zur Sammlungsübersicht |
Geld aus Eigentum oder Abgabe? Kritik an einem H/S-Aspekt |
Geschrieben von dottore am 24. Juli 2005 17:30:08 Hi, einer der Grundsätze der H/S-Theorie lautet: Geld ist ohne Eigentum nicht definierbar. Heinsohn sagt es so: “Das Recht, Eigentum für die Emission von Geld oder – qua Verpfändung – für das Erlangen von Kredit zu belasten, kommt der Neoklassik nicht in den Sinn.“ Eigentum ist ihm „der Humus des Geldes“. Das Geld wiederum ist eine „gegen sein Eigentum gerichtete Forderung“. Weiter: „Das umlaufende Geld vertritt A’s Eigentum. Es ist ein Eingriffsrecht gegen A’s Eigentum und darf deshalb in sich wertlos sein.... Es kann also Geld ohne Gold emittiert werden, aber niemals ohne Eigentum ... Die eigentliche Geldkiste besteht mit hin im Vorhandensein belast- und verpfändbaren Eigentums.“ Und: „Das primum movens unserer Wirtschaft ist nicht der Markt, sondern das Eigentum gegen das ich – bei seiner Belastung bzw. durch Aufgabe von Eigentumsprämie – Geld schöpfen kann.“ (Zitate aus „Geld und Zins“, 2001). Dies soll jetzt (ausnahmsweise, da ohnehin schon geschehen) nicht sub specie einer „Theorie“, sondern anhand eines konkreten historischen Vorgangs hinterfragt werden. Bekanntlich kannten die Germanen Geld nicht (Tacitus). Jedenfalls haben sie in der Römerzeit keins geprägt bzw. „ausgegeben“. Andererseits kannten sie Eigentum, wie sich aus einem – bisher weitgehend übersehenen – Phänomen ergibt, dem sog. bocland. Dieses, so die angel-sächsischen Quellen (vgl. ausführlich die Studien von Stubbs), entstand so (aus: Palgrave, Dictionary of Political Economy, hier die 1. Ausgabe 1894): „After the land of England had been distributed among the original German invaders, a considerable surplus remained undistributed, which was regarded as the property of the tribe, and was known as folkland. From this private estates were in subsequent times given to individuals, as reward for eminent services, especially in war. Such grants were made by boc or charter, issued by the king ...: and land so granted was called bocland Bocland could be freely alienated either during lifetime or by will; and we learn from a law of Alfred that it could also be entailed, limited in descent to a single family.” Also eigentlich ideale Voraussetzungen für die „Schaffung“ von Geld im Heinsohn’schen Sinne – und zwar als Privatgeld, das Privateigentümer gegen ihr Eigentum hätten emittieren können. Nun gibt es anglos-saxon coins haufenweise, einschließlich solche von Alfred selbst. Als Geldausgeber sind aber nur „Herrscher“ bekannt (“kings“ in Mengen). Überdies sind diese Münzen, die ältesten durchgehend als sceatta bezeichnet, vgl. die Gesetze von Aethelbert (565-616 AD), König von Kent. Die sceatta halten im Mittel 17 grain Silber, etwas später gilt: 30.000 Sceatta = 120 Pfund. Auch in Gold kommen sie vor (ca. 20 grains). Wo sind die Privateigentümer-Münzen, wie sie nach der H’schen Theorie hätten erscheinen müssen (notfalls auch "stoffwertlose")? Bisher rundum Fehlanzeige – wie kommt’s? Kann es sein, dass da etwas übersehen wurde? Denn: Zum einen heißt sceatta nicht nur „Münze“ (vermutlich eine spätere Erklärung), sondern zunächst Tribut bzw. Teil desselben. Zum zweiten wird bocland nicht etwa nur gegen „eminente Leistungen“ (Krieg usw.) vergeben, also nicht etwa schlicht verschenkt oder verteilt. Sondern es lief so (wieder ex Palgrave): „It (Bocland) could also be let out to individuals on payment of a rent usually in kind (natural), and these rents were collected by the sheriffs and formed part of the royal revenue.” Über das Vorgehen der Sheriffs hatte Mitchell Innes sehr instruktive Bemerkungen gemacht (Ursprung der Haft bzw. der Vermögenseinziehung per Vorab-Hinrichtung). Dabei spielt das feormfultum als klassische Abgabe eine Rolle: „It sometimes applies to contributions in kind paid to the sheriff for the maintenance of the king and his household... Sometimes it seems to refer to the rent paid to the sheriffs for the occupation of unbooked folkland (s. oben). Über den schönen Ausdruck feorm (= Firma des Königs) war schon vor langer Zeit ein Posting erschienen. Kurzum: Das „Privatgeld“ in der Enstehungs-Interpretation von H/S erscheint mir ebenso unschlüssig wie der berühmte „Privatzins“ von @Dimi, auf dessen Interpretation zum 50-%-„Privatzins“ in Nuzi ich nach wie vor gespannt bin.
Gruß einstweilen!
|