Aktuelles zu den Target2-Salden .. (edit.)

Beo2 @, NRW Witten, Dienstag, 07.03.2017, 19:42 vor 2830 Tagen 5942 Views

bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 07.03.2017, 20:16

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/f-a-z-exklusiv-deutscher-targe...

"Deutscher Target-Saldo steigt auf mehr als 800 Milliarden Euro.
Die Forderungen an den Euroraum steigen weiter. Die Bundesbank sieht einen Zusammenhang zum Anleiheprogramm der EZB. Doch es steckt mehr dahinter. Ifo-Chef Fuest warnt vor einem schlechten Geschäft für Deutschland ...
Über das Target-System werden grenzüberschreitende Zahlungen zwischen den Notenbanken abgewickelt. Grob gesagt hat ein Land eine Target-Verbindlichkeit, wenn Geld aus dem Land abfließt. Bis Ausbruch der Finanzkrise pendelten die Target-Salden um die Nulllinie ...
"

So weit alles richtig. Aber jetzt kommt's:

"Den neuerlichen starken Anstieg seit Anfang 2015 erklären die europäischen Notenbanken mit dem Anleihekaufprogramm. Dabei werden viele Anleihen, etwa italienische Papiere, von internationalen Banken abgekauft, die bei der Bundesbank ein Konto führen. Wenn die Banca d’Italia den Kauf mit Zentralbankgeld finanziert, steigt umgekehrt die deutsche Target-Forderung gegen das EZB-System ..."

Hanebüchener Unsinn!
Wenn die BuBa von einer internationalen Bank, die bei ihr ein ZB-Konto unterhält, z.B. italienische oder spanische Anleihen kauft, dann fließt kein Geld ins Ausland, sondern auf das ZB-Konto dieser Bank, welches sich auf der Passivseite der BuBa-Bilanz befindet. Die BuBa aktiviert dabei die Staatsanleihen .. und das deutsche Target2-Saldo bei der BuBa bleibt davon völlig unberührt.
Falls die Verkäuferbank die Kaufsumme anschließend z.B. auf ihr ZB-Konto bei der italienischen ZB überweist, oder an eine andere italienische Bank, dann fließt ZBGeld aus der BuBa und aus DE weg, was bedeutet, dass das deutsche Target2-Saldo bei der BuBa SINKT!

Das war wohl wieder ein erbärmlicher Ausguss deutschen Wirtschaftsjournalismus.

Es ist aber eine andere Implikation des deutschen Target2-Saldo zu beachten: Deutsche Lohnsklaven exportieren zwangsweise mehr ihrer Arbeitsleistung als sie in Form von Konsumgütern zurück bekommen. Ihre Arbeit"geber" sacken die Mehreinnahmen zum privaten Vergnügen einfach ein.
Darüber habe ich noch mehr aufschlussreiches hier geschrieben:
http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=429648

Mit Gruß, Beo2

EDIT: Wenn ich schon dabei bin, hier noch dies:

"Außenhandelsdefizit Amerikas so hoch wie seit Jahren nicht."
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/konjunktur/nach-trumps-wahl-ist-us-handelsdefizit...

Druckfehler?

CalBaer @, Dienstag, 07.03.2017, 20:20 vor 2830 Tagen @ Beo2 4766 Views

"Dabei werden viele
Anleihen, etwa italienische Papiere, von internationalen Banken abgekauft,
die bei der Bundesbank ein Konto führen. Wenn die Banca d’Italia den
Kauf mit Zentralbankgeld finanziert,...

Das macht keinen Sinn wenn beide Seiten kaufen, vermutlich handelt es sich um einen Druckfehler. Es muss heissen "abverkauft" anstatt "abgekauft", damit diese Darstellung Sinn macht. Und dann ist es richtig, dass das die Target2-Bilanz erhoeht.

--
Ein ueberragender Teil der Oekonomen, Politiker, Banker, Analysten und Journalisten ist einfach unfaehig, Bitcoin richtig zu verstehen, weil es so revolutionaer ist.
Info:
www.tinyurl.com/y97d87xk
www.tinyurl.com/yykr2zv2

steigende Target-Salden infolge von Notenbankkäufen

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Dienstag, 07.03.2017, 21:04 vor 2830 Tagen @ CalBaer 4514 Views

bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 07.03.2017, 21:21

Hallo CalBaer,

"Dabei werden viele
Anleihen, etwa italienische Papiere, von internationalen Banken

abgekauft,

die bei der Bundesbank ein Konto führen. Wenn die Banca d’Italia den
Kauf mit Zentralbankgeld finanziert,...[/i]


Das macht keinen Sinn wenn beide Seiten kaufen, vermutlich handelt es sich
um einen Druckfehler. Es muss heissen "abverkauft" anstatt "abgekauft",
damit diese Darstellung Sinn macht. Und dann ist es richtig, dass das die
Target2-Bilanz erhoeht.

Ich sehe in der Beschreibung des Vorgangs mit der Banca d'Italia keinen Druckfehler.
Die Banca d'Italia kriegt Stücke von internationalen Banken und muss diese bezahlen.

Ich stimme Dir zu, dass der Vorgang die Target2-Forderungen der Bundesbank erhöht.

Beo2 erzählt Unsinn. Er hat einfach die Banca d'Italia durch die Bundesbank getauscht und glaubt, der Reporter sei im Unrecht.
Inhaltlich macht dieser Tausch den entscheidenden Unterschied in der Abwicklung aus, die Erklärung folgt weiter unten.

Offensichtlich ist ihm der Unterschied nicht klar.
Schade.

Wer es nicht versteht, muss sich einfach nur klar machen, dass der Käufer den Kaufbetrag auf das Konto des Verkäufers überweisen muss.

Hat die verkaufende internationale Bank ein Konto bei der Bundesbank, muss die Banca d'Italia diesem Konto das Geld gutschreiben.
Gutschreiben kann sie aber nur Konten im eigenen Hause. Sie braucht dafür ein Hilfsmittel, die gemeine Target II-Überweisung.

Mittels Target II kann sie das Geld auf das Konto der internationalen Bank bei der Bundesbank überweisen.
Im Gegenzug schreibt sie dem Konto der Bundesbank bei der Banca d'Italia den Eurobetrag gut.

Das Dumme ist nur, dass man jetzt genau sieht, von wo nach wo das Geld geflossen ist. Das ist natürlich nicht erwünscht. [[herz]]

Deswegen startet zum Jahresende dann die große Geldwäsche-Aktion:
Die Target-Forderungen werden auf die EZB umgebucht. Damit wird ihre Entstehungsgeschichte vernebelt. Da ein italienischer Euro (noch! :)) den Wert eines deutschen Euros hat, gibt es nur noch eine Nettoposition als Gläubiger oder Schuldner gegenüber der EZB.

Ansonsten könnte man schön sehen, wie sich die Forderungen relativ zwischen den einzelnen Ländern aufschlüsseln.

Jetzt sollte auch klar sein, wieso Beo2 die Leser irreführt:

Hat der Geldempfänger ein Konto bei der Bundesbank, kann die Bundesbank (im Gegensatz zur Banca d'Italia) ihm das Geld direkt gutschreiben.
Die Bundesbank braucht dafür keine Target II-Zahlung.

Gruß
paranoia

P.S.: Elli, ich hoffe, nach den behobenen Problemen mit der Hydraulik hast Du auch wieder Spaß und Interesse an Themen wie der großen Euro-Illusion!

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

Na dann, erklär bitte ..

Beo2 @, NRW Witten, Dienstag, 07.03.2017, 21:31 vor 2830 Tagen @ paranoia 4137 Views

bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 07.03.2017, 21:35

"Dabei werden viele Anleihen, etwa italienische Papiere, von internationalen Banken abgekauft, die bei der Bundesbank ein Konto führen. Wenn die Banca d’Italia den Kauf mit Zentralbankgeld finanziert, ...

Das macht keinen Sinn wenn beide Seiten kaufen, vermutlich handelt es sich

um einen Druckfehler. Es muss heissen "abverkauft" anstatt "abgekauft", damit diese Darstellung Sinn macht. Und dann ist es richtig, dass das die Target2-Bilanz erhoeht.

Ich sehe in der Beschreibung des Vorgangs mit der Banca d'Italia keinen Druckfehler.
Die Banca d'Italia kriegt Stücke von internationalen Banken und muss diese bezahlen. Ich stimme Dir zu, dass der Vorgang die Target2-Forderungen der Bundesbank erhöht.

Und was hat denn die Bundesbank damit zu tun? Die Rede war von italienischen Papieren!

Beo2 erzählt Unsinn. Er hat einfach die Banca d'Italia durch die Bundesbank getauscht und glaubt, der Reporter sei im Unrecht. Offensichtlich ist ihm der Unterschied nicht klar. Schade.

Schon möglich, dass ich etwas verwechselt habe .. wäre ja menschlich. Also, erkläre genau, wer z.B. was kauft und von wem! Da bin ich gespannt.

Gruß, Beo2

Target II-Saldenänderungen in Folge von Wertpapiergeschäften

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Dienstag, 07.03.2017, 21:57 vor 2830 Tagen @ Beo2 4209 Views

Hallo Beo2,

Schon möglich, dass ich etwas verwechselt habe .. wäre ja menschlich.
Also, erkläre genau, wer z.B. was kauft und von wem! Da bin ich
gespannt.

Gruß, Beo2

es ist im Grunde genommen ganz einfach.

Es geht um Zentralbankkäufe von auf EUR lautenden Papieren, die auch in EUR bezahlt werden.

Die Zentralbanken kaufen kriegen Stücke (Wertpapiere) und müssen dafür bezahlen. Hat der Verkäufer kein Konto im eigenen Haus, wo sie das Geld gutschreiben können, müssen sie das Geld dahin überweisen, per TargetII-Zahlung.

Mutmaßlich befinden sich viele EUR-Konten bei der Bundesbank und nicht bei anderen nationalen Zentralbanken in der Eurozone.

Habe die verkaufenden internationalen Banken für Zahlungszwecke stattdessen "nur" ein EUR-Konto bei einer Geschäftsbank, wie es früher mal die Regel war, hat diese Geschäftsbank überwiegend ein Konto bei der Bundesbank.

Über diesen Mechanismus bläht sich der TargetII-Saldo noch einmal zusätzlich auf.

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

Hmm, es klingt trotzdem fragwürdig ..

Beo2 @, NRW Witten, Dienstag, 07.03.2017, 22:34 vor 2830 Tagen @ paranoia 3981 Views

bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 07.03.2017, 22:38

Hallöchen paranoia!

Also, erkläre genau, wer z.B. was kauft und von wem! Da bin ich gespannt.

es ist im Grunde genommen ganz einfach. Es geht um Zentralbankkäufe von auf EUR lautenden Papieren, die auch in EUR bezahlt werden.
Die Zentralbanken kaufen kriegen Stücke (Wertpapiere) und müssen dafür bezahlen. Hat der Verkäufer kein Konto im eigenen Haus, wo sie das Geld gutschreiben können, müssen sie das Geld dahin überweisen, per TargetII-Zahlung. Mutmaßlich befinden sich viele EUR-Konten bei der Bundesbank und nicht bei anderen nationalen Zentralbanken in der Eurozone.

Also, die Banca d'Italia kauft italienische Staatsanleihen von einer internationalen Bank und zahlt dafür auf das ZB-Konto dieser Bank bei der BuBa. Das würde in der Tat zu einer Erhöhung des deutschen (aktiven) Target2-Saldo führen sowie zu einer Erhöhung des (passiven) Target2 bei der BdI.
Jetzt bräuchten wir natürlich genauere Zahlen von dem genannten Journalisten, in welcher Größenordnung so etwas merkwürdiges tatsächlich vonstatten ging. Aber ...

Es wäre noch die Frage zu klären, womit diese internationale Bank vorher jene italienischen Papiere gekauft hatte, wenn sie nur ein BuBa-Konto besitzt? Da muss vorher ja ein ZBGeld-Abfluss von ihrem BuBa-Konto nach Italien stattgefunden haben. Das ergäbe dann per Saldo eine Nullsumme auf den Target2-Salden von DE und IT.

Also keine Aufblähung der Target2-Salden.

Mit Gruß, Beo2

TargetII-Aufblähung, die zweite

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Dienstag, 07.03.2017, 22:52 vor 2830 Tagen @ Beo2 4236 Views

Hallo Beo,

Also, die Banca d'Italia kauft italienische Staatsanleihen von einer
internationalen Bank und zahlt dafür auf das ZB-Konto dieser Bank bei der
BuBa. Das würde in der Tat zu einer Erhöhung des deutschen (aktiven)
Target2-Saldo führen sowie zu einer Erhöhung des (passiven) Target2 bei
der BdI.

Jetzt bräuchten wir natürlich genauere Zahlen von dem genannten
Journalisten, in welcher Größenordnung so etwas merkwürdiges
tatsächlich vonstatten ging. Aber ...

Es wäre noch die Frage zu klären, womit diese internationale Bank
vorher jene italienischen Papiere gekauft hatte, wenn sie nur ein
BuBa-Konto besitzt?
Da muss vorher ja ein ZBGeld-Abfluss von ihrem
BuBa-Konto nach Italien stattgefunden haben. Das ergäbe dann per Saldo
eine Nullsumme auf den Target2-Salden von DE und IT.

Also keine Aufblähung der Target2-Salden.

In dem von Dir geschilderten Szenario ist Dein Schluss richtig.

In Wirklichkeit hat die besagte ausländische Bank viele Konten, auch im Euroraum. Vielleicht hat der Vorstand ja mal entschieden, dass man Liquiditätsreserven nicht mehr bei der Banca d'Italia parkt?

Stell' Dir vor, Du bist ein Dax-Unternehmen und es wird ruchbar, dass Du Liquiditätsreserven nicht mehr bei französischen Banken parkst?

Fazit:
Bitte nicht annehmen, die obige Bank habe nur ein EUR-Konto und der Kontenrahmen sei im Zeitablauf stationär.

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

Keine Aufblähung durch die EZB.

Beo2 @, NRW Witten, Mittwoch, 08.03.2017, 11:35 vor 2829 Tagen @ paranoia 3748 Views

bearbeitet von unbekannt, Mittwoch, 08.03.2017, 12:23

Also keine Aufblähung der Target2-Salden.

In dem von Dir geschilderten Szenario ist Dein Schluss richtig.

Meine letzte Interpretation ist schlüssig und hält sich ganz eng an den Text des Artikels. Ich bleibe dabei. Vorhin habe ich in der Tat etwas verwechselt.

Danke für deine wegweisende Mitwirkung bei der Aufklärung dieses wichtigen Sachverhalts.

Klar ist aber auch, dass wenn eine intern. Bank, die bei der BuBa ein ZB-Konto hält, vom italienischen Akteur (Staat, Bank) mit ZB-Konto bei der Banca d'Italia ital. Staatsanleihen kauft, dass dabei aus DE Geld abfließt. Folglich sinkte das deutsche Target2-Saldo. Und umgekehrt, dieses würde steigen, wenn eine intern. Bank mit ZB-Konto bei der Banca d'Italia vom deutschen Akteur deutsche Staatsanleihen kauft. Usw..
Solche Anleihen haben allerdings einen (zumeist kurzfristigen) Tilgungstermin, weshalb die Kaufsummen auch wieder zurück in das Ursprungsland fließen müssen. Doch die Banken decken sich im Handumdrehen neu ein und horten beständig eine Menge Anleihen, sofern diese nennenswert positiv verzinst sind. Hierbei kann ein gewisser Einfluss auf die Target2-Salden nicht ausgeschlossen werden .. falls er sich nicht statistisch gleichmäßig auf alle Euroländer verteilt.

Bin der Meinung, dass die EZB sich bewusst NICHT am Aufblähen der Target2-Salden beteiligt, ganz egal, wieviele Staatsanleihen sie aufkauft oder mit Krediten bedient. Es gilt wohl grundsätzlich: Die deutsche ZB kauft deutsche Anleihen; die italienische ZB kauft italienische usw.. Warum sollte die EZB die Target2-Salden aufblähen, wenn das gar nicht nötig ist und die Öffentlichkeit nur beunruhigt sowie die realwirtschaftlichen Verhältnisse und echten Kapitalflüsse völlig zukleistern würde?
Allenfalls könnte ich mir vorstellen, dass die EZB diese Salden durch selektive "Querankäufe über die Landesgrenzen" bewusst SENKT. Aber damit würde sie sich vollends diskreditieren, und das weltweit.

Mit Gruß, Beo2

Was ist mit der These von W.Sinn?: QE=aus verbrieften F.-> Buchforderungen

Silke, Mittwoch, 08.03.2017, 15:41 vor 2829 Tagen @ Beo2 3779 Views

Könnt ihr lieben Fachleute

...bitte kurz etwas zu dieser beim DEHOGA-Branchentag 2016 vorgestellten These ab 38:20 schreiben.
"Aus verbrieften Forderungen mit Zins, Pfand und Termin werden Buchforderungen ohne Zins und Termin gegen nationale ZB's im Eurosystem die beim Ausscheiden des Staates aus der EU einfach insolvent werden können( = auf € lautende Forderungen sind dann futsch)und in nationaler Währung neu starten können."
Die umfangreichen und interessanten Ausführungen von @Literaturhinweis waren leider vor dem Vortrag von W.Sinn und erzeugten damals im Forum zu wenig kompetente Resonanz.

Vielen Dank

Liebe Grüße
Silke

Target2: Zu der These von H.W. Sinn ..

Beo2 @, NRW Witten, Donnerstag, 09.03.2017, 11:24 vor 2828 Tagen @ Silke 3776 Views

Hallöchen Silke,

hier mein vorläufiger Senf zu deiner durchaus komplexen Frage:

Was ist mit der These von W. Sinn?: QE=aus verbrieften F. -> Buchforderungen. Könnt ihr lieben Fachleute bitte kurz etwas zu dieser beim DEHOGA-Branchentag 2016 vorgestellten These ab 38:20 schreiben.
"Aus verbrieften Forderungen mit Zins, Pfand und Termin werden Buchforderungen ohne Zins und Termin gegen nationale ZB's im Eurosystem ...

Die These von W. Sinn halte ich für irreführend, mindestens aber für voreilig. Hier meine längere Begründung, deren Ergebnis allerdings erst am Ende klar erkennbar wird:

Also, mit "verbrieften Forderungen mit Zins, Pfand und Termin" können an dieser Stelle nur Kreditverträge wie z.B. Staatsanleihen gemeint sein, während "Buchforderungen ohne Zins und Termin" wohl die Target2-Salden bedeuten sollen. Das so zu formulieren (wie von Prof. W. Sinn), halte ich zwar nicht für ganz falsch, jedoch trotzdem für irreführend oder zumindest für voreilig. Es brennt nämlich nirgendwo und niemand. Die Target2-Salden sind weit weniger gefährlich als die übrigen Bestandteile des ganzen Währungs- und Bankensystems in der Eurozone und außerhalb. Warum:
Target2-Salden sind ZAHLUNGsbilanzen über tatsächlich erfolgte grenzüberschreitende Zahlungen. DE hat tatsächlich viel mehr Eurogeld erhalten, als abgehend gezahlt worden ist. Den zahlungenleistenden Banken und Nichtbanken im Rest der Eurozone wurde Liquidität tatsächlich abgebucht; den Begünstigten in DE tatsächlich gutgeschrieben. D.h. Target2-Salden sind Bilanzposten, welche ausschließlich die Zentralbanken untereinander betreffen, sonst niemanden ...

Wenn ZBGeld in Euro über die Grenze geht, dann spielt sich das zunächst auf den Passivseiten der Bilanzen der beiden beteiligten ZBanken. Was dabei nur noch fehlt, ist eine entsprechende Bewegung auch auf der Aktivseite der beiden Bilanzen .. hier müssten irgendwelche Aktiva, insbesondere Staatsanleihen des zahlenden Landes, mit auf die Reise gehen, um die Aktiv- und Passivseiten im Gleichgewicht zu halten. Dies unterlassen die nationalen ZBanken aber, weil sie sich als Filialen einer Großbank (EZB) verstehen. Diese Unterlassung wird durch eine "Forderung .." bzw. als "Verbindlichkeit ggü dem Rest der Eurozone (EZB)" in den nationalen ZB-Bilanzen ersetzt .. also das Target2-Saldo ersetzt. Gefordert wird nun das nachträgliche, "spätere" Nachschieben von Staatsanleihen seitens der ehemals zahlenden Länder. Dies würde von Zeit zu Zeit zu einem regelmäßigen Hin- und Herschieben von Staatsanleihen zwischen den nationalen ZBanken führen, um die Salden damit zu senken. Dies wurde bisher unterlassen, weil es wenig bis gar keinen Sinn macht. Warum:

Angenommen, es würden immer auch Staatsanleihen, zusammen mit dem Cash, mit auf die Reise über die Grenze gehen. Diese würden dann anstelle der (positiven) Target2-Salden aktiviert. Es würde niemandem etwas bringen, denn: Wenn eine Staatsanleihe, die sich im Besitz einer ZB befindet, von dem emittierenden Staat termingerecht bedient wird, verschwindet nicht nur diese, sondern auch das Cash im Nirwana. Heißt, die ZB muss das Geld ausbuchen und es verschwindet. Sie kann und darf damit nichts anfangen. Also: Target2-Salden sind Forderungen/Verbindlichkeiten der ZBanken lautend auf Staatsanleihen der übrigen Länder zwecks Deckung von Cash (ZBGeld), welche ihrerseits zwar eine Forderung/Verbindlichkeit auf Cash sind, aber dieses Cash muss bei erfolgter Tilgung restlos ausgebucht werden. Das ganze betrifft also niemanden außerhalb der ZBanken.
Diese Beschreibung der adäquaten Problemlösung ist zwar sinngemäß richtig, formal buchungstechnisch betrachtet aber noch nicht vollständig. Ich belasse es dabei, da ich eine optimale bilanzielle Abwicklung noch nicht gefunden habe. Die Banker der EZB vermutlich auch nicht, weshalb es eben diese Target2-Salden gibt. Das Tilgen von Staatsanleihen über die Landesgrenzen im Euroraum hinweg ist ein sehr kniffliger bilanzieller Vorgang, da es sich nicht um eine Fremdwährung handelt (z.B. USDollar), die anstelle von Wertpapieren aktiviert werden kann. Der Euro kann innerhalb der Eurozone von keiner nationalen ZBank aktiviert werden - er befindet sich immer nur auf der Passivseite. Das geht aber und NUR nach einem Austritt von z.B. DE. Die BoE, SNB u.a. können das selbstverständlich tun. NACH einem Austritt z.B. von DE wäre die Tilgung aktivierter fremder Staatsanleihen kein bilanzielles Problem mehr, da der eingenommene Euro dann als Fremdwährung (anstelle des Anleihepapiers) aktiviert werden kann.

ZWISCHENFAZIT: Solange niemand aus der Eurozone aussteigt, kann durch Target2-Salden rein monetär! niemand zu Schaden kommen. Realwirtschaftlich zeigen sie jedoch bedenklich schädliche Implikationen (Ungleichgewichte), welche zum Schaden für die Stabilität aller! Beteiligten gereichen.

die beim Ausscheiden des Staates aus der EU einfach insolvent werden können (= auf € lautende Forderungen sind dann futsch) und in nationaler Währung neu starten können."

Im Falle des Austritts eines Landes aus der Eurozone entsteht durchaus ein recht komplexes bilanzielles sowie monetäres (Cash-) Problem für beide Seiten, d.h. sowohl für die restliche Eurozone (EZB) als auch für die ausscheidende ZBank. Dies schließt zudem gleichzeitig eine Währungsreform sowie das legitime Anlegen einer Devisenreserve in Euro als Fremdwährung bei der ausscheidenden ZBank ein. Die vollständige korrekte Lösung nach meinem Gusto folgt gleich ...
______________________

Zwischendurch sei angemerkt: Eine nationale, staatliche ZBank kann auch mit einem negativen Eigenkapital normal weiter arbeiten, da für sie keine üblichen Insolvenzregeln gelten. Sie kann sich selbst, allerdings nur mit Zustimmung des Parlaments als Gesetzgeber, sozusagen einen Überziehungskredit auf ihrem Eigenkapital-Konto gewähren. Sie kann also beliebig tief in negatives EK gehen. Sie könnte dann das negative EK allmählich durch die üblichen Zins- und Gebühreneinnahmen wieder auffüllen. So lange wäre sie aber nicht in der Lage, Gewinne an den Staat abzuführen .. was evtl. eine Erhöhung der Staatsverschuldung notwendig machte.

Weiter und alternativ: Eine staatliche ZBank, deren Eigenkapital gegen oder gar unter Null absinkt, kann vom Staat sofort und beliebig oft rekapitalisiert werden. Der Staat müsste dazu nur zusätzliche Verschuldung (Aktivseite) zu Gunsten des EK seiner ZB (Passivseite) aufnehmen. Das ist ohne weiteres möglich, sogar auf direktem Wege, d.h. ohne den Umweg über Kredite der Geschäftsbanken. Dazu müsste nur ein Sondergesetz vom Parlament beschlossen werden, um eine solche Ausnahme zu gewähren. Also, wenn der Gesetzgeber (Souverän) es nur will, dann kann weder er noch seine ZBank insolvent gehen .. unter gar keinen Umständen.
______________________

Aber dies alles wäre gar nicht nötig. Meinem Verständnis nach gestaltete sich ein Austritt von DE aus der Eurozone genauso unspektakulär, wie es die Einführung des Euro und die Bildung der Eurozone war. Das hieße konkret folgendes:

__ 1) Alle Geldkonten sowie Konten mit Geldforderungen und -verbindlichkeiten bei allen Banken, inkl. aller Bücher und Bilanzen des Landes (DE), würden mit einem Schlag statt der Währung Euro den Namen der neuen Währung, z.B. Deutsche Mark (DEM) bekommen. An den Zahlen würde sich nichts ändern. Dies entspräche einem 1:1 Währungswechsel.
__ 2) Alles sich in DE bereits im Umlauf befindliche Euro-Bargeld behielte seine uneingeschränkte Gültigkeit. Die Banken würde selbstverständlich dieses Geld beim Wunsch in die neue Währung, bar oder unbar, umtauschen und an die BuBa weiterreichen. Sie bekämen dafür ebenfalls die neue Währung. Die BuBa würde dieses eingenommene Euro-Bargeld als Fremdwährung (Währungsreserve) auf ihrer Aktivseite bilanzieren.
__ 3) Nun bliebe nur noch das deutsche Target2-Saldo übrig. Was damit? Es sehe hier ganz klar einen sachlogisch begründbaren und völlig legitimen Weg: Die BuBa müsste von der EZB knallhart eine Nachlieferung von Staatsanleihen der Euroländer fordern, und zwar solche mit den kürzesten Laufzeiten und im Gesamtwert entsprechend dem deutschen Target2-Saldo. Diese fremden Staatsanleihen würde von der BuBa ganz normal anstelle des Saldos aktiv bilanziert.
__ 4) Als Alternative zu den geschuldeten Staatsanleihen aus der Eurozone könnte die BuBa auch Cash in Euro fordern. Die EZB bliebe der BuBa also gegenwärtig ca. 800 Milliarden an Euro-ZBGeld (oder ein Äquivalent in $US) schuldig .. zu liefern sofort oder beim Bedarf bzw. auf Abbruf.
__ 5) Ein Ausgleich zu Gunsten der BuBa könnte auch über die Konten der ZBanken bei der "Zentralbank der Zentralbanken", nämlich bei der BIZ in Basel/Schweiz erfolgen. Die BuBa erhielte dort auf ihrem Konto einen Guthabenzufluss, den sie in ihrer Bilanz anstelle des Target2-Saldo aktivieren würde.

Hieraus ist ersichtlich, dass das EK der BuBa durch den Austritt überhaupt nicht oder kaum berührt würde, sie erst recht nicht insolvent werden würde, und auch keine "Euros wären futsch" (wie Herr W. Sinn es behauptet). Im Gegenteil, durch die baldige Tilgung der erhaltenen Staatsanleihen aus der Eurozone bekäme die BuBa ein ordentliches Polster an Euro-Reserve auf ihrer Aktivseite, um damit inländischen, in die Eurozone Reisenden einen Geldumtausch (in Bar oder eCash) zu ermöglichen oder auch Auslandsüberweisungen inländischer Teilnehmer in die Eurozone zu finanzieren. Das wären zur Zeit ca. 800 Milliarden Euro-Reserve zusätzlich zu dem bereits im Inland eingenommenen Euro-Bargeld.
In welchen Euroländern bzw. in welchen dortigen ZBanken das EZB-Direktorium die von der BuBa geforderten Staatsanleihen einsammeln würde, wäre seine Sache .. vorzugsweise würde dies sicher in den Ländern mit einem negativen, d.h. passiven Traget2-Saldo geschehen. Denn die ZB-Bilanzen gerade dieser Ländern enthalten einen Überschuss an inländischen Staatsanleihen, was ja gerade die passiven Salden signalisieren. Dementsprechend würden die Target2-Salden in diesen Ländern sinken, was eine korrekte Wertberichtigung innerhalb der Eurozone wäre.

Fertig ist der Kuchen! Wäre gewiss für Hinweise auf etwaige Unstimmigkeiten dankbar.

Mit Gruß, Beo2

Fertig sind die Haschkekse, nicht der Kuchen.

trosinette @, Freitag, 10.03.2017, 09:11 vor 2828 Tagen @ Beo2 2511 Views

Guten Tag,

Die BuBa müsste von der EZB knallhart eine Nachlieferung von Staatsanleihen
der Euroländer fordern,….
...
...
Hieraus ist ersichtlich, dass das EK der BuBa durch den Austritt überhaupt
nicht oder kaum berührt würde, sie erst recht nicht insolvent werden würde,
und auch keine "Euros wären futsch" (wie Herr W. Sinn es behauptet).

Mensch Beo2, Du kannst doch die Behauptung von Herr W. Sinn nicht ernsthaft widerlegen und den Euro-Austritt Deutschlands als Lappalie hinstellen, indem du BuBa und EZB übers Wasser laufen lässt.

Was wäre in dem rein hypothetischen und vollkommen undenkbaren Fall, dass EZB und Euroländer sagen: "Die knallharte BuBa und D können uns mal am A lecken"? Lässt die knallharte BuBa dann Panzer vor der EZB auffahren, damit keine "Euros futsch gehen"?

Mit freundlichen Grüßen
Schneider

P.S. @Silke: Danke für den lesenswerten @Literaturhinweis zum Thema...

worst case scenario

Beo2 @, NRW Witten, Freitag, 10.03.2017, 12:23 vor 2827 Tagen @ trosinette 2498 Views

bearbeitet von unbekannt, Freitag, 10.03.2017, 12:58

Hallöchen Schneider!

Die BuBa müsste von der EZB knallhart eine Nachlieferung von Staatsanleihen der Euroländer fordern, [ ... ]
Hieraus ist ersichtlich, dass das EK der BuBa durch den Austritt überhaupt nicht oder kaum berührt würde, sie erst recht nicht insolvent werden würde, und auch keine "Euros wären futsch" (wie Herr W. Sinn es behauptet).

Mensch Beo2, Du kannst doch die Behauptung von Herr W. Sinn nicht ernsthaft widerlegen und den Euro-Austritt Deutschlands als Lappalie hinstellen, indem du BuBa und EZB übers Wasser laufen lässt.

Ich nehme meine Kritik an den Thesen von H.W. Sinn teilweise zurück .. siehe unten. Auch ich halte das momentane Target2-Konstrukt für unzulänglich und recht risikoreich, was mir erst jetzt richtig bewusst wurde. Es lässt berechtigte Ängste aufkommen und erschwert somit einem Land den Ausstieg aus der Eurozone enorm und unnötigerweise. Möglicherweise war gerade dies die Absicht der Konstrukteure!

Ich kenne ein anderes, eleganteres und sichereres System, welches in der Eurozone zur Anwendung hätte kommen können .. abgesehen von der unpraktischen Lösung mit dem Hin- und Herschieben von Staatsanleihen zwischen den ZBanken, was vermutlich Herrn Sinn vorschwebt.

Was wäre in dem rein hypothetischen und vollkommen undenkbaren Fall, dass EZB und Euroländer sagen: "Die knallharte BuBa und D können uns mal am A lecken"? Lässt die knallharte BuBa dann Panzer vor der EZB auffahren, damit keine "Euros futsch gehen"?

Die knallharte Forderung der BuBa im Falle des deutschen Austritts wäre in völligem Einklang mit den eindeutigen Regeln der Geldschöpfung und der Bilanzierung in der EZB. Würde sich die EZB der Befriedigung dieser einwandfrei begründbaren Forderung definitiv (evtl. teilweise) widersetzen, so würde dies ein Ende des Bussi-Bussi zwischen den europäischen Völkern bedeuten. Dies wiederum würde zu einem baldigen Zerfall der Eurozone und der EU führen .. und auch die EZB-Banker könnten ihre Koffer packen.

Halte dieses Ganze eher für unwahrscheinlich. Ich würde aber meine einleitende Kritik an H.W. Sinn so scharf nicht mehr wiederholen:

Die These von W. Sinn halte ich für irreführend, mindestens aber für voreilig.

Meine "Antithese" lautet: Ein unproblematischer Austritt eines Landes aus der Eurozone ist möglich, ohne dass die ausscheidende ZBank dabei insolvent werden müsste und ohne dass auch nur ein Eurocent dadurch "futsch wäre". Dies gilt auch für die Abwicklung der kompletten Eurozone. So viel grundsätzlich, aber ...

Immerhin, das von H.W. Sinn vorgetragene dunkle Szenario könnte durchaus Realität werden - noch am ehesten beim kompletten Zerfall der Eurozone. Im letzteren Fall müsste der Ausgleich in $US oder in Gold erfolgen. Der Schaden für die BuBa und DE wäre im worst case scenario sicher enorm, da DE im Falle seines Austritts um seine legitim beanspruchte Devisenreserve in Euro oder $US betrogen werden könnte. Eine gerechte Lösung wäre jedenfalls möglich und sollte m.M.n. von H.W. Sinn in seinen Vorträgen erwähnt werden. Bei ihm klingt alles so alternativlos.
Deshalb, ich persönlich plädiere FÜR den Austritt DE's aus dem Euro .. weil die beteiligten Volkswirtschaften unterschiedliche Geld- und Wirtschaftspolitik benötigen, um gesunden zu können.

und auch keine "Euros wären futsch" (wie Herr W. Sinn es behauptet).

Hier muss ich mich in der Tat korrigieren: Wenn die EZB oder die auseinander fliegenden Eurostaaten sich weigern würden, einen sachlogisch begründbaren Interessenausgleich herbeizuführen, so wären in der Tat einige Hundert Milliarden Euro aus DE "einfach futsch". Immerhin, die Länder mit den negativen Target2-Salden hätten dann etwas zum Lachen.

Mit Gruß, Beo2

Sorry. (gelöscht von Beo2) (oT)

Beo2 @, NRW Witten, Dienstag, 07.03.2017, 21:07 vor 2830 Tagen @ CalBaer 4003 Views

bearbeitet von unbekannt, Dienstag, 07.03.2017, 21:18

- kein Text -

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