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Ein historischer Beschluß des Bundestages 1992 - zur Erinnerung

Geschrieben vonPopeye am 25. Februar 2005 07:11:57

(Im Zusammenhang mit der abschließenden Lesung des Vertrages vom 7. Februar 1992 über die Europäische Union [Maastrichtvertrag] fasste der Bundestag folgenden Beschluss hinsichtlich der sog. "Stabilitätskriterien") [Hervorhebungen von mir.]

In der Sitzung vom 2. Dezember 1992 faßte der Bundestag eine Entschließung zur Wirtschafts- und Währungsunion, in der es heißt:

"... 3. Der Deutsche Bundestag erkennt an, daß der Vertrag über die Europäische Union eine Grundlage für eine stabile europäische künftige Währung schafft, insbesondere durch die Sicherung der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und die Vereinbarung von Stabilitätskriterien für die teilnehmenden Mitgliedstaaten.


Dabei werden beim Übergang zur dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion die Stabilitätskriterien eng und strikt auszulegen sein. Die Entscheidung für den Übergang zur dritten Stufe kann nur auf der Grundlage erwiesener Stabilität, des Gleichlaufs bei den wirtschaftlichen Grunddaten und erwiesener dauerhafter haushalts- und finanzpolitischer Solidität der teilnehmenden Mitgliedstaaten getroffen werden. Sie darf sich nicht an Opportunitätsgesichtspunkten, sondern muß sich an den realen ökonomischen Gegebenheiten orientieren. Die Natur der Kriterien bedingt es, daß ihre Erfüllung nicht nur statistisch gesichert werden kann. Ihre dauerhafte Erfüllung muß vielmehr auch aus dem Verlauf des Konvergenzprozesses glaubhaft sein. Die künftige europäische Währung muß so stabil sein und bleiben wie die Deutsche Mark.


Der Deutsche Bundestag wird sich jedem Versuch widersetzen, die Stabilitätskriterien aufzuweichen, die in Maastricht vereinbart worden sind. Er wird darüber wachen, daß der Übergang zur dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion sich streng an diesen Kriterien orientiert.

Der Übergang zur dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion erfordert auch eine Bewertung durch den Deutschen Bundestag. Die Bundesregierung bedarf demgemäß für ihr Stimmverhalten bei Beschlüssen des Rates nach Artikel 109 j Abs. 3 und 4 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Union des zustimmenden Votums des Deutschen Bundestages. Das Votum des Deutschen Bundestages bezieht sich auf dieselbe Materie wie die Bewertung des Rates der WirtBVerfGE 89, 155 (163)BVerfGE 89, 155 (164)schafts- und Finanzminister und die Entscheidung des Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs.


4. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf zu erklären, daß sie dieses Votum des Deutschen Bundestages respektieren wird.


5. Er fordert die Bundesregierung auf, diese Vorgehensweise den Vertragspartnern sowie der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament mitzuteilen.


6. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, ihm ab 1994 jährlich einen Bericht über die Entwicklung der Konvergenz in der Europäischen Union vorzulegen. ..." (BTDrucks. 12/3906; Sten.Ber. 12/126 S. 10879 ff.).

Der Bundesrat faßte in seiner Sitzung vom 18. Dezember 1992 eine weitgehend gleichlautende Entschließung (BRDrucks. 810/92 S. 6 f.).