Lieber Gunter,
ich kann Dir keinen kardiologischen Rat ersetzen, und will auch selbst keinen solchen mehr genießen, da die wenigen Fachärzte gar nicht die Zeit innerhalb ihres Arbeitstages mitbringen, Patienten (Geduldige) mehr als nur rudimentär aufzuklären.
Selbst war ich zu Anfang meiner Zwanzigerjahre akut schwer herzkrank mit der Diagnose Dilatative Myopathie.
Heiligabend 2000 war ich mit Anfang 20 an einem Punkt, an dem ich mir Diagnose wünschte, weil mein Torso sich schlecht anfühlte, nachdem mir Wochen zuvor teils in alltäglichen Situationen schwarz vor Augen wurde.
Die konnten es nicht fassen, daß jemand mit lahmem Puls von 280 noch lebendig vor ihnen steht, als ich in der Ambulanz ankam.
Dank einer kleinen Zusatzversicherung meiner Eltern durfte ich die Dienste derer etabliertesten Mediziner genießen, und es blieb mir nicht verborgen, daß Chefarzt und Oberarzt da einen Kleinkrieg austrugen.
Wohl allein aus wissenschaftlicher Rechthaberei bekam ich aus lauter Fürsorge eine grüne Kladde aus den Studienzeiten des Oberarztes ausgehändigt, die mich mit dem Wissen der 70er-Jahre ehrfürchtig daran erinnern sollten, daß meine Lebensspanne ohne Transplantation etwas über der einer Eintagsfliege liegen würde.
Einerseits trat ich da in eine hypochondrische Phase ein, die meinen nun pensionierten Hausarzt fast schon früher in Rente geschickt hätte, aber die stundenlangen Gespräche (zu Lasten anderer Geduldiger) glichen eher dem was man unter einer klassischen Psychotherapie verstehen würde.
Ich wollte alles wissen und alles verstehen, und sah die Widersprüche selbst bei den mir Wohlgesinnten, und ich sah auch deren eitlen Wettbewerb.
Es war wohl eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis), die mir Narben im Reizleitungssystem des Herzens hinterlassen hat.
Insgesamt habe ich den vielleicht wesentlichsten Teil meines Lebens gar nicht richtig angehen können, weil ich nicht wirklich wußte, ob ich mich nun wie geplant entwickeln kann, oder ob mir das verbaut ist.
Nach Erfahrungen im dörflichen Ballsport (nein, kein Folkloretanz) befand ich, daß Anstrengung ausgezeichnet, und Ruhe eklig ist, worauf man mir genervt erwiderte: „Dann hör doch einfach auf Deinen Körper!“
Ich nehme sehr niedrig dosiert Betablocker, um Herzrhythmusstörungen zu unterdrücken, die durch Narbenbildung innerhalb des Reizleitungssystems des Herzens entstanden sind, muß aber feststellen, daß ich seither nie wieder die ursprüngliche gehaltvolle Emotionalität im Leben erfahren habe.
Im Gegensatz zum uneindeutigen Rat der Experten habe ich für mich entschieden, selbst zu entscheiden, wann eine Belastung eine Belastung ist, und wann nicht.
Bisher sieht es eher so aus, daß mein Herz erst bei Anstrengung richtig zum Arbeiten kommt, und ich habe bisher gegenüber anderen nie einen Nachteil in Bezug auf Leistungsfähigkeit gespürt – eher das Gegenteil – aber ich treibe ja auch keinen Leistungssport.
Aber um auf Ebbes Bierfaßstemmen zurückzukommen: Das war doch alles verboten: Blutdruckspitzen, etc. ja, ja, bla, bla – das Wissen von heute sind die Irrtümer von morgen.
Jedes Herz ist trainierbar!
Aber es ist eine komplexe Angelegenheit, da die Form und der Rhythmus einander bestimmten aufgrund von Druckverhältnissen und Nervenbahnen.
Die einen können messen und besessen besserwissen, bei den anderen ist drauf geschissen bei eigenem Wissen.
Ich gehöre selbst eher der esoterischen Division an, will den Verstand aber nicht zu kurz kommen lassen, da ich so wenig davon habe.
Verordnete Bettruhe nach der Adoleszenz wollte mein Herz offensichtlich nicht.
[Nebenbei sei angemerkt, daß ich damals bei meinen eigenen Recherchen festgestellt habe, daß ich meine Diagnose meist mit Menschen geteilt habe, die genau in meinem damaligen Alter waren]
Ich las von Männern, die nach einem Infarkt ihr Body-Building-Training fortsetzen durften.
Mann sollte ausreichend Magnesium im Balg haben – und nun sage mir niemand: „Ich mag kein Nesium“.
Immer am Puls der Zeit – den Puls am Hals tastend
Baue, Gunter, baue!
Herzrhythmusphänomene sind reichlich komplex, aber im Groben gut verständlich.
Manchem kann auch bei auch nur einem ambulanten Kathedereingriff erfolgreich geholfen werden, bei einer Ablation. Nachteil der Maßnahme ist, daß danach das ganze elektrische System nicht mehr funktioniert.
Das Herz hat übrigens verschiedene Taktgeber und Instanzen, wertvoll zu wissen wäre, welche die mit dem ersten Funken ist – das ist vermutlich die höhere gegenüber den halbgaren Medizinern.
Glück auf, Schluckauf, hau drauf!
Mit lieben Grüßen
Fenrizwolf