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Uncle Joe speaking (1) |
Geschrieben von dottore am 13. August 2000 15:37:07 Joseph (Joe) Granville, jetzt Kansas City, Missouri, gilt als erster Großmeister, wenn nicht gar als Erfinder der technischen Analyse (keine EWA). In den 70er Jahren ließ er sich im Sarg auf den Flor der NYSE tragen und alle Trader erstarrten. Bis eingangs der 80er bewegte sein Wort die Börse, eines davon schickte den Dow gleich um 5 Prozent in die Tiefe. Die Hausse 1982 hat er komplett verpasst und wehrte sich verbissen gegen den Börsenboom, bis ihn seine Frau Karen mit einem sehr persönlichen Argument davon abbrachte: Sie wurde ob Joe's Pessimismus zur Trinkerin. Dann folgten Jahre des Ups & Downs. Zuletzt las ich von ihm nur "bullish across the board". Das kann nun jeder halten und darüber denken wie er will. Was Uncle Joe aber bestens drauf hat, sind klare Gedanken und smarte Sprüche. Da seine Bücher meist unübersetzt geblieben sind, lohnt sich ein Granville-Picking durchaus. In zwangloser Reihenfolge also (das meiste aus: The Warning, 1985, die Übersetzung ins Deutsche sinngemäß; dazu auch die von Uncle Joe zitierten Autoren frei übersetzt): "Eine populäre Story gibts über Enrico Caruso. Der konnten mit der Kraft seiner Stimme ein Weinglas zerspringen lassen, aus 40 Meter Entfernung. Ich glaube, es gibt an den Finanzmärkten einen ähnlichen 'Point of stress', nach dem die Panik kommt. Dieser Punkt des maximalen Stresses ist genau der 'magische Moment' an dem alle zur gleichen Zeit verkaufen wollen. Eine Panik ist unmöglich, wenn nicht dieser Punkt erreicht ist, an dem die meisten Leute zur gleichen Zeit bearish sind." Bernard Baruch, der große Banker, Roosevelt-Berater, Chruchill-aus-der-Pleite-Retter, schreibt in "The Public Years" (1960): "Alle ökonomischen Bewegungen sind naturgemäß motiviert durch Massenpsychologie. Natürlich sind Grafiken und Business-Darstellungen ein wichtiges Hilfsmittel. Aber beim Betrachten der selben, die im Einzefall klare und einfache Aussagen zulassen, geht mir doch Schillers Satz nicht aus dem Sinn: 'Der einzelne, genommen als Individuum, ist vernünftig - als ein Mitglied einer Menge, wird er sofort blockiert im Kopf.' ... Alle großen Eruptionen der Geschichte sind Phänomene von Massen-Aktionen, die Impulsen folgen, die noch keine Wissenschaft enträtselt hat. Manchmal kommts mir vor, als ob periodische Massen-Manien irgendwelche tiefen Wurzeln in uns haben, wie solche die den Zug der Vögel oder das Wandern der Lemminge verursachen... Ein Bull-Market galoppiert und galoppiert und plötzlich passiert was - trivial oder unbedeutend - und die Kontinuität dieses Gedanken bricht. Und dann setzt Panik ein." Granville: "Einer Aufmacher-Story wird am ehesten geglaubt. Genau so gehts auch an der Börse, wo alle wichtigen Trendwechsel unmittelbar feinen Geschichten folgen, die das Publikum in die Falle locken, dass der Trend sich immer weiter fortsetzen würde. Und während die ökonomische Landschaft noch heiter und schön sich darbietet, riechen die Finanzmärkte schon, dass Schwierigkeiten nahen." David Dreman, Contrarian Investment Strategy (1979) wird auch von Uncle Joe zitiert: "Alle Manien haben überraschend gleiche Charkteristiken, auch wenn sie Jahrhunderte trennen. Sie starten in prosperierenden Zeiten, wo alle Leute nach neuen Chancen Ausschau halten. Jede Manie hat eine solide Grundlage und basiert auf einem einfachen und faszinierenden Konzept. Dann steigen die Kurse und wir haben es mit einer Self-Fulfilling-Prophecy zu tun, mehr und mehr Anleger werden in den spekulativen Schlund gesogen. Gerüchte spielen eine große Rolle, erst machen solche die Runde wie viele und große Vermögen gemacht wurden und was noch für schöne Dinge kommen werden. Später kommen Prophezeiungen vom Untergang. Doch die Spekulanten bleiben unbeeindruckt und sagen immer weiter steigende Kurse vorher. Und betonen, das es diesmal anders sei. Und das wird am lautestens unmittelbar vor dem Ende ausgedrückt." Demnächst mehr. d. |