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Wichtiger als Maastricht – Verfahren vor dem BverfG – Europäischer Haftbefehl |
Geschrieben von Popeye am 25. Februar 2005 12:59:38 Worum geht’s?
Ein 46-jähriger Deutscher syrischer Abstammung (namens Mamoun Darkazanli) ist in internationalen Sicherheitskreisen seit gut einem Jahrzehnt , „Kaufmann“ der al-Qaida in Europa zu sein. (Dazu muss man wissen, dass die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation in Deutschland nicht unter Strafe stand - bis Mitte 2003 als Folge der Gesetzesflut zur ‚Terrorismusbekämpfung’ § 129 geändert und ein zusätzlicher § 129b hinzugefügt wurde.) Am 23. November 2004 erklärte das OLG Hamburg die Auslieferung des Deutschen nach Spanien für rechtens wurde aber bereits am 24. November vom Bundesverfassungsgericht mit einer einstweiligen Anordnung gestoppt. Für den 13./14. April d. J. hat der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichtes nun die mündliche Verhandlung anberaumt.
Na und – wird mancher fragen.
Hintergrund
Im Dezember 2000 wurde der 2. Absatz des Artikel 16 wie folgt geändert: Wie erkennbar stand diese Änderung zunächst in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag. In vorauseilender Erwartung erschlug man jedoch auch gleich das nächste Problem – den Europäischen Haftbefehl. Europäische Rechtsgrundlage für dieses Monstrum ist der Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom Juli 2002, der hier erläutert wird Das Hamburger Auslieferungs-Urteil, das nun vor dem BverfG verhandelt werden soll, bezieht sich auf den (im Rahmenbeschluss) beschrieben Sachverhalt.
Unter der Voraussetzung, dass die Straftaten im Ausstellungsmitgliedstaat mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren bedroht sind, kann bei u.a. folgenden Straftaten eine Übergabe ohne Überprüfung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit erfolgen: Terrorismus, Menschenhandel, Korruption, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldfälschung, Tötung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Vergewaltigung, Handel mit gestohlenen Kraftfahrzeugen, Betrugsdelikte, einschließlich Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften.
Die verfassungsrechtliche Brisanz des Verfahrens liegt - vereinfacht ausgedrückt – in dem Umstand, dass ein fremder Staat in den Fällen des § 81 (4) über einen deutschen Bürger verfügen darf. Das BverfG nennt dies grundsätzlicher schrittweise Entstaatlichung durch Übertragung von Kernkompetenzen. 8. Der Unionsvertrag begründet einen Staatenverbund zur Verwirklichung einer immer engeren Union der - staatlich organisierten - Völker Europas, keinen sich auf ein europäisches Staatsvolk stützenden Staat. 7. Auch Akte einer besonderen, von der Staatsgewalt der Mitgliedstaaten geschiedenen öffentlichen Gewalt einer supranationalen Organisation betreffen die Grundrechtsberechtigten in Deutschland. Sie berühren damit die Gewährleistungen des Grundgesetzes und die Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts, die den Grundrechtsschutz in Deutschland und insoweit nicht nur gegenüber deutschen Staatsorganen zum Gegenstand haben (Abweichung von BVerfGE 58, 1 [27]). Allerdings übt das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht in Deutschland in einem "Kooperationsverhältnis" zum Europäischen Gerichtshof aus. [Hervorhebungen von mir]
Wer nun nochmals die Verhandlungsgliederung besonders zu den Punkten III. und IV durchliest kann den potentiellen Zündstoff des Falles erahnen. Die FAZ titelte gestern unter Berufung auf einen Verfassungsrichter „Wichtiger als Maastricht“. |