Ohne Modifizierung des Eigentumsrechts keine soziale Gerechtigkeit
Das geltende Wirtschaftssystem beruht auf einem Eigentumsrecht, das einerseits zu den notwendigen Freiheitsrechten gehört, sich andererseits aber unterschiedslos auf die verschiedensten Objekte erstreckt, die unterschiedliche soziale Wirkungen erzeugen, z. T. eben sozial schädliche Machtverhältnisse. In einem Verfahren über die Mitbestimmung in Unternehmen wies das Bundesverfassungsgericht 1979 aufgrund der eigentumsbegrenzenden Artikel des Grundgesetzes ausdrücklich auf einen unterschiedlichen Grad an Schutzwürdigkeit hin, „je nachdem, ob es sich um persönliches Gebrauchseigentum oder um großes Wirtschaftseigentum handelt.“ Wörtlich führten die Richter aus:
„Soweit es um die Funktion des Eigentums als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht, genießt dieses einen besonderen Schutz. … Dagegen ist die Befugnis des Gesetzgebers zu Inhalts- und Schrankenbestimmungen umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht.“
Sahra Wagenknecht hebt in Ihrem lesenswerten Buch: Reichtum ohne Gier, Frankfurt/Main 2016 hervor: „Es gibt also einen Unterschied zwischen persönlichem Eigentum und dessen Schutz als individuellem Freiheitsrecht und Eigentumsobjekten in sozialen Bezügen, die die Freiheitsrechte sehr vieler Menschen berühren.“
Aus dieser Entscheidung des BVerfGs ist bisher keine gesetzgeberische Konsequenz gezogen worden.
Ein Wirtschaftsunternehmen ist keine Sache, die dem privaten, persönlichen Gebrauch des Eigentümers, sondern gemeinsam mit notwendigen Mitarbeitern der Bedürfnisbefriedigung vieler anderer Menschen und der gemeinsamen Einkommenssicherung dient. Die unbegrenzte Verfügungsbefugnis über Produktionsmittel, Finanzkapital und Gewinn oder gar der Verkauf des ganzen Unternehmens, die das Privateigentum gewährt, hat enorme soziale Auswirkungen für andere Menschen.
Hier muss endlich eine modifizierte Form des Eigentums geschaffen werden, das eine soziale Bindung vorsieht und einseitige Bereicherungen und Machtentfaltungen verhindert. Es ist m. E. der zentrale Punkt der sozialen Probleme. S. Wagenknecht steuert zu möglichen Lösungsansätzen ein hochinteressantes historisches Beispiel einer gewissen Lösung bei: die von Ernst Abbe geschaffene Carl Zeiss-Stiftung in Jena als erfolgreiche und sozial wohltätig wirkende Eigentümerin des Unternehmens. Mehr dazu hier.