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Le Bon täglich (2) |
Geschrieben von dottore am 17. Juli 2000 08:48:25 "In der Masse schwindet die bewußte Persönlichkeit, die Gefühle und Gedanken aller einzelnen sind nach der selben Richtung orientiert. Es bildet sich eine Gemeinschaftsseele, die wohl veränderlich, aber von ganz bestimmter Art ist. Die Gesamtheit ist nun das geworden, was ich als psychologische Masse bezeichnen will." (Dieses ist die Grundlage jener Phänomene, die wir an den Börsen als "Euphorie", "Manie" gar, oder "Lustlosigkeit" bis hin zur "Panik" bestens kennen). "In gewissen historischen Augenblicken kann ein halbes Dutzend Menschen eine psychologische Masse ausmachen, während hunderte zufällig vereinigte Menschen sie nicht bilden können." (Dieses letztere Phänomen erleben wir hier im Bord, wo eine Gruppe zufällig vereinter Menschen keine Masse bildet, obwohl es immer wieder kritische Stimmen gibt, die es dem Bord nachsagen, etwa "Ihr seid doch alle bloß auf den Großen Crash aus" usw. Selbstkritische Wachsamkeit ist daher immer angebracht). "Andererseits kann bisweilen ein ganzes Volk ohne sichtbare Zusammenscharung zur Masse werden" (Historische Beispiel in der neueren deutschen Geschichte zuhauf, aktuell die deutsche TV-Gemeinde). "Das Auftreten besonderer Charaktereigentümlichkeiten der Masse wird durch verschiedene Ursachen bestimmt. Die erste dieser Ursachen besteht darin, dass der einzelne schon durch die Tatsache der Menge ein Gefühl unüberwindlicher Macht erlangt... Er wird dem um so eher nachgeben, als durch die Namenlosigkeit und demnach auch Unverantwortlichkeit der Masse das Verantwortungsgefühl, das die einzelnen stets zurückhält, völlig verschwindet." (Sehr schön dazu: Das Hooligan-Phänomen). "Eine zweite Ursache ist die geistige Übertragung (contagion mentale)... Man muss sie den Erscheinungen hypnotischer Art zuordnen... In der Masse ist jedes Gefühl, jede Handlung übertragbar und zwar in so hohem Grade, dass der einzelne sehr leicht seine persönlichen Wünsche den Gesamtwünschen opfert." (Siehe dazu: Die Begeisterung junger Menschen bei Anbruch des 1. WK, als sich Tausende von ihnen in das Mündungsfeuer der feindlichen Maschinengewehre warfen, z.B. bei Langemarck). "Der Mensch war als einzelner vielleicht ein gebildetes Individuum, in der Masse ist er ein Triebwesen, also ein Barbar. Er hat die Unberechenbarkeit, die Heftigkeit, die Wildheit, aber auch die Begeisterung und den Heldenmut ... und lässt sich von Worten und Vorstellungen beeinflussen und zu Handlungen verführen, die seine augenscheinlichsten Interessen verletzen." (Sehr wichtig auch hier wieder die Differenz zwischen dem, was für den einzelnen und für die Masse gut ist, herausgearbeitet; in der Masse zieht der einzelne den kürzeren, was im Umkehrschluss bedeutet: Wer sich von Massenphänomenen anstecken lässt, wird in der Regel zum Verlierer). "In seinen Handlungen weicht das Glied der Masse von seinem normalen Ich ab. So wird der Geizige zum Verschwender, der Zweifler zum Gläubigen, der Ehrenmann zum Verbrecher, der Hasenfuß zum Helden... Daraus ist zu schließen, dass die Masse dem alleinstehenden Menschen intellektuell stets untergeordnet ist." (Deshalb ist es für massenunabhängige intelligente Menschen in Zeiten einer Massenpsychose schier aussichtslos, sich Gehör zu verschaffen; zentrale Board-Texte hier oder sogenannte "Warner", vgl. Richebächer, sind massenpsychologisch gesehen, pure Verschwendung bzw. Leute, die nicht in die Zeit "passen"). Fortsetzung morgen - und allen einen schönen Tag! d. |