therapie?

Martin @, Sonntag, 28.05.2017, 21:30 vor 2738 Tagen 6613 Views

Der Fall: 11-jährige reagiert auf Stress mit 'Freundinnen' in der Schule, anderen Mitschülerinnen überempfindlich: Bauchweh und Brechreiz. Konsequenz: Fehlzeiten in der Schule, inzwischen über 30%. Sie ist in Betreuung bei einer Kinderpsychiaterin, nun an der Schwelle zu medikamentöser Therapie.

Ich möchte mich da nicht zu sehr einmischen, aber ich frage mich und auch die Eltern, warum nicht einfach Hypnose versucht wird, bevor unspezifisch mit Medikamenten evtl. mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Ist eine so spezifische Situation nicht geradezu prädestiniert für Therapie durch Hypnose (die Ärztin kann das anscheinend, sieht aber keine Veranlassung).

Immerhin behauptet eine meiner Schwestern, dass sie sich mittels Hypnose das Rauchen abgewöhnt habe.

Gruß

Schulversagen - Ursachen-Diagnose vor Therapie - Hypnose nicht die einzige Methode - Tests und Diagnostik

Literaturhinweis @, Montag, 29.05.2017, 02:15 vor 2738 Tagen @ Martin 6782 Views

bearbeitet von unbekannt, Montag, 29.05.2017, 02:33

Ich gehe erstmal auf das von Dir Geschriebene ein und kommentiere es. Darunter aber kommen die eigentlichen Ratschläge (die natürlich wie immer meinem angeknacksten Selbstbewußtsein geschuldet sind). Da ich mir erkennbar einige Mühe gemacht habe, wäre es nett, wenn Du den Eltern selbst diesen Beitrag hier, insbesondere aber eben den Teil, der sich allgemein mit Schulproblemen und deren nahezu zwangsläufiger Eskalation befaßt, zu lesen gibst.

Die Eltern, alle Eltern in solchen Situationen, wissen gar nicht, auf welchen Leidensweg sie sich in den meisten Fällen als gesamte Familie begeben - das wird ihnen erst hinterher und nach Jahren klar, wenn es längst zu spät ist.

Der Fall: 11-jährige reagiert auf Stress mit 'Freundinnen' in der Schule, anderen Mitschülerinnen überempfindlich:

Evtl. Opfer der Waffe der Unfähigen?

Bauchweh und Brechreiz.
Konsequenz: Fehlzeiten in der Schule, inzwischen über 30%.

Das ist ein Schutzmechanismus, und -in den meisten Fällen, den allermeisten- nicht etwa eine (körperliche) Erkrankung. Am Anfang mag das vorgetäuscht sein, irgendwann chronifiziert sich Schulangst in solcher tatsächlich somatisierter Symptomatik.

Sie ist in Betreuung bei einer Kinderpsychiaterin, nun an der Schwelle zu medikamentöser Therapie.

Es ist leider Teil der Selbstimmunisierung gerade des deutschen Schulsystems, daß der einzelne "versagt" und herausgenommen wird, um ihn zu "therapieren", statt das systemische Konglomerat aus Mitschülern und Lehrkräften zu supervidieren.

Es ist i.d.R. wesentlich einfacher, seine Unfähigkeit als Lehrkraft auf einen Schüler zu projizieren, als die Art des eigenen Umgangs mit Machstrukturen in einer Klasse zu thematisieren.

Ich möchte mich da nicht zu sehr einmischen, aber ich frage mich und auch die Eltern, warum nicht einfach Hypnose versucht wird, bevor unspezifisch mit Medikamenten evtl. mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird.

Es gibt eigentlich ein diagnostisches Instrumentarium um das abzuklären - meist jedoch beginnt das Drama mit dem Schulpsychologen, der in aller Regel gar keine geeignete Ausbildung hat. Schulpsychologen haben -anders als die meisten frei praktizierenden und universitären Psychologen- keine echte Ausbildung für das, was sie tun. Dazu mehr noch einmal unten beim Thema Diagnostik und Tests.

Ist eine so spezifische Situation nicht geradezu prädestiniert für Therapie durch Hypnose (die Ärztin kann das anscheinend, sieht aber keine Veranlassung).

Ich hatte ja bereits mehrere Beiträge zum Thema Hypnose beigesteuert, insbesondere:

- Depression, bipolare/unipolare Störungen, Melancholie und Traurigkeit: Sofort- und Abhilfemaßnahmen und etwas Literatur

und zu Voraussettzungen der Psychotherapie und Schmerztherapie.

Wer sich zu Hypnose einen Überblick verschaffen will, kann sich immer noch anhand des Buches von Dave Elman, wiewohl aus den siebziger Jahren, einen guten Überblick über die vielfältigen suggestiven Interventionsmöglichkeiten bilden, aus dem ich ja ausführlich zitiert hatte.

Von Selbstexperimenten in solchen Situation rate ich allerdings ab ...

Immerhin behauptet eine meiner Schwestern, dass sie sich mittels Hypnose das Rauchen abgewöhnt habe.

Ja, allerdings: das Rauchen ist in 999 Promille der Fälle, neben der akuten körperlichen Abhängigkeit, eine "Methode" der individuellen Streßbewältigung, deren Wurzeln in der Vergangenheit liegen und daher sich leichter hypnotisch aushebeln lassen, als ein Schulphobie, deren Ursachen täglich neu entstehen, sowie das betr. Kind den Fuß in die Schule setzt, ja, die einen selbst dann verfolgen, wenn man nicht dort ist. Nämlich, was meinst Du, was dieses Kind sich immer dann mit Vorstellungen quält, wenn es zuhause "krank" im Bett liegt, um den noch größeren Beschwerden, die mit dem Schulbesuch verbunden sind, auszuweichen, während es gleichzeitig von den Gedanken nicht loskommt, daß jede Sekunde, die es im Bett liegt oder sonstwie nicht "vor Ort" ist, sich

a) seine Chancen, den Stoff aufzuholen, verschlechtern

und

b) es noch weiter aus der Sozialstruktur der Klasse herausgefallen sein wird ("was reden die wohl über mich, wenn ich nicht da bin?")

und so weiter und so fort.

Und wer meint, er selbst sei unbeschadet durch seine Schulzeit gekommen: Ich habe schon oft mit Eltern solcher Schülerinnen und Schüler dann assoziative Reisen in die Vergangenheit unternommen, wo sie dann erschrocken feststellen durften, welche Probleme sie hatten und welche Wunden sie davontrugen, siehe hier, an die sie sich aber nicht mehr erinnern konnten. Wenn dann aber zwanzig solcher Eltern in einem Raum saßen und der erste brachte das erste schmerzliche Erlebnis, Verletzungen, ungerechte Behandlung usw., plötzlich fiel dem zweiten was ein, dann dem dritten, dann schon wieder dem ersten.

Solche geschönten "Erinnerungen" an die Schule haben evtl. auch die Eltern der Elfjährigen - was es dann noch schlimmer macht, weil das Kind nicht das Verständnis erfährt, das es in solchen Situationen dringend braucht.

Oder woher kommen die ganzen Schülerselbstmorde?

Nun also zum eigentlichen Teil, der, das möge man mir nachsehen, wieder mal auf Erfahrung mit solchen und ähnlichen Fällen beruht und nicht, wie oft, nur auf theoretischen Überlegungen oder Angelesenem - anders, als manch anderen, ist es mir nicht gegeben, über Themen zu schreiben, von denen ich nichts verstehe:

Schulversagen, Schulangst - Möglichkeiten der Diagnose, der Therapie und des Ausweichens

Bei allem folgenden gehe ich davon aus, daß die Ursachen der Beschwerden nicht alleine, auch nicht mal überwiegend, im betroffenen einzelnen Kind selbst liegen, sondern

- an dem System Schule allgemein,

- der aktuellen Schule im Besonderen,

- der Klasse selbst und

- der Interaktion zwischen Lehrkräften und Schülern

- sowie der Schulleitung.

Auch zum Thema Schule und Unterricht hatte ich ja einiges geschrieben.

Bevor wir uns überhaupt den möglichen Abhilfemaßnahmen nähern, muß dringend eines vorweg klargestellt werden, bevor es zu spät ist:

Bewahrt das Kind vor einem Test durch einen staatlichen Schulpsychologen. Dessen regelmäßige Unkenntnis des Testinstrumentariums wird höchstens noch übertroffen von Schul-Sozialarbeitern oder -Sozialpädagogen, die Tests verwenden, die sie von Rechts wegen gar nie in die Finger bekommen dürften. Deren Unfähigkeit wird nur noch von manchem Berufseignungstester der Bundesirrenanstalt für Arbeit übertroffen.

Testmüdigkeit: Einen Begabungs-, Intelligenztest und vergleichbaren Test kann man i.d.R. nur einmal im Jahr durchführen. Es mag von Test-Psychologe zu Testpsychologe etwas anders aussehen, aber unter einem halben Jahr Abstand wird keiner, der das Testen gelernt hat, gutheißen, sondern als einen schweren Kunstfehler apostrophieren. Schulpsychologen geht man daher am besten weiträumig dadurch aus dem Wege, daß man das Kind mindestens einmal im Jahr -auf leider eigene Kosten- selbst testen läßt und dann dem Schulpsychologen verbietet, es nochmals in der Zeit "anzufassen" (macht er es dennoch, kann er, wenn man genügend Druck ausübt, gar seine Berufszulassung verlieren - vor allem kommt aber dann über den zu beauftragenden Obergutachter meist heraus, daß er von vornherein dafür gar nicht qualifiziert war). Die meisten Schulpsychologen kommen direkt nach ihrem Diplom zum schulpsychologischen Dienst, haben also keine für anspruchsvolle Tests erforderliche Zusatzausbildung. Das deshalb so vehement und ausführlich, weil das Desaster danach seinen Lauf nimmt, und schon viele Hochbegabte wegen dieser Idioten auf Sonderschulen gelandet sind. Schülerselbstmorde erwähnte ich ja schon, und mit IQ 140 zu einem Leben als Hilfsarbeiter verdammt zu sein, führt i.d.R. zu Suchterkrankungen usw. Also: Finger weg vom Schulpsychologen!

(Zu Testmüdigkeit findet man wenig im Netz - die meisten Psychologen, die keine Zusatzausbildung im Testen haben, kennen den Begriff u.U. gar nicht - hier mal eine Disseration, die dem wenigstens Rechnung trägt - aber ein Doktorand in Psychologie ist halt was anderes, als ein normaler Schulpsychologe, der nach dem Studium im für seine Leistungsbezogenheit berühmten Schuldienst Zuflucht sucht und sich ab da i.d.R. auch nur noch wenig bis gar nicht weiterbildet ...)

Warum solche Tests? Weil man am besten damit anfängt, herauszufinden, ob das Kind seine Probleme nicht etwa deshalb hat, weil es hochbegabt ist. Viele Hochbegabte haben ähnliche Probleme, wie die geschilderten und, u.a. wegen der eintretenden Testmüdigkeit, aber auch, weil sie bereits "hintendran" ist, gehört das zu allererst abgeklärt! Schlechte Schulnoten sind natürlich kein Hinweis auf Hochbegabung, aber sie gehen häufig mit Hochbegabung einher. Da ein solches Kind, wie seine Eltern, evtl. sich an den (ungerechtfertigt schlechten) Schulnoten orientiert, entspricht es irgendwann, erhält es nicht adäquate Hilfe, diesen Schulnoten. Schulnoten sind kein wissenschaftlich anerkanntes Diagnostikum, im Gegenteil.

Nun weiß ich nicht, wo dieses Kind wohnt, Deutschland ist (immer) noch groß und zwischen Flensburg und München liegen viele unfähige Therapeuten und Diagnostiker, jedenfalls -rein statistisch- trifft man nicht automatisch auf einen geeigneten.

Einer, von dem ich weiß, daß einschlägig Belastete mit ihm gute Erfahrungen gemacht haben, wäre Dipl.-Psych. Hagen Seibt in Bochum. Vgl. auch Mit intelligenten Kindern intelligent umgehen.

Den Mann kann man auch fragen, wen er evtl. empfehlen könnte, falls er zu weit weg ist, und: man kann ihn auch hernehmen, um ein evtl. schon erstelltes schulpsychologisches Gutachten zu bewerten. Die meisten behördlichen Schulgutachten, wie geschrieben, sind für den Schulpsychologen zulassungsgefährdend. Ausnahmen mag es geben, jedoch dürfte so jemand nie lange im Schuldienst bleiben, denn vom regulären Schulpsychologen wird erwartet, daß er zielgerichtet die Fehler beim Schüler, nicht beim Lehrer und schon gar nicht im System verortet. Wer damit Probleme hat, den findet man bald in freiberuflicher Praxis wieder.

Ein weiterer Tip wäre die Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik bzw. Abt. Psychosoziale Medizin und Entwicklungsneurowissenschaften in Dresden (Prof. Schulz, evtl. bereits emeritiert). Auch hier wieder: das muß nicht die exakt passende Spezialisierung sein, es geht wesentlich mehr darum, Diagnostiker zu finden, die

a) nicht auf dem "Trip" sind, die Probleme (allein) im Kind zu verorten und sich zum Ziel setzen, es solange zu "lobotomieren", bis es wieder gefügiges Mitglied einer Klassengemeinschaft wird.

Und

b) die dann evtl. einfach andere Institutionen oder Einzelpersonen benennen können, bei denen diese Voraussetzungen ebenfalls gegeben sind.

Wie sagte Hermann Hesse in Unterm Rad:

"Die Schule ist die einzige moderne Kulturfrage, die ich ernst nehme und die mich gelegentlich aufregt. An mir hat die Schule viel kaputt gemacht, und ich kenne wenig bedeutende Persönlichkeiten, denen es nicht ähnlich ging."

Nun muß man darum nicht ins andere Extrem verfallen, zu glauben (auch solche Eltern gibt es zur Genüge), jedes Kind mit Schulproblemen sei eine verhinderte bedeutende Persönlichkeit. Das obige Zitat bedeutet nur, daß angehende bedeutende Persönlichkeiten es besonders schwer haben. Es heißt aber nicht, daß es Menschen, die nicht das Zeug zur bedeutenden Persönlichkeit haben, es nicht auch schwer hätten.

Ein anderer solcher Kandidat wäre Prof. Franz Mönks und sein Institut; die sitzen zwar in Nijmegen/Niederlande, aber kooperieren mit Institutionen auf der anderen Seite der Grenze in Deutschand. Auch hier gilt: die wissen eben, wer kein Blindfisch ist in der Test- und Beratungsszene bei Schul"versagern".

Als nächsten möglichen Ansprechpartner empfehle ich Falko Peschel, schwerpuntktmäßig tätig an der Bildungsschule Harzberg, aber "in der Szene" einschlägig auch von Vorträgen und Büchern bekannt.

Vgl. auch "Neue Lernkultur?!" oder "Das Kind in den Mittelpunkt stellen!" oder Universität Innnsbruck: "Unterricht ohne zu unterrichten" bzw. "KÖNNEN KINDER WIRKLICH SELBSTSTÄNDIG LERNEN?".

Auch interessant als Ideengeber und Gesprächspartner könnte Franz Neffe sein, auch vom Spiegel oft interviewt.

Über alternative pädagogische Konzepte kann man sich auch auf dem Archiv der Zukunft informieren, Reinhard Kahl und seine Filme sind ja vielleicht dem einen oder anderen schon bekannt.

Für die wirklich wagemutigen sei die "Unerzogen-Liste" ernsthaft empfohlen - das sind vor allem Eltern mit Praxis! Siehe Yahoo-Mailingliste dazu - wirklich ein Augenöffner für die meist völlig unerfahrenen Eltern.

Entsprechende geeignete Diagnostiker könnte evtl. auch die Karg-Stiftung vermitteln/benennen, wenn auch diese sich überwiegend um jüngere Kinder bemüht und Lehrkräfte und Erzieherinnen berät. Dort ist auch der o.g. Hagen Seibt wieder mal gelistet.

Auch das Supervisoren-Ausbildungszentrum Dresden kennt natürlich u.a. die von ihnen Fortgebildeten, die evtl. näher am Wohnort beraten könnten (Frau Dr. rer.nat. Christine Volke).

Eine weitere mögliche Ansprechpartnerin bei Schulproblemen ist u.U. Dr. Annette Heinbokel, Dipl. Päd., vgl. ihre 12 Punkte.

Siehe auch die Expertenliste des Expertenkreises Hochbegabung/Potentiale.

Zu Selbsthilfe-Methoden hatte ich auch bereits geschrieben, insbesondere möchte ich hier nochmal auf meinen Übersichtsartikel zu Birkenbihl verweisen und insbesondere auf zwei Bücher:

- Trotz Schule Lernen!

und

- den Klassiker Stroh im Kopf?

Ohne daß Eltern sich selbst um eine objektivere Einschätzung dessen kümmern, was "moderne" Pädagogik leistet oder anrichtet, geht es nicht. Zuerst müssen die Eltern die Mechanismen durchschauen und entsprechend zu ihrem Kind stehen, sonst ist eine Psychiatrie-Karriere ohnehin vorgeschient und ich kann mir diese ganze Arbeit sparen!

Aber auch die Eingangsfrage zur Hypnotherapie "Taugt Hypnose zur Therapie?" sei beantwortet: eindeutig JA! Aber nicht jeder Hypnotiker taugt zum Therapeuten!

Ich habe da schon die tollsten Sachen erlebt. Einer, den ich blind empfehlen würde, auch wenn ich ihn nicht kenne, ist der beim schon erwähnten Gerald Kein beim Omni Hypnosis Institute in USA ausgebildete Hansruedi Wipf in Zürich. Natürlich macht auch er es vermutlich nicht selbst (wer weiß), aber er kann den/die entsprechende/n empfehlen.

Ein gänzlich anderer Ansatz wäre, es mit der Körpertherapeutin Helga Pohl zu versuchen, vgl. deren Buch "Unerklärliche Beschwerden?". Warum? Weil die Frau zuerst langjährige Psychoanalytikerin war, bis sie aufgrund eigener körperlicher Beschwerden schließlich auf Thomas Hanna stieß und sich schließlich von ihm ausbilden ließ. Sie hat, auch wenn man es als Uneingeweihter kaum glauben mag, auch schon "Schulangst wegmassiert" - wie soll das gehen? Recht einfach: die psychischen Probleme schlagen sich in körperlichen nieder und umgekehrt - wer weiß, was er/sie tut, kann ebenso an der "anderen Seite" anfangen - die Ergebnisse sind genauso dauerhaft, denn wer mit dieser Methode lernt, fällt hinterher nicht mehr in die alten Muster zurück! Es führen eben viele Wege nach Rom. Nennt sich "Sensomotorische Körpertherapie nach Dr. Pohl", vgl. dieses Video "2. Siener Kongress 2012 Sensomotorische Körpertherapie". Eines kann ich den Eltern ohnehin jetzt schon versichern: ohne körperliche Einbußen = Haltungsschäden ist das nicht abgegangen, vgl. den Begriff "Duckmäuser" usw. und die richten sich nicht alle von alleine wieder, bloß weil das psychische und soziale Problem "gelöst" ist. Selbiges kann man gut beobachten in der Schmerztherapie, wo die Schmerzen fortdauern, obwohl das körperliche Leiden vollständig ausgeheilt ist - das Hirn hat es "gelernt" und läßt das "erfolgreich" gelernte nicht wieder los. Ähnliches gibt's beim Tinnitus zu beobachten, bei der Posttraumatischen Belastungsstörung oder dem neulich breit diskutieren Blepharospasmus - das ist ähnlich wie bei den Tatortreinigern: auch wenn der Täter gefaßt ist, muß der Schaden noch weggeräumt werden.

Ansonsten kann man Anregungen zur künftigen Lernkarriere der Tochter noch hier entnehmen:

- Schneller lesen, mehr behalten ... Lesetraining, Speed Reading, Visual Reading, PhotoReading und andere Lesemethoden

- Spiele für verschiedene Altersklassen und Spielanlässe & zum Lernen- - Wissensfragen, Strategie, Geschicklichkeit, Gedächtnis

- Russisch Lernen für Anfänger aller Altersklassen - Der Mythos von der 'Fremdsprache' (auch allgemein auf andere Lerngebiete übertragbar)

- Wenn man Affen dressiert ...

- Functional illiteracy - 'Analphabetismus in der Praxis' und die Legasthenie-Welle

- Lernen ist das eine, Bildung ist das andere ...

- Konstruktivistische Didaktik und konstruierte Lernerfolge

- Die Didaktiken an staatlichen wie privaten Schulen stammen aus dem Mittelalter und sind völlig unwissenschaftlich

- Lehrer und Schüler, Pädagogik und Didaktik ...

- Mathematik-Lernen

- Bildungsplanung und Bildungsökonomik

Eine weitere Alternative wäre, solch ein Kind ganz aus der verursachenden Umgebung herauszunehmen und etwa nach Summerhill zu geben, dessen Begründer A.S. Neill ja in den Siebzigern in Deutschland stark beachtet wurde. Sehr viele Kinder gerade aus Deutschland gehen dorthin. Diese Schule steht natürlich nur pars pro toto - es gibt eine große Anzahl ähnlich geeigneter Alternativen, u.a. Sudbury-Schulen.

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Vielen Dank

Martin @, Montag, 29.05.2017, 06:03 vor 2737 Tagen @ Literaturhinweis 5198 Views

Die Antwort ist so umfassend und schnell, dass Du Dich in der Vergangenheit sicher schon mal intensiv mit der Thematik befasst hast. Ich werde diese über meine ursprüngliche Fragestellung weit hinausgehende Zusammenfassung an die Eltern weitergeben. Sie wohnen übrigens im Südwesten.

So weit ich das verstanden habe vertrauen die Eltern der betreuenden Ärztin, sie hat einen guten Ruf. Ihr Hauptmanko: Zeit.

Ich habe mich hier ans Forum gewandt, weil ich den auch schon etwas angeschlagenen Eltern nicht mit meinen evtl. unqualifizierten Ideen weitere Unruhe bescheren wollte, und ich aus dem einen oder anderen Beitrag im Gelben schon den Eindruck hatte, dass hier punktuell viel Kompetenz versammelt ist. Ich bin nicht enttäuscht worden, vielen Dank. Du hast das ganze Umfeld treffend beschrieben.

Da latent im Raum steht, dass das Gelbe eingestellt wird, habe ich mir den Beitrag erst mal herauskopiert und werde die vielen Links auf das Gelbe entsprechend durchforsten und ebenfalls kopieren.

Ich hoffe jetzt mal, einen nützlichen Beitrag leisten zu können.

Gruß, Martin

Kurze Antwort - wenn das Auto noch einen Gang mehr hat ...

Literaturhinweis @, Montag, 29.05.2017, 09:13 vor 2737 Tagen @ Martin 5452 Views

bearbeitet von unbekannt, Montag, 29.05.2017, 09:23

Die Antwort ist so umfassend und schnell, dass Du Dich in der Vergangenheit sicher schon mal intensiv mit der Thematik befasst hast.

In der Regel war ich bei den meisten Themen "mittendrin" im Gewühl, über die ich schreibe, nur kann ich in vielen Fällen nicht konkreter werden, ohne mich zu deanonymisieren.

Ich schreibe jedoch stets nach bestem Wissen und Gewissen und nur, wenn ich mir sicher bin, weniger Schaden anzurichten, als evtl. andere. Im Übrigen würde ich nicht-pseudonym nicht anders schreiben, was sicher nicht bei jeden im Internet so zuträfe.

Stets stehe ich dabei fest an der Seite des Staates, insbesondere, wenn es darum geht, das Schulsystem zu verteidigen, wie gerade neulich.

Ich werde diese über meine ursprüngliche Fragestellung weit hinausgehende Zusammenfassung an die Eltern weitergeben. Sie wohnen übrigens im Südwesten.

Wenn mir noch jemand einfällt, trage ich es nach. Auch wenn z.B. Bayern und Baden-Württemberg gemeinhin das "bessere" Schulsystem nachgesagt wird, ist es halt überall dasselbe: "one size fits all".

Im Englischen sagt man "Takes one to know one". Das bedeutet konkret:

- Ein Psychologe, der testet, sollte bei Hochbegabten am besten zur selben Kategorie gehören, nach rechts in der Gaußkurve werden aber die Träger der entsprechenden Intelligenzperzentile immer seltener, und vor allem selten im Schuldienst zu finden. @day-trader hat das an einem Extrembeispiel mal klargelegt. So logisch das klingt, so sehr wehrt sich das System gegen diese statistisch-normale Erkenntnis; dabei würde bereits die nötige Bescheidenheit genügen, es würde sich ja auch kein Sportlehrer zu Klitschko in den Ring wagen. Aber nein, die meisten Sportunfälle ereignen sich im Sportunterricht an deutschen Staatsschulen (über eine halbe Million meldepflichtige pro Jahr - und das bei einem Bruchteil der aktiven Zeit je Kind gegenüber ernsthaftem Vereinssport!).

- Eine Lehrkraft müßte umgekehrt sich auch auf der linken Seite der Gaußkurve auskennen; da mag sie zwar über mehr Intelligenz verfügen, darum aber nicht unbedingt über Kompetenz. Etwas, das mit der Inklusion nur noch um Größenordnungen schlimmer geworden ist. Wie man daran sieht, daß eine Lehrerin die korrekt gelösten Matheaufgaben einer Trisomie-Schülerin ausradiert, weil sie gefälligst die "leichteren" aus dem Förderprogramm lösen solle. Echte Förderung hätte im nächsten Schritt dagegen so ausgesehen, daß man das Mädchen mit Down-Syndrom fragte, ob sie es nicht mal mit dem Leistungskurs versuchen wolle. Immerhin gibt es, seit der Damm gebrochen ist, mittlerweile einige Menschen mit Trisomie, die Bachelor- und Master-Abschlüsse vorzuweisen haben, Doktoranden ebenfalls und öffentliche Redner auch, die ihre Reden selbst schreiben und halten.

- Daß stetig wechselnde, im Elfenbeinturm erfundene Didaktiken und ständig neue Lehrpläne wenig nützen und auch noch den fähigen Lehrer an den Rand bringen, hatte ich auch schon verlauten lassen.

Für Eltern ist solch ein System schwer zu durchschauen, für Nicht-"Pädagogen" sowieso, oft aber für im System mit verhaftete erst recht.

Wenn ein KFZ-Meister nach der Prüfung lauter Autos vorgefahren bekäme, die sich partout nicht reparieren lassen, würde er es auch erstmal auf die Autos schieben und nicht auf seine evtl. inadäquate Ausbildung!

So weit ich das verstanden habe vertrauen die Eltern der betreuenden Ärztin, sie hat einen guten Ruf.

Besser als nicht [[freude]] ...

Ihr Hauptmanko: Zeit.

Das andere Problem: zur Diagnose nützen die Symptome nichts. Darum ja der Hinweis auf testerfahrene Psychologen. Medizinische Symptome gibt es zuhauf. Ich kannte mal einen, der hatte einen nagelneuen Kleinwagen. Dreimal tauschte die Werkstatt auf Garantie sämtliche Zylinder bzw. Ventile aus.

"So weit ich das verstanden hatte, vertraute der Fahrer der betreuenden Werkstatt".

Bis er eines Tages kam: "Kollegen, jetzt hab' ich's: das Auto hat ja noch einen Gang!" Diese Analogie trägt noch weiter, als auf den ersten Blick ersichtlich.

Ich bin nicht enttäuscht worden, vielen Dank. Du hast das ganze Umfeld treffend beschrieben.

"Takes one to know one".

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Kurze Antwort ist gut ;-)

Martin @, Montag, 29.05.2017, 11:17 vor 2737 Tagen @ Literaturhinweis 4704 Views

Mit Ärzten ist es wie mit Beratern: Man nimmt sie in Anspruch, weil man von ihnen mehr Kompetenz erwartet als man selbst hat, landet aber dann beim Problem, einen fähigen Arzt oder Berater auswählen zu müssen, ohne dafür Kriterien zu haben. Ich möchte auch kein Misstrauen in das Eltern/Ärztin-Verhältnis streuen. Deine Ausführungen müssen für sich selbst wirken.

Soweit ich das weiß ist das Verhältnis der Kleinen zu ihren Lehrern/Lehrerinnen gut. Sundevil hat die Zickereien und die Folgen vermutlich gut getroffen. Gerade weil mir die Situation so spezifisch erschien (typisches, sich wiederholendes Verhaltensmuster auf Ausgrenzung, Sticheleien, Gemeinheiten) hatte ich den Gedanken an Hypnose, in der laienhaften Annahme, dass sich so eingrenzbare Verhaltensmuster direkt adressieren ließen.

Die Klasse ist übrigens recht deutsch. Jungs sind bei der Zickerei außen vor. Mädchen scheinen tatsächlich von Natur aus diesbezüglich schlimm zu sein.

Ärztin ist für's Heilen da, Testpsychologe für's Testen

Literaturhinweis @, Montag, 29.05.2017, 11:59 vor 2737 Tagen @ Martin 4816 Views

Mit Ärzten ist es wie mit Beratern: Man nimmt sie in Anspruch, weil man von ihnen mehr Kompetenz erwartet als man selbst hat,

80% der Ärzte halten 80% der Ärzte für Stümper ...

landet aber dann beim Problem, einen fähigen Arzt oder Berater auswählen zu müssen, ohne dafür Kriterien zu haben. Ich möchte auch kein Misstrauen in das Eltern/Ärztin-Verhältnis streuen.

Natürlich, den Rettungsring wegnehmen, weil der Rettungsschwimmer schon dabei ist, sich umzuziehen, ist nicht das Klügste ...

Soweit ich das weiß ist das Verhältnis der Kleinen zu ihren Lehrern/Lehrerinnen gut.

Dann ... hätte ich erwartet, daß sie meine Vorschläge vorwegnehmen [[freude]] ...

Ohne Lehrkräfte generell schlecht machen zu wollen, im Gegenteil, kommt mir dieses "ungestörte Verhältnis" immer so vor, wie wenn ein Pfleger sich aufopfernd um einen Verdurstenden kümmert, statt mal ein Glas Wasser vorbeizubringen.

Meine Meinung zur Aufgabe von Lehrkräften ist ja dokumentiert.

Wenn man davon ausgehen darf, daß Lehrpläne nichts verlangen, was nicht jeder Schüler auch prinzipiell leisten kann, dann hat -meiner 'unmaßgeblichen' Ansicht nach- jeder Schulbedienstete (sogar der Hausmeister! - aber wer bin ich schon) sich darum zu kümmern, daß Abhilfe geschieht.

Sundevil hat die Zickereien und die Folgen vermutlich gut getroffen.

Ja, nur: jede Herde folgt dem Leithammel. Nur wenn es keinen gibt, beginnt der Kampf um die Hackordnung. Etwas schematisch, aber, meine Güte, nach ca. zweihundert Jahren didaktischer und pädagogischer Forschung sollten solche Themen echt gegessen sein. Meinem Vater flog noch alle paar hundert km die Kette vom Motorrad, seine Eltern hatten beim Auto laufend einen Platten. Von all dem hört man nichts mehr. Nur in Schulen.

Gerade weil mir die Situation so spezifisch erschien (typisches, sich wiederholendes Verhaltensmuster auf Ausgrenzung, Sticheleien, Gemeinheiten) hatte ich den Gedanken an Hypnose, in der laienhaften Annahme, dass sich so eingrenzbare Verhaltensmuster direkt adressieren ließen.

Ja, ich habe ja auch geschrieben, daß ein guter Hypnotherapeut da ebenfalls etwas ausrichten könnte, ebenso, wie eine spezifisch geschulte Körpertherapeutin.

Aber, wenn man mal in einschlägige Hypnotherapeuten-Verzeichnisse schaut, findet man halt sehr viele Raucherentwöhner, einfach deshalb, weil das eine Prozedur ist, die relativ monoton und überschaubar abläuft.

Nehmen wir dagegen einen Heroinabhängigen: den kann der Hypnotiseur erst therapieren, wenn er vorher (längere Zeit) nichts genommen hat. Wenn der Patient das schafft, hat er den Therapeuten auch nicht mehr nötig.

Soll heißen: hier geht es (u.a.) um die Arbeit mit "Glaubenssystemen", denn das Selbstwertgefühl ist nichts anderes.

Wer ein unerschütterliches Selbstwertgefühl besitzt, wird nicht gemobbt, oder, vielleicht besser, er merkt es gar nicht.

Der Grat zur Selbstüberschätzung ist aber schmal - anders, als beim Rauchen geht es hier um wesentlich definierendere Persönlichkeitsmerkmale. Man kann ja jemand die Milz herausoperieren, auch die Schilddrüse, mit dem Rückgrat aber sollte man Vorsicht walten lassen.

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Milton Erickson Gesellschaft

Olivia @, Montag, 29.05.2017, 13:28 vor 2737 Tagen @ Martin 4741 Views

Wenn dich Hypnotherapie interessiert, dann kontaktiere eine Niederlassung der Milton Erickson Gesellschaft. Die sind seriös und können dir Hypnotherapeuten nennen. Fachliche Voraussetzung: abgeschlossenes Studium der klinischen Psychologie (mind. Diplom/Master) und Approbation (3-jährige Zusatzausbildung in psychologischer Psychotherapie), anschließend Ausbildung in Hypnotherapie nach Milton Erickson.

Die Ericksonsche Behandlung basiert auf dem Kontakt mit dem Klienten während der Sitzung (also keine Zombie-Hypnose) und auf einem ruhigen, entspannt-konzentrierten Fokussieren auf das Thema. Hypnotherapeuten nach M.E. arbeiten sehr vorsichtig mit den Klienten und respektieren diese und ihre Ausdrucksweise (z.B. Krankheitsbild) sehr. Die Mutter muss also keine Angst haben, dass durch eine der "brutaleren" Konfrontationstherapieformen evtl. weiterer Schaden angerichtet wird.

Gunther Schmidt (Heidelberg) ergänzte die Therapie Ericksons durch die systemische Komponente (Systemische Hypnotherapie). Er hat oft Klienten unterstützen können, in wenigen Sitzungen langjährige Probleme aufzulösen. Er wird Schüler haben. Danach könnte man sich erkundigen.

Das 11-jährige Mädchen ist in der Schule "Bestandteil eines Systems". D.h. die Handlungen der "Akteure" greifen ineinander. Eine Handlung ist Bedingung für eine nachfolgende Handlung. Wird einer oder mehrere dieser "Handlungs-Bausteine" des Systems "entfernt", wird das gesamte System gezwungen, sich anzupassen/zu verändern.

Die Art der Therapie erfordert kein Eingehen auf die Komplexität der Situation. Der Klient muss auch nicht die gesamten "Abläufe/Komponenten" der Situation "verstehen". Dadurch unterscheidet sich dieser Ansatz zentral von den meisten anderen psychologischen Ansätzen. Die arbeiten daher auch sehr erfolgreich mit Kurzzeittherapien. - - - Also keine jahrelange Nabelschau.... nach dem Motto: Alles verstehen aber nix ändern....

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For entertainment purposes only.

Auch Dir vielen Dank. Ich reiche das weiter. (oT)

Martin @, Montag, 29.05.2017, 18:56 vor 2737 Tagen @ Olivia 4324 Views

- kein Text -

Südwesten und Süden - und weitere Alternativen und Verhaltenshinweise im Umgang mit Schulbehörden

Literaturhinweis @, Montag, 29.05.2017, 15:06 vor 2737 Tagen @ Martin 5115 Views

bearbeitet von unbekannt, Montag, 29.05.2017, 15:10

Sie wohnen übrigens im Südwesten.

Das ist zwar ein dehnbarer Begriff: "Südwestdeutschland bezeichnet ein nicht eindeutig abgegrenztes Gebiet ...".

Sicher kennt aber fast jeder der bisher genannten auch Experten weiter südlich.

Aber immerhin hätte ich da noch ein paar südlichere Vorschläge:

Mal noch vorneweg: derzeit ist das Kind ein sog. "Underachiever", d.h. jemand, der/die (weit!) hinter dem zurückbleibt, was er/sie leisten könnte, wenn Umgebung, Ressourcen und Selbstwertgefühl es zuließen. Also wir alle.

Vgl. zur Problematik den Vortrag von Dr. Heike Hagelgans, Universität Leipzig: "Gelingende Underachiever-Förderung in der Schule - ein modernes Ei des Kolumbus?"

Häufig sind Underachiever überdurchschnittlich begabt, aber natürlich nicht ausschließlich. Auch mit unterdurchschnittlichem IQ kann man Underachiever sein.

Es muß aber abgeklärt werden!

Nichts schlimmeres, als bei einem Auto die Einspritzpumpe ersetzen, dem in Wirklichkeit bloß der Sprit fehlt.

Zur Frage, ob Hypnose jedes Problem lösen kann, hatte ich schon meinen Senf dazugegeben. Ob Miltonsche Konversationshypnose hilft, kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden werden. Die Gegenüberstellung zur "Zombie-Hypnose" zeigt, wie verbreitet und tiefsitzend die Vorteile in unserer Gesellschaft zu bestimmten hypnotischen Verfahren noch sind.

Man kann sich Miltons Gesprächsprotokolle ja gerne durchlesen, ich möchte aber zu bedenken geben: es gibt tiefgreifende Störungen, die einen sog. katatonen Zustand eben erfordern. Milton war Meister der Selbstbeschränkung, wie jeder, der sein Gebiet schlafwandlerisch beherrscht, sei er nun Arzt oder Steuerberater.

Eine südlicher angesetzte Koryphäe wäre evtl. Prof. Kurt Heller, hier ein Interview mit ihm, bzw. seine Schüler an Universiäten oder in eigener Praxis. Siehe auch seine Stiftung.

Siehe auch Prof. Karl Kluges alte Webseite mit entspr. Verweisen. Er war an der Uni Köln, auch er inzwischen emeritiert.

Seine Tochter Nicola Kluge, die mit ihm ein Buch geschrieben hat, ist, nomen est omen, auch in dem Bereich weiterhin tätig.

Siehe auch "Hochbegabte Glückskinder auf ihren Wegen begleiten: Ein Veränderungskonzept mit Gewinnaussichten" oder Karl J Kluge, Katja Cordt: "BEGABUNGS-Therapie".

Nochmal: es geht weniger darum, jeden einzelnen als den Tester oder gar Therapeuten zu empfehlen, sondern sich fachkundigen Rat zu holen, an wen man sich tunlichst wenden solle. Andere Wege zu gehen, gleicht meist einem Würfelspiel. Jede kommunale Familienberatungsstelle hat natürlich Listen mit irgendwelchen Leuten - hier aber darf nicht noch erst herumexperimentiert werden!

Ferner sei den Betroffenen das Buch "Hochbegabung - Die normalste Sache der Welt" von Prado und Feger ans Herz gelegt. Dessen Autorinnen mach(t)en ebenfalls Beratung und sind leicht zu ermitteln.

In der Zeit, in der das Kind krankheits- oder angstbedingt zuhause verbringt, empfehle ich Bücher, die ihm Wege aufzeigen, wie Lernen geht - das hat einerseits den Vorteil, an den Lernstoff Anschluß zu behalten bzw. ihn zu überholen (vgl. meine Hinweise zum Lernen oder speziell zur Mathematik).

Besonders geeignet wären z.B. alle Bücher von Marcus du Sautoy.

Interessante Anregungen für Eltern und Kind auch in Labyrinth – die Zeitschrift der DGhK.

Nochmal: es geht nicht darum, daß das Kind hochbegabt ist, sondern ob. Alle genannten haben in beiden Fällen hilfreiche Ratschläge, und die genannte Literatur paßt für jedes Kind in dem Alter!

Noch wichtig: von Besprechungen mit Schule und Schulbehörden oder Jugendamt sollten Protokolle angefertigt werden, die von allen Teilnehmern unterschrieben werden.

Zu den Gesprächen kann man auch eine "sozial erfahrene Person" des eigenen Vertrauens mitnehmen (Anwalt nur, wenn es schon echt haarig wird, denn der versteht nicht unbedingt allzuviel von der Materie, es sei denn er ist spezialisiert wie z.B. Anwalt Hildebrandt im Falle Busekros).

Das Recht auf Akteneinsicht hat man zudem.

Ach, und noch etwas: Allzuviel reden mit anderen betroffenen Eltern, insbesondere im Beisein des Kindes, kann kontraproduktiv sein. Testvorbereitung mit irgendwelchen Testtrainingsbüchern erst recht. Jemand wie der Seibt springt dann im Dreieck! Der Test soll unverfälscht sein! Erst mal mit ein paar der genannten Experten reden und nicht etwas wohlmeinend tun, von dem man nur oberflächlich Ahnung hat!

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Literatur-/Produkthinweise. Alle Angaben ohne Gewähr! - Leserzuschriften

An die Leserzuschrift aus Erfurt ...

Literaturhinweis @, Montag, 29.05.2017, 16:25 vor 2737 Tagen @ Literaturhinweis 4846 Views

Eine Leserzuschrift nimmt Anteil:

Wenn Sie also ein Mensch sind und keine KI

Das wäre die erste selbstkritische KI [[freude]]

Ich behaupte mal, künstliche Intelligenz und sonstige "Hirnfürze" werden es nie soweit bringen, im guten wie im schlechten Sinne, wie wir "Bioroboter".

Es fehlt der künstlichen "Intelligenz" am Lebenszweck und am unmittelbaren Erleben, drum sagten die Römer ja "in corpore sano" und nicht "in rabotnik sano".

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.

Mich zu deanonymisieren habe ich dennoch nicht vor, aber vielleicht schreibe ich bei Bedarf mal was zum Tennisarm ...

Augenzwinkernde Grüße

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Literatur-/Produkthinweise. Alle Angaben ohne Gewähr! - Leserzuschriften

Bin 'erschlagen', nochmals vielen Dank

Martin @, Montag, 29.05.2017, 18:55 vor 2737 Tagen @ Literaturhinweis 4580 Views

Sie wohnen übrigens im Südwesten.

Raum Stuttgart. Von da sind die Wege nicht so weit.

Gruß, Martin

Ist das Schulleben Ausdruck unserer dysfunktionalen Gesellschaft?

Fidel @, Montag, 29.05.2017, 10:07 vor 2737 Tagen @ Literaturhinweis 5041 Views

Hallo Literaturhinweis,

wie dysfunktional ist unsere Gesellschaft eigentlich?
Verkorkste Kinder, =Täter, lernen diese Praktiken in ihren Familien von Eltern. Egal ob es muslimisches Paschadenken, Gewaltausbrüche, Opportunismus oder die gamsige Lolita sind.

Friedliche Kooperation als Grundlage von Familie und Gesellschaft hat man offenbar verlernt...wenn es Gesetze für Rettungsgassen auf Autobahnen braucht.

Wir werden berannt, sollten den Gefahren entgegen treten (Verlust von Bürgerrechten) und haben nichts besseres im Sinn, als uns gegenseitig mit viel Engagement fertig zu machen. Zum Fremdschämen.

Dabei sind alle Opfer derselben Versuche einen neuen Menschen zu züchten... wie so oft.

Abraços
Fdel

Staatlich geschützte Zickenkriege

Sundevil @, Montag, 29.05.2017, 07:44 vor 2737 Tagen @ Martin 5520 Views

Kinder sind brutal und suchen sich die Schwächsten aus. Heute nennt man das dann Ausgrenzung und nicht mehr Mobbing, denn dann haben die Lehrer weniger Verantwortung. Wie auch, wenn die Hälfte der Kinder eine ganz andere Kultur haben?

Bei Mädchen ist das dann ganz besonders ausgeprägt. Die werden unterdrückt uns systematisch fertig gemacht, Zickenkriege, eben.

Der Kreislauf ist folgender: Mädchen wird ausgegrenzt -> fühlt sich alleine -> will Aufmerksamkeit -> provoziert -> fällt nach aussen hin dem Lehrer auf, da ihm ja nur die Ruhe wichtig ist und das Ausgrenzen wenig sichtbar ist -> er beschuldigt das Mädchen: "Du bist immer dabei, wenn es Streit gibt", etc. -> Vertrauensverlust beim Opfer -> Hilflosigkeit -> Selbstentwertung -> Angst -> keine Freunde -> keine Freude -> wird Opfer vermehrter Gewalt und verbaler Attacken, denn der Lehrer hat es mit seinem Verhalten zum "Abschuss" freigegeben. -> Kreislauf beginnt wieder von vorn, aber emotional bereits eine Stufe niedriger


Wie gesagt, all das ist staatlich subventioniert durch die Art des Schulsystem. Das System alle gegen einen, ist einfacher zu lenken, das es die Gruppe stärkt und man jeden in der Gruppe durch eine Bemerkung ausgrenzen kann

Es gibt da nur 1 Sache, die meiner Meinung nach helfen kann, die dauert aber.

kurz und knapp

J. v. Liebig @, Montag, 29.05.2017, 10:56 vor 2737 Tagen @ Martin 5232 Views

Ich bin weder besonders kompetent noch einfühlsam (so meine Frau).

Der Fehler liegt meist im Elternhaus, die Mutter mischt sich über ein gesundes Maß in das Leben des Kindes ein.
Wenn die Situation schon zu sehr verbrannt ist, dann Schule (Mitschüler) wechseln.

Gruß v.L.

Kann man so pauschal nicht sagen...

Andudu, Montag, 29.05.2017, 11:23 vor 2737 Tagen @ J. v. Liebig 4919 Views

Der Fehler liegt meist im Elternhaus, die Mutter mischt sich über ein
gesundes Maß in das Leben des Kindes ein.

...wie kommst du darauf? Mobbing durch Schüler und auch Lehrer (ich war mal Mobbing-Opfer einer ziemlich minderbegabten Grundschullehrerin) kann alle möglichen Ursachen haben.

Wenn die Situation schon zu sehr verbrannt ist, dann Schule (Mitschüler)
wechseln.

Das ist allerdings das Mittel der Wahl, nur sollte man vorher analysiert haben, was schief gelaufen ist, um es an der neuen Schule von vornherein unterbinden zu können.

Argumentation mit dem Vorschlaghammer

J. v. Liebig @, Dienstag, 30.05.2017, 09:28 vor 2736 Tagen @ Andudu 4353 Views

Hallo Andudu,

du hast natürlich Recht, mein Statement ist pauschal mit dem Vorschlaghammer draufgeschlagen und reflektiert nur ein kleines Stück Lebenserfahrung.

Gruß v.L.

Panikattacken bei Kind. Was tun? Hypnose?

Ulli Kersten, Dienstag, 30.05.2017, 20:34 vor 2736 Tagen @ Martin 4471 Views

Ich hänge mich mal mit einem Problem an, das im weiteren Sinne ähnlich ist.

13-jährige, mit Mutter in Eisdiele. Großer gläserner Eisbecher fällt vom Tisch, tausend kleine Scherben und Eismatch überall, auch auf den nackten Füßen des Mädchens. Folge: Unkontrollierbare Panikattacke, keine Beruhigung möglich. Besorgniserregender Zustand, Atemprobleme, Arzt rufen?

Auch nach einiger Zeit läuft sie nur auf Zehenspitzen, weil in der Vorstellung kleinste Glasteilchen in den Fußsohlen stecken könnten.

Das ist kein Einzelfall. Den ersten gab es schon im Alter von 3 Jahren durch freundlichen, aber übermütigen Hund. Und wenn irgendwo eine Wespe summt, rennt sie in Panik davon und nimmt keine Rücksicht auf irgendwas, würde auch vor ein Auto laufen.

Was kann man tun, um sowas abzumildern? Die Eltern demonstrieren in allen Fällen zen-mäßige Gelassenheit, was absolut nichts hilft. Gespräche helfen nichts.

(Ich habe mal versucht, einer Frau durch Gespräche und praktische Übung ihre Spinnenangst zu mildern, was nicht geklappt hat: "Ich WILL Angst vor Spinnen haben", bekam ich zu hören. Das war in einem Land mit giftigen Spinnen.)

Zurück zum Kind: Kann Hypnose da helfen? Oder gibt es andere Möglichkeiten?

Danke, Ulli

Klinische Hypnose und/oder Neuro-Linguistisches Programmieren (NLP) zur Elimination von Phobien

Literaturhinweis @, Dienstag, 30.05.2017, 23:18 vor 2736 Tagen @ Ulli Kersten 4504 Views

bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 30.05.2017, 23:43

Eine Phobie ist eine erlernte Reaktion, die sich vom (noch) als "rational" empfundenen Verhalten dadurch unterscheidet, daß sie -aus Sicht der nicht-betroffenen "Normalen"- eine Überreaktion gegenüber dem zugrundeliegenden Reiz zum Ausdruck bringt.

Dieses Lernen der Phobie geschieht meist in der frühen Kindheit, kann aber in jedem anderen Lebensabschnitt ebenso "erlernt" werden. Und was man erlernen kann, kann man genausogut wieder verlernen.

Notabene: dieses Lernen ist nicht ganz dasselbe, wie das Lernen, das man mit schulischem oder universitärem Lernen meint. Aus dem "Wissens"-Lernen folgt meist ... nichts, d.h. keinerlei körperliche Reaktion, keinerlei Verhalten. So parkt etwa auch ein Verkehrspolizist mal an Stellen, wo es verboten ist, der Arzt raucht, der Hochleistungssportler, wiewohl Medizinstudent und sich der Gefahren bewußt, dopt, usw.

Die Welt sähe bekanntlich anders aus, wenn der Kantsche Imperativ auch beherzigt würde.

Gerald Kein, den ich auch hier benannt habe, hatte in seiner Hypno-Analyse mal einen Geschäftsmann, der plötzlich nicht mehr über Brücken fahren konnte, da er dann Panik bekam. Diese Panikattacken entwickelten sich über mehrere Jahre zu immer schlimmeren Behinderungen seiner Reisetätigkeit. Meist suchen solche Leute ja erst dann die Hilfe von Hypnotherapeuten oder auch NLP-lern, wenn alles andere fehlgeschlagen ist, dabei ist Klinische Hypnose seit ca. zwei Jahrzehnten endlich als Verfahren neben anderen wie Verhaltentherapie u.a. anerkannte Zusatzausbildung auch für Ärzte und Psychologen. Die Berührungsangst gegenüber "Zombie-Hypnose" existiert nur noch in der Laiengesellschaft und unter Ärzten, die davor approbiert wurden (jedenfalls sollte das so sein - Eifersüchteleien zwischen Therapierichtungen hat es immer gegeben, zur Zeit streitet man dem NLP die "studienbelegte Wirksamkeit" ab).

Als er schließlich nicht mehr ein und aus wußte, ging er also zum Hypnotherapeuten - und zum Glück erwischte er Kein und nicht irgendeinen Scharlatan.

Long story short: am Ende kam heraus, daß er als Kind, vielleicht mit zwölf Jahren, auf einem runden Gasometer mit einem Freund herumkraxelte. Irgendwann gerieten sie ins Rutschen und konnten sich nur mit Müh' und Not vor einem tödlichen Sturz bewahren. Später "nagte" dieses Erleben bedrohlicher Höhe in seinem Unterbewußtsein immer weiter, bis es am Ende sich in einer Angst vor allem manifestierte, "wo es links und rechts steil bergab geht".

Nach der 'Hebung' dieses verdrängten Bewußtseinsinhaltes und einigen anderen Interventionen in Tiefenhypnose war er künftig frei von seinen irrealen Ängsten - reale Furcht dagegen wird ihn auch heute noch davor warnen, auf einem Brückengeländer zu balancieren.

Soweit zur Unterscheidung zwischen Panikattacken/Phobien und "Gebranntes Kind scheut das Feuer".

Die Grenzlinien sind nicht immer einfach zu ziehen, denn sie sind auch kulturell bedingt. Wer aus religiösen Gründen glaubt, vorehelicher Sex oder der Genuß von Schweinefleisch oder eine unbeschnittene Vorhaut werde ihn das Himmelreich kosten, der wird in seiner kulturell-homogenen Gruppe nicht auffallen, im Gegenteil, und woanders wird man das, je nach Reaktion, die im Einzelnen sehr stark sein kann (vgl. die frühere Furcht vor Gehirnerweichung und Siechtum nach Onanie), ja zuweilen panisch, als völlig morbides Verhalten interpretieren.

Nehmen wir jetzt diesen Fall:

13-jährige, mit Mutter in Eisdiele. Großer gläserner Eisbecher fällt vom Tisch, tausend kleine Scherben und Eismatch überall, auch auf den nackten Füßen des Mädchens. Folge: Unkontrollierbare Panikattacke, keine Beruhigung möglich. Besorgniserregender Zustand, Atemprobleme, Arzt rufen?
Auch nach einiger Zeit läuft sie nur auf Zehenspitzen, weil in der Vorstellung kleinste Glasteilchen in den Fußsohlen stecken könnten.

Das ist kein Einzelfall. Den ersten gab es schon im Alter von 3 Jahren durch freundlichen, aber übermütigen Hund. Und wenn irgendwo eine Wespe summt, rennt sie in Panik davon und nimmt keine Rücksicht auf irgendwas, würde auch vor ein Auto laufen.

Ich vermute stark, daß die Hundephobie nichts mit der Glasphobie zu tun hat. Multiple Phobien sind auch nichts seltenes. Ganz zum Ausrasten bringt man das Kind, wenn man in die eine Tür einen Hund stellt, vor dem offenen, zur Flucht geeigneten Fenster sich gerade eine Spinne abseilt und man auf dem Teppich Glassplitter verteilt ...

Ich könnte mir vorstellen, daß die Betroffene z.B. einen Autounfall mit großem Getöse miterlebt hat und anschließend flogen im Auto überall Glassplitter herum. Oder nachts kam ein Einbrecher durchs Fenster, der glaubte, niemand sei zuhause, schlug eine Scheibe ein - und siehe da, Vati rennt hin, brüllt 'rum, Mutti fängt hysterisch an zu schreien ... You get the picture.

Solche -danach verdrängten (unangenehme und schockierende Erlebnisse werden 'gerne' "vergessen", die menschliche Erinnerung ist eine der genauesten nicht)- wirken aber dennoch fort und wenn es eine ähnliche Situation gibt, dann werden sie jedesmal neuronal erneut "gebahnt" und so verstärkt. Phobien neigen also dazu, je häufiger die Anlässe erlebt werden, zu immer stärkeren Reaktionen zu führen. Irgendwann reichen ein paar glitzernde Pailetten an Fasching.

(Ich habe mal versucht, einer Frau durch Gespräche und praktische Übung ihre Spinnenangst zu mildern, was nicht geklappt hat: "Ich WILL Angst vor Spinnen haben", bekam ich zu hören. Das war in einem Land mit giftigen Spinnen.)

Die rationale-emotiven Therapien verfehlen hier meist ihr Ziel. Auch wenn Krankenkassen gerne Verhaltenstherapien für Putzsüchtige u.a. Zwangsstörungen zahlen, ist es für einen, der um die Vielfalt der therapeutischen Verfahren und deren oft auf bestimmten Gebieten anerkennenswerten Verdienste weiß, deprimierend anzuschauen, wie sich dann ein Phobiker, angeleitet von einem Verhaltenstherapeuten und angefeuert dazu noch von mitrekrutierten wohlmeinenden Freunden, Bekannten oder Arbeitskollegen, bemüht, einen cm näher an das Objekt seiner Furcht zu gelangen. Bis nächstes Mal, irgendwann werden es bestimmt 5 cm - entspannt fühlen wird er sich dabei in den meisten Fällen lebenslang nie.

Der von mir mehrfach erwähnte Dave Elman, dem wahrscheinlich der Durchbruch der modernen klinischen Hypnose zu einem ärztlich approbierten Verfahren zu verdanken ist (zu seiner Zeit, in den siebziger Jahren, wurde sie immer noch angefeindet), hatte mal den Fall eines Mannes, der "schon sein Leben lang" stotterte.

In der hypnotischen "Regression" (Altersrückführung) schließlich gelangte Elman an den Punkt, wo er noch nicht stotterte, im Vorschulalter. Der Anlaß war folgender: er hatte vor nicht allzulanger Zeit auf einem Teich Enten schwimmen gesehen. Wenig später hatte sein Vater ihm zwei Hühner-Küken geschenkt. Der Junge setzte die zwei Küken dann in eine Wanne mit Wasser im Garten, wo sie prompt ertranken. Als der Vater heimkam, drosch er den Jungen windelweich, als der sich rechtfertigen wollte (er dachte ja, die könnten schwimmen), verbot er ihm unter Androhung noch viel schlimmerer Prügel "den Mund aufzumachen" und als er weinen wollte, verbot er ihm auch das. Wenig später begann er zu stottern.

Auch das Stottern wurde von Elman während einer Sitzung behoben. Daher:

Zurück zum Kind: Kann Hypnose da helfen? Oder gibt es andere Möglichkeiten?

Ja, mit großer Wahrscheinlichkeit. Aber das heißt nicht, daß jeder Hypnotherapeut was taugt. Darum auch die umfängliche Einleitung - auch deshalb, weil, anders als in vorgenannten Beispielen, es sich eben um ein Kind handelt. Sind die Eltern dem Versuch mit der Hypnose gegenüber mißtrauisch oder ablehnend oder zweifelnd eingestellt (wobei es genügt, wenn die Mutter glühende Befürworterin wird, der Vater aber mißmutiger Skeptiker bleibt), dann überträgt sich das auf das Kind.

Bei allen Warnungen vor der Aufhebung der Willensfreiheit in der Hypnose, ist es so, daß grundsätzlich nur hypnotisiert werden kann, wer dazu bereit ist. Jeder kann hypnotisiert werden, aber nicht jeder will es.

Der Bühnenhypnotiseur fragt ja das Publikum, "wer möchte mal hochkommen zu mir und das ausprobieren" - das sind schon mal die potentiell Willigen. Da er zudem gelernt hat, Körpersprache zu interpretieren, zeigt er aber nur auf ganz bestimmte, die er für darüberhinaus "unproblematische" Kandidaten hält. Und wenn er dann zwanzig auf der Bühne hat, macht er ein kurzes "Screening", ohne daß das Nicht-Erfahrene wirklich mitbekommen und schickt u.U. zwei wieder nach unten, weil es doch "irgendwie zuviele" auf der Bühne seien. Darum funktioniert es meistens so reibungslos. Diese Probanden sind i.d.R. extrovertierte Persönlichkeiten, die zwar scheinbar Sachen machen ("mit sich machen lassen"), die sie "im normalen Leben" doch nie machen würden. Aber nein: das sind genau die, die das bei nötiger Enthemmung auch machen würden, d.h. bei der Spring Break unter Alkoholeinfluß, wo die Studentin, spätere Chefin einer Werbeagentur, plötzlich an einer "Wet T-Shirt-Competition" teilnimmt. Das erkennt der Bühnenmagier eben und sucht sich genau diese heraus. Und ob sie nun den Alkohol oder die Hypnose zur Entschuldigung haben - in beiden Fällen können sie vor ihrem wohlerzogenen church-going Bewußtsein rechtfertigen "Ich war's nicht, das war ... die Hypnose, der Alkohol". In Diktaturen ist es der Führerbefehl.

Was kann man tun, um sowas abzumildern?

Nichts. Das ist erlentes Verhalten, das therapiert werden muß. Abmildern is' nich'. Das geht nur "ganz oder gar nicht". Was nicht heißen soll, daß sich manche Dinge im Lebensverlauf nicht scheinbar abmildern können, etwa eine sexuell gefärbte Phobie mit dem Beginn der Menopause. Aber das sind Einzelfälle.

Die Eltern demonstrieren in allen Fällen zen-mäßige Gelassenheit, was absolut nichts hilft.

Ja, würden die auch noch anfangen, würde das die Situation nicht bessern. Obwohl es, aber da sollte man wissen, was man tut, auch erfolgversprechende paradoxe interventionen geben könnte. Etwa, wenn sich dann nach dem ersten Schrei jemand anderes unter noch viel ekstatischerem Gekreisch in den Splittern förmlich suhlen würde, bis das Kind sich vor Lachen ausschüttet. Das funktioniert, aber so jemanden zu finden, ist wie ein Sechser im Lotto und dann muß er auch noch pünktlich zur Stelle sein.

Aber nochmal: das, was man durch solche Schreckmomente erlernt, kann man tatsächlich auf gleiche Weise verlernen, etwa, wenn eine Mutter, die irgendwann, wiewohl urspr. Schwimmerin, eine Angst vor dem Wasser entwickelt hat, ihr Kind ertrinken sieht und hineinspringt, um es herauszuziehen. Danach ist sie vermutlich die Wasserphobie wieder los.

Gespräche helfen nichts.

Nein. Während in Indien Urin getrunken wird, helfen noch so "aufklärende" Gespräche eines Ayurveda-Spezialisten beim nach hiesigen Standards durch Pottie-Training "sauber" gewordenen West-Europäer nichts. Der greift aber ohne Bedenken zur Harnstoffsalbe.

An diese Belief-Systems kommt man mit Gesprächstherapie nicht heran; auch wenn sie vermutlich erstattungsfähig ist.

Auch im NLP, das ja bewußt als Kurzzeitherapie entwickelt wurde, gibt es schon seit Beginn Bandler/Grinders legendäre "Phobia Cure".

Vgl.

- Bitte verändern Sie sich...jetzt!: Transkripte meisterhafter NLP-Sitzungen

- Change Your Mind - and Keep the Change: Advanced NLP Submodalities Interventions

Bandler/Grinder haben ihre Methoden ja durch intensive Studien u.a. von Milton Ericksons Methoden entwickelt:

- Patterns of the Hypnotic Techniques of Milton H. Erickson, M.D

Eine andere Quelle ihrer Inspiration war die legendär erfolgreiche (Familien-) Therapeutin Virginia Satir:

- Virginia Satir: the Patterns of Her Magic

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Literatur-/Produkthinweise. Alle Angaben ohne Gewähr! - Leserzuschriften

Sich von einem Kinder- und Jugendtherapeuten beraten und informieren lassen.

Olivia @, Donnerstag, 01.06.2017, 16:40 vor 2734 Tagen @ Ulli Kersten 4049 Views

bearbeitet von unbekannt, Donnerstag, 01.06.2017, 17:45

Möglicherweise haben die Eltern das bereits getan.

Menschen sind nicht alle gleich. Sie haben u.a. sehr unterschiedliche Nervenkostüme. Reaktionen auf Umweltstimuli können extrem unterschiedlich sein. Auch ohne, dass ein vorheriges traumatisches Lernen stattgefunden hat.

Ich würde also an erster Stelle eine Beratung bei einem auf Kinder und Jugendliche spezialisierten Therapeuten anraten. Danach müsste man vmtl. alle möglichen organischen Sachverhalte abklären und dann überlegen, ob eine therapeutische Intervention notwendig und sinnvoll ist.

Beurteilen und entscheiden müssen dann die Eltern. Die kennen das Kind aus sehr unterschiedlichen Situationen.

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For entertainment purposes only.

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