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Metall, Macht und Eigentumsentstehung (3)

Geschrieben von dottore am 30. Oktober 2002 15:19:49


Hi,

am Van-See (Ost-Anatolien) entdeckten türkische Ausgräber unter Prof. Cilingiroglu (Izmir) Spuren einer Kultur, die uns in den bekannten strittigen Fragen "Geld und Eigentum" weiterhelfen dürften.

Im Westen, auf einer Halbinsel liegt ein Hügel, der - wie so viele dieser "Hügel" bis nach Europa hinein - reiche Funde barg. Abgetragen wurde Schicht um Schicht und wie immer kommt als erstes die "Oberstadt (alias Palast, alias Tempelbezirk, alias Akropolis) zum Vorschein. Umfang immerhin 6 Hektar. Darunter die Unterstadt, die sich etwa sechs bis acht mal so weit ausbreitet. Man stelle sich das Ganze als Doublette zu den von den Tübinger Archäologen rekonstruierten Bereich Troja vor, der zuletzt in Bonn ausgestellt wurde.

Er große Vorteil der Anlage waren Schriftfunde, die Texte (Keilschrift) waren in das umlaufende Basement-Fries des zentralen Oberstadtgebäudes eingeritzt. Es handelt sich um die drittgrößte Inschrift dieser Art weltweit.

Wir lesen dort den Herrschernamen, den Namen der "Gottheit" und Details zu den Taten des ersteren. Dieser hatte sich Geiseln aus Assyrien genommen, per Krieg, und diese dort unterstädtisch angesiedelt, also der klassische Menschen- oder Sklavenraub. Gefunden wurden die bekannten "Sklavenringe" (8 cm Durchmesser), diese mit Inschrift, also dem Namen des Eigentümers.

Genannt werden auch die Namen der Länder, die der Chef sich unterworfen hatte.

Die Oberstadt war ein großes Waffenlager, sozusagen das Zeughaus oder die Waffenkammer im Zentrum. Waffen waren auch im Tempel aufgehängt, möglicherweise war dieser die besondere Waffenkammer für die Elite der Eliten, da dort die besten Stücke lagen.

Die Waffen waren standardisiert und müssen in großer Menge als gleichförmig hergestellt worden sein. Das Material war Zinn-Bronze und Eisen, allein entsprechend bestückte Lanzen (mit Keilschrifteinritzungen, möglicherweise einzelnen Namen zugeordnet) wurden in Menge 600 gefunden. Es wurden auch massenhaft Nägel gefunden, allerdings keine in Holzreste, so dass über die Funktion der Nägel neu nachgedacht werden muss (Spezialwaffen? - zumal viele Adlerköpfe tragen, was bei Nutzung per Hammerschlag keinen Sinn ergibt).

Gold wurde an Waffen als deren Schmuck verwendet (Rosetten). Es gab massenweise Helme und 36 große Bronzeschilde, die Helme mit der Inschrift "Gott Haldi", was an die 3000 Jahre späteren Koppelschlösser "Gott mit uns" u.ä. erinnert.

Geopfert wurde ebenfalls und dies von "unten", also den in der Unterstadt ansässigen Abhängigen. Die Opfertiere waren Abgaben, deren Fleisch zur Nahrung der "Oberen" diente (der Priester-Klassiker z.B. auch in Israel).

Das Metall war im Oberbezirk monopolisiert. Der Ausgräber dazu wörtlich: "People outside had no chance to share this technology". Die Technologie (Waffen-Herstellung) war oben abgelaufen, und zwar in bekannten Feuerstellen (das Schmied-Phänomen, wobei der Schmied nicht "fliehen" darf). Die Verbindung zum iranischen "Feuerkult" (Urartu, das Metallverarbeitungs-Kernland usw.) ist unübersehbar. Das Feuer, das auf den "Altären", man denke noch an die Sasaniden-Münzen flackert, ist nicht ein rätselhaftes "Opferfeuer", sondern das Feuer, das der Schmied nutzt. Es geht halt immer viel praktischer und diesseitiger zu als manche sich das so vorstellen und diese Vorstellungen dann mystifizieren.

Dieses Zentrum der Ayani (erste Monographie dazu soeben in Rom erschienen) verschwand dann allerdings buchstäblich über Nacht - und man konnte auch bestens rekonstruieren, wie und warum.

Es war eine Naturkatastrophe und zwar unbezweifelbar ein großes Erdbeben!

Dieses zerstörte die Oberstadt auf einen Schlag und die Beweisstücke blieben bis zur Ausgrabung in situ: Von den Wänden gefallene Schilde, die deutlich sichtbar unten abgeflacht sind - so wie halt ein Schild (schwer, bis 50 Kilo und 120 cm Durchmesser, und daher nicht für den Gebrauch im Feld, sondern zur Verteidigung der Oberstadt gedacht, sozusagen wie "Zinnen") ausschaut, wenn es aus etwa 5 Meter Höhe in die Tiefe kracht (die Zwischendecken dabei durchschlagend).

Die Herrscherschicht ging in der Katastrophe unter, was bedeutet: die in der Unterstadt waren mit einem Schlag "befreit".

Sie verließen nach kurzer Plünderung rasch den Ort des Schreckens und siedelten in "sicherer" Entfernung neu, wobei sie - jetzt als "zwangsherrschaftsfrei" - Felder und Weiden auf- und einteilten und ihr so gewonnenes "Eigentum" bewirtschaften konnten. Die weitere Entwicklung bis hin zu Parallelphänomenen (Prototypen die "Roma quadrata", die "Landaufteilungen" in Sparta usw.) ist allgemein bekannt: das Eigentum wird als solches von einer in der neuen Gemeinschaft entstandenen neuen Macht besichert (bei Rom denke man an das Liktorenbündel ("fasces" mit Beil in der Mitte --- > "Faschismus") als oberstem Macht- und Vollstreckungssymbol) und kann dann durch Schaffung von Titeln darauf wirtschaftlich eingesetzt werden, was zu der Phänomen-Trias "Eigentum, Zins und Geld" führt.

Dies entspricht, wie schon geschrieben, also ziemlich genau dem Heinsohn'schen Modell der Entstehung von Privateigentum nach dem Sturz der Herrschaft, die bis dahin via direkter Machtausübung das Gesamt- oder Obereigentum besaß. Heinsohn geht allerdings zunächst von "Umsturz" bzw. Revolution" aus, aber in diesem Fall und vermutlich in den weiter westlichen (Mykene, Knossos usw.) Gebilden ist die katastrophische Entstehung von völlig neuen Sozialstrukturen eindeutig.

Den Ablauf bestätigen übrigens auch die dendrochronologischen Untersuchungen von Prof. Kuniholm (Ithaca - "Dendro-Dating in Anatolia: The Second Millenium"), der anhand der Baumring-Untersuchung an zahlreichen Plätzen merkwürdige Ring-Deformationen entdecken konnte, die von ihm befragte Biologen eindeutig als durch einen kurzfristigen Klimawechsel verursacht erklärten: Es war nebeliges, nasses Wetter (für diesen Trockenzonen-Bereich ganz ungewöhnlich), das sich wiederum sehr schön durch die Folgen des explosiven Vulkanausbruchs mit Ascheregen von Thera (heute Santorin) erklären lässt und der von schweren Erderschütterungen begleitet war.

Damit haben wir also eine einleuchtende Erklärung der Entstehung von Privateigentum durch ein exogenes Ereignis (Katastrophe), die sich sozusagen "evolutorisch" in diesen Gebieten nicht ergeben hätte und das es in der oft vermuteten "Frühzeit" nur in jenen Gegenden gegeben hatte (speziell Mesopotamien mit seiner "Familienwirtschaft"), die dann von Gewaltausübern vom Norden her überrascht und zu Abgabenleistungen gezwungen wurden, wie oft genug inzwischen dargestellt.

Gruß!